487/A(E) XXI.GP
Eingelangt am:05.07.2001
der Abgeordneten Mag. Maier, Dr. Jarolim
und GenossInnen
betreffend Änderung des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes (StEG)
Bereits in der Antwort zur parlamentarischen Anfrage (1404/AB, XX. GP) hielt es
bereits der damalige Bundesminister Dr. Michalek an sich für wünschenswert,
allen in Untersuchungshaft angehaltenen Personen eine Haftentschädigung
zuzuerkennen, wenn sie nicht verurteilt werden oder die Voraussetzungen an dem
Umfang der Gewährung der Haftentschädigung gegenüber der geltenden
Rechtslage sonst wesentlich zu erweitern oder zu verändern. Auch Bundesminister
Dr. Böhmdorfer ließ mehrfach Bereitschaft für eine Reform erkennen.
Konkrete Zahlen zur Untersuchungshaft mit folgender Verfahrenseinstellung oder
Freisprüchen und Freisprüchen in einem Wiederaufnahmeverfahren sind bislang
öffentlich nicht bekannt. Dies gilt auch für Entschädigungsansprüche und sonstige
Zahlungen (z.B. Verteidigungskosten)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat immerhin
festgestellt, dass die rechtmäßig erlittene Untersuchungshaft immer dann zu
entschädigen ist, wenn der Verhaftete freigesprochen worden ist. Der EGMR
unterscheidet damit zwischen „Freispruch“ und ,,Verfahrenseinstellung“, während
des StEG im § 2 Abs 1 lit b diese Differenzierung nicht trifft.
Man sollte - so einer der Diskussionsvorschläge in Österreich - daher den
Intentionen des EGMR folgen und für alle Freisprüche eine Entschädigung
gesetzlich vorschreiben und zwar ohne auf die Entkräftung des Verdachtes
abzustellen.
Eine Gesetzesänderung müsste daher dahingehend erfolgen, dass in Österreich
nach der rechtmäßig (unschuldig) erlittenen Untersuchungshaft ebenso wie bei der
Wiederaufnahme dann Entschädigung zu gewähren ist, wenn das Verfahren mit
einem Freispruch endet, da zwischen „glatten Freisprüchen“ und ,‚in - dubio -
Freisprüchen“ nicht zu unterscheiden ist. Freispruch ist Freispruch!
Die Differenzierung nach der vollständigen Verdachtsentkräftung bei einem
Freispruch im § 2 Abs 1 lit b StEG ist somit falsch, es steht die jetzige Fassung des
§ 2 Abs 1 lit. b in einem ,,Spannungsverhältnis“ zum EGMR.
Gerechterweise müsste dasselbe auch für jede Art der Verfahrenseinstellung - z.B.
im Rahmen einer Voruntersuchung - gelten. Für die Entkräftung des Tatverdachtes
wird nach der geltenden Rechtslage durch die Gerichte der Nachweis der Unschuld
verlangt. Bei Verfahrenseinstellung sollte nicht weniger Entschädigung für die
Untersuchungshaft zu leisten sein als bei Freisprüchen, denn in beiden Fällen gilt
der Betroffene gem. Art. 6 Abs 2 MRK in gleicher Weise als unschuldig. Der
Verdacht ist bei Einstellungen sogar noch geringer, es kommt gar nicht zu einer
Verhandlung mit Freispruch durch das Gericht.
Aber nur wenige
Untersuchungsgefangene können nachweisen, dass sie unschuldig sind
(insbesondere bei Ianspruchnahme der Verfahrenshilfe). Dass Verdächtige
monatelang in Haft sitzen und danach keine Entschädigung erhalten, weil eine
Verfahrenseinstellung erfolgte bzw. der Tatverdacht nicht vollständig entkräftigt
werden kann - aber dann auch noch die angefallenen Verteidigungskosten zu
zahlen haben, ist ein geradezu unglaublicher rechtspolitischer Missstand. Daher
sollte auch jeder Untersuchungsgefangene, der außer Verfolgung gesetzt wird
sowie jeder Freigesprochene - unabhängig von der Verdachtsentkräftigung -
Anspruch auf eine Entschädigung haben.
Eine Entschädigung wird grundsätzlich auch nur unter Maßgabe des § 2 StEG
gewährt. Nach geltenden Recht haben Personen, die zu Unrecht verurteilt, und
Untersuchungsgefangene, die außer Verfolgung gesetzt werden, nur Anspruch auf
Ersatz der vermögensrechtlichen Nachteile und Ersatz des ziffernmäßig
nachweisbaren Vermögensschadens (z.B. Verdienstentgang, Anwaltskosten).
Angestrebt werden muss aber auch eine ideelle Entschädigung, die bestehende
Rechtssituation ist nämlich unzureichend: Wer zu Unrecht eine Freiheitsstrafe
verbüßen musste oder wer als Untersuchungsgefangener längere Zeit (z.B. mehr
als 3 Monate oder mehr als 6 Monate) in einem Gefängnis verbringen musste,
sollte dafür auch eine Art Schmerzensgeld
erhalten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert das Strafrechtliche
Entschädigungsgesetz (StEG) dahingehend abzuändern, dass unabhängig von der
Verdachtsentkräftigung
1. Personen für rechtmäßig erlittene Untersuchungshaft bei jedem Freispruch
(z.B. nach Wiederaufnahme) und
2. Personen die nach gesetzmäßig angeordneter Untersuchungshaft in der Folge
außer Verfolgung gesetzt und das Verfahren einstellt wurde, eine
Haftentschädigung gewährt wird sowie
3. nicht nur vermögensrechtliche Nachteile ersetzt werden, sondern auch eine
ideelle Haftentschädigung normiert wird.“