515/A(E) XXI.GP
Eingelangt am:26.09.2001
der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Freundinnen und Freunde
betreffend Schlussfolgerungen aus österreichischem Expertenbericht KKW Temelin
Der österreichische Expertenbericht zum AKW Temelin („Austrian Technical Position
Paper - Safety Aspects of Temelin Nuclear Power Plant, July 2001“), welcher der
Bundesregierung seit ca. zwei Monaten vorliegt und seit 22. September 2001 auf der
hompepage des Umweltbundesamtes veröffentlicht ist, kommt zu dem Schluss, dass
„wichtige Sicherheitsfragen nicht gelöst wurden“ und dass „nach europäischer
Genehmigungspraxis weder Temelin Block 1 noch Block 2 betrieben oder auch nur
mit Brennstoff beladen werden dürften“. Der Bericht hält fest, dass „somit bislang
nicht als nachgewiesen betrachtet werden kann, dass die nukleare Sicherheit des
KKW Temelin dem Stand der Technik, wie er in den Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union zur Anwendung kommt, entspricht.“ Der österreichische
Expertenbericht kommt weiter zum Schluss, dass in Schlüsselfragen des AKW
Temelin notwendige Analysen ausständig sind, um endgültige Aussagen über die
Sicherheit von Temelin machen zu können.
Angesichts der im österreichischen Bericht festgehaltenen gravierenden
Sicherheitsmängel kann laut Beschlusslage des österreichischen Nationalrates
(Entschließung vom 5. September 2000) das Energiekapitel in den
Erweiterungsverhandlungen mit Tschechien jedenfalls so lange nicht abgeschlossen
werden, bis die laut Expertenbericht ausständigen Analysen vorliegen. Denn erst
durch diese Analysen, die laut Expertenbericht innerhalb eines Jahres vorliegen
könnten, kann der „möglicherweise erhebliche materielle und zeitliche Aufwand an
Nachrüstmaßnahmen“ abgeschätzt werden. Umso fragwürdiger erscheint in diesem
Zusammenhang die Einschätzung von Experten der EU, wonach Temelin als
nachrüstbar bezeichnet wird und die Beseitigung „einiger Mängel“ bis Ende Oktober
2001 erfolgen solle.
Die Weiterführung des Probebetriebes von Block 1 sowie die Vorbereitung von Block
2 in Richtung Probebetrieb ist angesichts der bestätigten Sicherheitsmängel
verantwortungslos. Angesichts der nun in Form des österreichischen
Expertenberichtes vorliegenden neuen Informationen zu Sicherheitsfragen des AKW
Temelin ist davon auszugehen, dass der gegenständliche Bericht im
Umweltausschuss unter Anhörung der entsprechenden Experten diskutiert wird.
Darüber hinaus erscheint die Unterbreitung eines ernsthaften Ausstiegsangebotes
und die Abhaltung einer internationalen Ausstiegskonferenz ein Gebot der Stunde.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen;
1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, angesichts der im österreichischen
Expertenbericht festgehaltenen gravierenden Sicherheitsmängel im KKW
Temelin mit Nachdruck von Tschechien den Stop des laufenden Probebetriebes
zu verlangen.
2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der tschechischen Regierung auf die
Durchführung und Vorlage der laut österreichischem Sicherheitsbericht
ausständigen Analysen zum KKW Temelin zu drängen.
3. Die Bundesregierung wird aufgefordert, gegenüber der tschechischen Regierung
und der EU - Kommission klarzustellen, dass das KKW Temelin zur Zeit nicht dem
Stand der Technik, wie er in den Mitgliedsstaaten der EU zur Anwendung kommt,
entspricht und daher ein vorläufiger Abschluss des Energiekapitels in den
Erweiterungsverhandlungen seitens Österreich nicht erfolgen kann, bevor
ausständige Sicherheitsanalysen die allfällige Nachrüstbarkeit auf europäisches
Niveau belegen.
4. Die Bundesregierung wird aufgefordert, umfassende diplomatische Schritte bei
der EU - Kommission, innerhalb des EU - Rates sowie in Tschechien einzuleiten,
um die Abhaltung einer internationalen Ausstiegskonferenz sowie die
Bereitstellung von Ausstiegshilfen zu erreichen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschußvorgeschlagen.