516/A XXI.GP
Eingelangt am:26.09.2001
der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Freundinnen und Freunde
betreffend Schutz statt Verkauf - Österreichisches Wasserschutzpaket
Das Thema „Ausverkauf“ der österreichischen Wasserressourcen läßt seit Monaten die
Wogen hoch gehen. Startschuß der Debatte war ein Entschließung des Europaparlaments
zur technischen Realisierbarkeit transeuropäischer Wassernetze vom 29. Jänner 1998. Die
Entschließung steht im Kontext des Weißbuches der Kommission zu Wachstum,
Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung und knüpft grundsätzlich beim Problem der
unterschiedlichen Verteilung der Wasserressourcen in Europa an (Dürreperioden und
Versteppungsphänomene in den südlichen Regionen Europas). Wasser dürfe einerseits
nicht ausschließlich als Wirtschaftsgut verstanden werden, andererseits würde aber ein Netz
transeuropäischer Wasserinfrastrukturen ein dynamischer Wirtschaftsfaktor werden und
Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung heben können. Ziel ist die Errichtung
eines transeuropäischen Wassernetzes, das unter Beachtung der Umweltverträglichkeit den
Wasseraustausch ermöglicht und so zu einer gleichmäßigen Verteilung der
Wasserressourcen in der Europäischen Union führen soll. Die Logik des Gemeinsamen
Europäischen Marktes forciert also das Vorhaben zum Wasserexport in Leitungen oder
Containern. Die österreichische Bundesregierung hat sich bis dato immer dagegen
ausgesprochen. BK Schüssel wird wie folgt zitiert: „Wasser wird ein entscheidender Rohstoff
der Zukunft. Es gilt Ressourcen abzusichern, und zwar in nationaler Verantwortung. Die
Verwertung heimischer Wasserressourcen soll österrreichischen Unternehmen vorbehalten
bleiben.“ Von Seiten der Industriellenvereinigung und der Bundeswirtschaftskammen wird
eine Nutzung der Exportpotentiale eingefordert.
Durch die Vergrößerung des Abnehmerkreises und den Anreiz, aus Wasser Geld zu
machen, besteht die Gefahr, dass übermäßige Entnahmen erfolgen. Österreichs
Wasserreichtum ist relativ. Schon allein weil er regional sehr unterschiedlich verteilt ist. So
herrscht im Osten Österreichs teilweise echter Wassermangel. Auch ist die Qualität des
Wassers sehr unterschiedlich. Im Osten und Südosten sind die Grundwasservorkommen
nitrat - und pestizidbelastet. Es besteht seitens der Wasserversorger die Tendenz, in immer
tiefere Grundwasserhorizonte auszuweichen. Wasserentnahmen stehen daher in potentieller
Konkurrenz zur Versorgungssicherheit, der Leistbarkeit dieser Versorgung und zum
natürlichen ökologischen Gefüge bzw dem Status quo und den sonstigen Nutzern dieser
Gewässer.
Die gegenwärtige Rechtslage ermöglicht es privaten Unternehmen, de facto
uneingeschränkt Wasser zu gewinnen und zu exportieren. So ist in Kärnten die Errichtung
einer Trinkwassergesellschaft zur kommerziellen Nutzung des Wassers geplant. Konkret
denkt man an das Abfüllen von Trinkwasser in Flaschen. Die Innsbrucker Kommunalbetriebe
dachten bereits 1998 über den Wasserverkauf nach und brachten im Juli 1999 die
Errichtung einer Pipeline ins Spiel. Auch die Bundesforste AG hat das Wassergeschäft
entdeckt und will die eigenen Ressourcen stärker nutzen. In Tirol, Vorarlberg und Steiermark
laufen bereits erste Projekte. Auch am letzten Bundeskongress der ÖVP am 12. 1.2000
wurde erstmals der Verkauf in Flaschen und in Containern als erstrebenswert bezeichnet.
Ein gesetzliches Wasserexport - Verbot wäre nicht EU - konform und ist auch nicht sinnvoll. Es
geht um die regionale Verträglichkeit von Wasserentnahmen und die Konsequenzen einer
Kommerzialisierung. Bei Entnahmen größeren Ausmaßes ist zwar eine behördliche
Genehmigung notwendig, die zu erteilen ist,
wenn keine anderen Wassernutzungsrechte
verletzt werden. Eine Analyse der Situation zeigt aber jedenfalls, dass der Schutz des
österreichischen Wassers noch weiter auszubauen ist.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
A. Der Bundesminister für Forst - und Landwirtschaft, Umweltschutz und Wasserwirtschaft
wird ersucht, zum Schutz der Wasservorkommen und der vielfältigen Funktionen des
Wassers dem Nationalrat einen Entwurf zur Novellierung des Wasserrrechtsgesetzes
zur Gewährleistung folgender Maßnahmen und Vorgaben vorzulegen;
1. Bestandsaufnahme und Schutz der Wasservorkommen zugunsten der
Trinkwasserversorgung und der Umwelt: Die Wasservorkommen müssen zugunsten
künftiger Generationen und ihrer Funktionen für die Umwelt insgesamt abstrakt durch
Verordnungen geschützt werden, welche schon im vornhinein die jährlichen
Entnahmemengen aus diesem Titel möglichst limitieren (Weiterentwicklung der
Rahmenverfügung nach § 54 WRG). Ungeachtet dessen hat natürlich eine Feinprüfung
einer beantragten Wasserentnahme im Einzelverfahren stattzufinden. Die Arbeiten für
die Darstellung der Grundwasservorkommen und der erlaubten und tatsächlichen
Entnahmen, wie sie auch die Wasserrahmenrichtlinie vorschreibt, sind ehebaldigst
aufzunehmen. Dabei werden sich die schon teilweise bestehenden Übernutzungen von
Grundwasserkörpern wie zB der Mitterndorfer Senke zeigen.
2. Ausschöpfen der Wassersparpotentiale vor weiterer Wassererschließung: Es muß
die Möglichkeit geschaffen werden, die Erlaubnis zur Entnahme stärker an den
gerechtfertigten Bedarf der geplanten Empfängerregion zu knüpfen. Dieser ist zB nicht
gegeben, wenn örtliche Vorkommen sanierungsfähig sind oder wenn
Wassersparmaßnahmen eine Erschließung weiterer Vorkommen unnotwendig machen
würden. Um diese Voraussetzungen überprüfbar und rechtsverbindlich zu machen, wird
es notwendig sein, per Verordnung nähere Abwägungskriterien für die Sanierbarkeit von
Grundwasservorhaben und einen Katalog von alternativen Sparmaßnahmen festzulegen.
Diese Maxime muß auch für den grenzüberschreitenden Wassertransport anwendbar
sein.
3. Verbot der Wasserentnahme über der mittleren jährlichen Neubildungsrate
(nachhaltige Wassergewinnung): Dieses Gebot wäre bei Neugenehmigungen soweit
als möglich zu beachten und müßte bei schon bestehenden Übernutzungen zu Eingriffen
in bestehende Genehmigungen führen. Die Neubildungsrate des Grundwassers ist keine
konstante Größe. Aufgrund von Versiegelungen und Flußregulierungen ist die
Gesamttendenz bei der Neubildungsrate sinkend. Liegt eine beabsichtige
Wasserentnahme innerhalb dieses Rahmens sind natürlich noch die übrigen
wasserrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen.
4. Transparenz des wasserrechtlichen Verfahrens zur Genehmigung einer
Wasserentnahme: Die behördliche Prüfung von Wasserentnahmen ist transparent
zu
führen. Jedes Ansuchen um maßgebliche Wasserentnahme ist zu veröffentlichen und
haben derartige Verhandlungen öffentlich zu sein.
5. Herabsetzung der Wasserentnahme - Schwellenwerte im UVP - G, Parteistellung für
Bürgerinitiativen und NGO: Die Schwelle für die UVP - Pflicht von Wasserentnahmen ist
von 10 Millionen Kubikmeter per anno auf 1 Million Kubikmeter per anno, das ist der
Wasserbedarf für ca. 20.000 Personen, zu reduzieren. Weiters ist eine UVP ab einer
Wasserentnahme, welche 20% der Neubildungsrate betragen soll, statt wie bisher bei
90% der Neubildungsrate, vorzusehen. Ansuchen um Wasserentnahmen ab diesen
Größenordnungen sind in der großen UVP mit Umweltverträglichkeitsgutachten und
Parteistellung für NGO bzw Bürgerintiativen abzuhandeln.
6. Genehmigungspflicht für alle Maßnahmen, welche sich auf den quantitativen
Wasserhaushalt wesentlich auswirken: Das Wasserrechtsgesetz sieht zum Beispiel
keine Genehmigungspflicht für Tunnelbauten, die, wie der Semmering - Pilotstollen für die
Eisenbahn und der Straßentunnel am Semmering zeigen, große Auswirkungen auf den
Gewässerhaushalt haben, vor. Auch bei sonstigen Verkehrsbauten kommt es zu
Erdbewegungen und Versiegelungen, die in den Gewässerhaushalt eingreifen.
7. Verstärkte Prüfung der Auswirkungen von Drainagierungen, Kanalbauten,
Flußregulierungen und Wasserkraftwerken auf den Gesamtwasserhaushalt: Trotz
entsprechender Vorgaben im Wasserrechtsgesetz werden die Auswirkungen von
Drainagierunen, Kanal bauten und Flußregulierungen auf den quantitativen
Wasserhaushalt im wasserrechtlichen Verfahren in der Praxis zu wenig geprüft bzw
keine grundlegenden Konsequenzen daraus gezogen.
8. Genehmigungspflicht für alle Maßnahmen, welche sich auf den Wasserhaushalt
qualitativ auswirken: Im Zuge der Deregulierung ist ein Abbau von
Genehmigungstatbeständen festzustellen bzw sind wasserrechtliche Bestimmungen von
anderen Behörden, zB der Gewerbebehörde zu vollziehen. Dies vermindert die
Möglichkeit, den Grundwasserkörper gesamthaft zu schützen, da die Gesamtschau fehlt.
Eine selektive Entscheidungskonzentration bei den „Wirtschaftsbehörden“, die eine
Zersplitterung des Wasserschutzes und der Wasserbewirtschaftung insgesamt
bewirken, ist abzulehnen.
9. Verstärkte Sozialbindung des Eigentums am Wasser: Das Wasserrechtsgesetz sieht
bereits eine Enteignung für den Fall vor, dass eine örtliche Trinkwasserversorgung sonst
nicht sichergestellt werden kann. Eine solche ist von Verfassungs wegen
entschädigungspflichtig. Die Grünen sind der Auffassung, dass eine Enteignung nur
zugunsten von kommunalen Antragstellern möglich sein soll. Mittels einer gesetzlichen
Regelung wäre im Fall einer Gewinnung für den häuslichen/kommunalen Bedarf auch
sicherzustellen, dass bei Bemessung der Entschädigung das öffentliche Interesse an
einem sozial verträglichen Wasserpreis zu berücksichtigen ist.
10. Bundesgesetzliche Vorgaben für die Gestaltung der Wassergebühren
(Wasserentgelte), um Anreize zur sparsamen Verwendung des Wassers zu
schaffen.
11. Wasserwirtschaftliches Planungsorgan des Bundes: In Hinblick auf die
Wasserrahmenrichtlinie und zum optimalen Schutz der Wasserressourcen sollte ein
wasserwirtschaftliches Planungsorgan des Bundes eingerichtet werden, das ua immer
dann eine Parteistellung in Genehmigungsverfahren haben sollte, wenn die
Auswirkungen
der geplanten Wasserentnahme mehr als ein Bundesland treffen könnten.
B. Weiters wird der Bundesminister für Forst - und Landwirtschaft ersucht, zum Schutz der
Wasservorkommen und der vielfältigen Funktionen des Wassers im Rahmen der
Förderungsverwaltung und des Sachverständigendienstes zur Verwirklichung folgender
Maßnahmen in den Ländern beizutragen:
1. Einhaltung der Fauna - Flora - Habitat - Richtlinie in bezug auf die Ausweisung der
Quellgebiete als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung.
2. Erstellung eines ökologischen Quellschutzkatalogs
3. Erstellung von ökologischen Leitbildern für relevante Fließgewässer
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuß vorgeschlagen.