610/AE XXI.GP
Eingelangt am: 27.02.2002
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr.
Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
betreffend Verbraucherinformationsgesetz
Der Verbraucherschutz besteht aus den großen Handlungssektoren: Gefahrenabwehr durch
Gesetze und Verordnungen sowie Normvollzug, Kontrolle und Verbraucherinformation
durch Behörden, Verbände und Unternehmen.
Der letzte Sektor, die Verbraucherinformation, ist in Österreich bislang unzureichend
ausgebaut.
Informationszugang
ist ein besonders wichtiges Instrument des/der mündigen
Verbrauchers/Verbraucherin,
das
ihm/ihr ermöglicht, ein eigenbestimmtes Leben zu fuhren
und die
Märkte aktiv zu beeinflussen. Diesen Sektor gilt es nicht zuletzt im Sinne
der EU-
Verbraucherpolitik
auszubauen:
Als Grundvoraussetzung
soll der Verbraucher/die Verbraucherin Zugang zu Daten der
Verwaltung haben. Dies soll ergänzt werden um eine aktive
Informationspflicht durch die
Verwaltungsbehörden und Zugang zu Informationen bei Unternehmen. Dafür
soll ein
Verbraucherinformationsgesetz nach dem Muster des derzeit in der BRD in
Diskussion
stehenden
Gesetzesentwurfs in seiner ursprünglichen umfassenden Form dienen.
Der erweiterte Zugang
auf verbraucherrelevante Daten bezüglich Waren und Dienstleistungen
verringert
das Informationsungleichgewicht zwischen Unternehmen und Verbraucherinnen,
verbessert so die Marktposition der Verbraucherinnen und hat zudem den Effekt
des
vorsorglichen
Verbraucherschutzes.
Die Eckpunkte eines Verbraucherinformationsgesetzes sind folgende Punkte:
1. Ziel: Verbraucherin als informierte MarktteilnehmerIn
Die Informationen der Verbraucherinnen über gewerblich
angebotene Waren und
Dienstleistungen sollen verbessert werden, damit erstens die
Verbraucherinnen in ihrer
wirtschaftlichen Rolle als Marktteilnehmerinnen selbstbestimmt handeln
und zweitens die Behörden
vorbeugend und schützend bei unklaren
Risikolagen und Verstößen gegen verbraucherschützende
Normen aktiv werden können.
2. Die Mittel des Gesetzes
• Den
Verbraucherinnen wird der Zugang zu behördlichen Informationen gegeben,
welche die gesundheitlichen,
ökologischen und wirtschaftlichen Interessen der
Verbraucherinnen betreffen und für die Verbraucherinnen
entscheidungsrelevant sind.
• Die
Behörden erhalten das Recht, von sich aus „aktiv" die
Verbraucherinnen über
bestimmte Sachverhalte zu informieren (z.B.
zum vorbeugenden Schutz von
Verbraucherinteressen, als
Maßnahme gegen Marktversagen).
• Unternehmen
sollen in klar abgegrenztem Umfang verpflichtet werden, bestimmte
verbraucherrelevante
Informationen zu geben (Herstellungsmethoden, Haltungsformen;
Einhaltung
internationaler Arbeitsschutzstandards, Kinderarbeit u.a.).
3. Anspruch auf Informationszugang
Verbraucherinnen sollen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf freien Zugang zu jenen
behördlichen Informationen haben, die den Schutz von Gesundheit und Sicherheit, der
wirtschaftlichen Interessen der Verbraucherinnen oder sonstige erhebliche Verbraucherinteressen
betreffen.
Die Art und Weise des Informationszugangs wird geregelt (Auskunftserteilung, Akteneinsicht,
insbesondere auch die Beantwortungsfristen, u.a.) sowie Rechtsschutz und Sanktionen im Falle der
Verweigerung der Information.
Andere gesetzliche Ansprüche auf Zugang zu Informationen bleiben unberührt (z.B.
Umweltinformationsgesetz (UIG).
4. Klare Begriffsbestimmungen
Als Begriffe sind festzulegen:
• Behörden (Bund, Länder und Gemeinden und beliehene Unternehmen),
• Information
(z.B.
alle vorliegenden Daten über Zustand und Beschaffenheit von Produkten
oder die
Umstände der Erbringung von Dienstleistungen),
• Produkte
und Dienstleistungen (wie im Produktsicherheitsgesetz, also nicht nur
Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, kosmetische Mittel und Tabak) und
• Unternehmen (Hersteller, Importeur und Verwender von Handelsmarken).
Dabei wird aus
Gründen der Rechtsklarheit und der Einheit der Rechtsordnung auf
bewährte
Definitionen
in vorhandenen Gesetzen (insbesondere Produktsicherheitsgesetz,
Umweltinformationsgesetz
und Konsumentenschutzgesetz) zurückgegriffen.
5. Ausschlüsse und Einschränkungen des Anspruchs auf Informationszugang
Personaldaten,
besondere
öffentliche Belange und Geschäftsgeheimnisse bleiben
geschützt.
Dies
betrifft öffentliche Belange, etwa den Schutz der
äußeren und inneren Sicherheit, der
internationalen Beziehungen, Gerichts-, Ermittlungs-, Strafverfahren, aber auch
den Schutz interner
Verwaltungsabläufe
und des Kernbereichs der Regierungstätigkeit (z.B. Vorbereitung der
Gesetzgebung).
Geschützt werden zudem private Belange, wie personenbezogene Daten
sowie
Geschäfts-
und Betriebsgeheimnisse (präzisiert durch eine Positivliste, welche Daten
jedenfalls
nicht unter das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis fallen).
6. Aktive Information durch die Behörde
Es wird
eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage geschaffen, damit Behörden von
sich aus „aktiv"
die Verbraucherinnen über bestimmte Sachverhalte informieren können.
Diese Rechtsgrundlage
geht über den Bereich des Lebensmittelgesetzes hinaus, weil der Kreis der
Produkte, über die
informiert
wird, bedeutend weiter gefasst wird.
Unter anderem sollen erfasst werden:
• Fälle, in denen in erheblichem Ausmaß gegen verbraucherschützende Normen
verstoßen worden ist (z.B.
erhebliche Überschreitung von Grenzwerten oder sonstige
Nichteinhaltung
verbraucherschützender Vorschriften);
• Risikolagen:
Es
liegen hinreichende Anhaltspunkte für ein Risiko vor, aber die verfugbaren
technischen
oder wissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeiten reichen nicht aus, um eine
endgültige
Klärung der Situation zu erreichen);
• Marktversagen: Erhebliche Verunsicherung der Verbraucherinnen über die
Gewährleistung
des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit (z.B. wenn ein Produkt ins
Gerede gekommen ist und öffentliche Diskussionen stattfinden).
Bei der
aktiven Information ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besonders
zu beachten. Die
Maßnahme
muss in Art und Umfang dem Problem entsprechen und den berechtigten Interessen
der
Beteiligten nach sorgfältiger Abwägung angemessen sein. Eine
gesetzliche Ermächtigungsnorm ist
notwendig, da gesetzlich geschützte Positionen Dritter berührt
werden.
7. Informationsanspruch gegen Unternehmen
Wesentliche
verbraucherrelevante Informationen liegen nur bei den Unternehmen vor. Diese
betreffen die gesundheitlichen Interessen der Verbraucherinnen (z.B.
Vorhandensein von
Allergenen,
die z.Z. nur sehr unvollständig zu etikettieren sind, insbesondere in
Zutaten). Sie
betreffen
aber auch die Lebensführungsinteressen der Verbraucherinnen (Holz aus
nachhaltiger
Bewirtschaftung,
Haltungsform der Tiere). Für eine tatsächlich wirksame
Verbraucherinformation
ist ein
Informationsanspruch der Verbraucherinnen gegen Unternehmen unabdingbar.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Justiz wird
beauftragt, aisbaldig ein Verbraucherinformationsgesetz
beschlussreif vorzulegen, das die Auskunftspflicht der Hersteller und
Vertreiber von Produkten
sowie Anbieter von Dienstleistungen umfasst (vgl. Positivliste des UIG) und das
sowohl die
Gesundheit der Verbraucher als auch die
Umwelt berücksichtigt.
Informeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.