551/A XXI.GP
Eingelangt am: 22.11.2001
entschliessungsantrag
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Lackner, Heidrun Silhavy, Keppelmüller
und GenossInnen
betreffend Vertriebsverordnung nach dem Medizinproduktegesetz (MPG)
Das
Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen hat in der
Anfragebeantwortung
betreffend „Magnetfeldtherapie" (1796/AB XXI. GP) vom
26.3.01 den
Fragestellern
mitgeteilt, dass zur Lösung der Probleme beim Vertrieb von
Medizinprodukten
(z.B. Magnetfeldtherapieprodukte) eine "Vertriebsverordnung" geplant
ist. Damit sollen
bestimmte
Praktiken beim Vertrieb derartiger Produkte unterbunden werden.
Bedauerlicherweise ist diese zugesagte Vertriebsverordnung - trotz zunehmender
öffentlicher
Diskussion - bis heute nicht erlassen worden!
Österreichische
Konsumentenschützer stellen bereits seit Jahren fest, dass von zahlreichen
Unternehmen
mit der Gesundheit von Menschen lukrativste Geschäfte gemacht werden.
Menschen, die unter Schmerzen und teilweise schwersten Krankheitszuständen
leiden,
klammern
sich dann - häufig bei sog. Werbeveranstaltungen oder über
Flugblätter - an die
zugesicherten
Chancen gesundheitliche Probleme loszuwerden, wobei sie bereit sind, dafür
sehr viel Geld auszugeben. Dazu gehören zum einen alternative Therapien -
z.B. sog.
Resonanztherapien - oder überhaupt die sog. Magnetfeldtherapieprodukte.
Die zugesagten
gesundheitlichen
Wirkungen (Indikationen der Magnetfeldtherapie) dieser Produkte und
dieser alternativen Therapien konnten bislang jedoch in den meisten Fällen
objektiv nicht
nachgewiesen
werden.
Für
besonders bedenklich ist zu halten, dass diese Therapien und Produkte nun auch
zunehmend von
Ärzten unkritisch übernommen und sogar gegen Entgelt vertrieben
(Kurier
22.11.2001, Seite 11 "Ärzte
sollen verbotene Provisionen kassieren") werden.
"Ein Wiener Primararzt sorgt sich um die Moral seiner Kollegenschaft.
Wenn es um die
Modalitäten geht, wie Geräte zur Magnetfeldtherapie
(MFT) angeblich verkauft werden,
gebraucht er sogar das Wort "Kartell". Der Insider behauptet, dass es
Mediziner gibt, die
sich durch den nach dem
Strukturvertrieb-Konzept aufgebauten Verkauf der Apparaturen ein
Zubrot von bis zu 250.000 S im Monat verdienen - unerlaubt und schwarz. "
Auch Wolfgang Ecker, Referent für Medizinprodukte im Gesundheitsministerium im Kurier
ähnlich:
"Wir haben Hinweise, dass Ärzte für den Vertrieb von Magnetfeld-Decken Provision
bekommen."
Magnetfeldgeräte
(z.B. sog. Magnetfelddecke, Magnetanhänger, Magnetfeldstab) werden
insbesondere
bei Werbeveranstaltungen, Publikumsmessen, über Postfachfirmen
(Flugblätter,
Inserate)
oder direkt im Haustürgeschäft verkauft (Direkt- bzw.
Strukturvertrieb). Nunmehr
sogar
durch Ärzte und durch Handelsketten, bei diesen ohne entsprechende und
vorgeschriebene
fachliche Beratung.
Diese
Geräte sollen bei zahlreichen Krankheitsbildern (über 100
Indikationen) angewendet
werden
können. Dabei wird (auf glänzenden Prospekten) mit Werbeaussagen
(z.B.
Heilungserfolgen,
Arztbestätigungen) gearbeitet, die zumeist wissenschaftlich in keiner
Weise
haltbar sind, oft untermauert mit einem/einer namentlich genannten Ärztin,
der/die diese
Aussagen positiv beurteilt.
Die
Salzburger Gebietskrankenkasse hat bereits 1996 zur Magnetfeldtherapie
mitgeteilt, dass
sie
nach den zugänglichen Informationen als "wirkungslos" zu
bezeichnen ist.
Weiters:
"Die Magnetfeldtherapie wurde früher unter dem Anspruch, die Bildung
von Kallus
nach
Frakturen zu beschleunigen, aber auch in der Indikation „Behandlung von
Lockerungserscheinungen bei Hüft-Totalendoprothesen" angewandt. Eine
wissenschaftlich
abgesicherte Wirkung konnte nach dem Informationsstand auch in diesem Bereich
nicht
erreicht werden. Weiters wurde die Magnetfeldtherapie auch zur Therapie der
Osteoporose
eingesetzt,
wobei das Verfahren hauptsächlich von sog. Alternativmedizinern in
Verwendung
stand."
Weitere kritische Beurteilungen:
"Bislang fehlen generell klinische Belege, für die von den Anwendern der Magnetfeldtherapie
behaupteten Wirksamkeit. Nach derzeitigem Wissensstand beruht diese Behandlungsart auf
unzureichend belegten Hypothesen" (Bittere Naturmedizin, Seite 816 f)!
oder
"Magnetfeldgeräte und Magnetfolien sind nach derzeitigem Wissensstand wohl ungefährlich,
sofern Kontraindikationen beachtet werden. Patienten mit einem Herzschrittmacher sollten
sich allerdings auf keinen Fall einer Magnetfeldtherapie unterziehen, weil dadurch das
elektrisch gesteuerte Implantat beeinflusst werden könnte." (Quelle eben da).
Frau
Prof. Dr. Veronika Fialka-Moser führte zum einen eine Medline-Suche von
1966-1997
durch,
wobei Wahlberichtsstudien, nicht kontrollierte Studien sowie kontrollierte
Studien
dabei
berücksichtigt wurden. Im Ergebnis kam folgendes heraus:
"Ein
Großteil der ausgehobenen Studien ist nicht kontrolliert bzw. handelt es
sich um
Falschstudien,
deren wissenschaftliche Güte und Aussagekraft nur von geringem Wert ist.
Für
die
klinische Anwendung aussagekräftig sind vielmehr die kontrollierten
Studien. Davon
konnten
insgesamt nur sechs ermittelt werden. Bei diesen Studien wurde der Effekt
elektromagnetischer Felder im Vergleich zu Placebos nicht eindeutig
nachgewiesen. Dort wo
über einen Erfolg berichtet wurde, war die Patientenzahl zu gering, das
Studiendesign nicht
adäquat
oder die Feldstärke betrug 1,45 Tesla - das ist mehr als das Doppelte
jener Feldstärke,
die in dem vorliegenden Prospekt ausgewiesen wird.
Nach den im
Umlauf befindlichen Prospekten sollten auch diese Geräte bei den
unterschiedlichsten Krankheitsbildern angewendet werden. Anhand einer
Fülle von
Unterlagen
sowie nicht fundierter Daten aus medizinischen Fachzeitschriften und nicht
belegten
Indikationen wird dem Konsumenten unterschiedlichstes nicht
zusammenhängendes
Material
angeboten. Das vorliegende paramedizinische Angebot soll durch angeblich
schulmedizinische
Argumente erhärtet werden. Bei den Empfehlungen der Geräteanwender
handelt
es sich offensichtlich um ein intensives Interesse, einen eventuellen
Therapieerfolg zu
propagieren."
Fr. Prof. Dr.
Veronika Fialka-Moser kommt auf Grund ihrer Recherche zu folgendem
Schluss:
"Die angepriesenen positiven Effekte des vorhandenen Systems bei den
unterschiedlichsten Indikationen entbehren jeglicher wissenschaftlicher
Grundlage."
In
der aktuellen aggressiven Werbung und Akquisition (Inserate, Broschüren,
Werbeveranstaltungen, Strukturvertrieb) werden allerdings auch Indikationen
angepriesen, bei
denen nach dem medizinischen Informationsstand eine klinische Evidenz
nachgewiesenerweise
nicht gegeben ist. Überdies wären jeweils die Werbeaussagen nach den
Bestimmungen
des Medizinproduktegesetzes zu überprüfen (z.B. Verstoß gegen
die
Bestimmungen
der Laienwerbung). Besonders problematisch ist die Bewerbung dieser
Produkte
und die Beteiligung im Vertrieb durch Ärzte. Daher geht auch die
Ärztekammer
gegen
diese aggressive Werbung vor, da Ärzten die Publikumswerbung für
Arzneimittel,
Heilbehelfe
und Medizinprodukte verboten ist, soweit sie ihren Beruf in freier Praxis oder
im
Spital
nachgehen. Dies ist als Standeswidrigkeit zu qualifizieren. Die
Österreichische
Ärztekammer teilte am 22.11.2001 über die APA mit, dass gegen
Ärzte, die für den Einsatz
mancher
Magnetfeldtherapieprodukte besonders engagiert und aktiv geworben haben,
Schritte
unternommen
wurden. Es liegen Verfahren wegen Verletzung der ärztlichen
Berufspflichten
an.
Weiters wurde ein Verfahren wegen unlauteren Wettbewerbs eingeleitet.
Grundsätzlich
ist zu beachten, dass derartige - und ähnliche - Produkte in der Regel dem
"Medizinproduktegesetz"
unterliegen. Hinsichtlich der Werbung gibt es hier in den §§ 102 ff
sehr
einschneidende Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher vor Irreführung und
Täuschung
(Irreführung, Laienwerbung, Fachwerbung).
Die
Verkäufer derartiger „Magnetfelddecken" etc. machen sich daher
mit den bekannten
rechtswidrigen
Werbeaussagen nach dem Medizinproduktgesetzes strafbar (100.000,-- bis
200.000.-
Schilling) und können überdies mit einer Wettbewerbsklage (z.B.
Verbandsklage)
wegen
Irreführung gerichtlich verfolgt werden (§ 1 und § 2 UWG).
Entscheidend
für Patienten ist, dass die Magnetfeldtherapie nur als zusätzliche
Behandlungsmethode gedacht und in jedem Fall nur als Begleittherapie eingesetzt
werden
sollte
und nicht als Ersatz für ärztliche Behandlungen:
„Für
gesicherte Indikationen, welche durch klinische Evidenz abgedeckt sind, ist die
Magnetfeldtherapie unter Beachtung allfälliger Kontraindikationen
und unter
Abwägung therapeutischer Alternativen als zusätzliche
Behandlungsmethode
medizinisch vertretbar".
Bei
Kontraindikationen (zum Beispiel Herzschrittmacherträger, Schwangerschaft
und
Ähnliches)
- dies wäre bei der Europäischen Zulassung / CE-Kennzeichnung zu
berücksichtigen
- und bei Indikationen, bei denen jegliche klinische Evidenz fehlt, ist die
Anwendung
nicht vertretbar, unter Umständen ja sogar gefährlich. Diese
Informationen
fehlen
jedoch meist in der einschlägigen Werbung.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert,
bis
31.12.2001
eine Vertriebsverordnung nach dem Medizinproduktegesetz zu verordnen. Dabei
ist
neben einem Verbot des Verkaufs von Magnetfeldtherapieprodukten im
Direktvertrieb, bei
Werbeveranstaltungen
und im Handel ohne ärztlicher Verschreibung auch sicherzustellen,
dass
für Ärzte Werbung in Massenmedien, Vertrieb und Verkauf dieser Produkte
ausdrücklich verboten ist und diese bei ärztlicher Verschreibung
keine wie immer gearteten
finanziellen
Vorteile (z.B. Provisionen) lukrieren dürfen.
Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss