651/A XXI.GP
Eingelangt am: 21.03.2002
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dkfm Mag. Josef
Mühlbachler, Dr. .Martin Graf
und Kollegen
betreffend Aufhebung der „Benes-Dekrete" und der „AVNOJ-Bestimmungen"
Die Vertreibung von Millionen Menschen aus
der damaligen Tschechoslowakei und dem
damaligen Jugoslawien nach dem Ende des 2. Weltkrieges zählt zu den
dunkelsten Kapiteln
der Geschichte Europas. Diese Menschen wurden allein wegen ihrer
Zugehörigkeit und ihres
Bekenntnisses zur deutschen bzw. zur ungarischen Volksgruppe aus ihrer Heimat
vertrieben. Diese Vertreibungen waren damals Unrecht und sind auch heute
Unrecht.
Besonders bedenklich ist, dass im 21. Jahrhundert nach wie vor die
Amnestiebestimmungen
in Rechtskraft stehen, die die Vertreibungen straffrei stellen.
Die Rechtsgemeinschaft Europäische
Union hat stets betont, dass ein Beitritt zu ihr nicht nur
wirtschaftlicher, sozialer
und ökologischer Rahmenbedingungen bedarf, sondern, dass im
jeweiligen Beitrittskandidatenland auch ein entsprechender Standard der
demokratiepolitischen
Entwicklung vorhanden sein muss. Folglich wurde die Bedeutung
unterstrichen, die dem Schutz und der Förderung von Minderheiten
beizumessen ist.
Die demokratische Einstellung einer
Regierung spiegelt sich zudem in der Frage wider, wie
sich ein Land zu den dunklen
Kapiteln seiner Geschichte und der Aufarbeitung der
Vergangenheit verhält.
So sind etwa jene diskriminierenden Benes-Dekrete, die sich auf
Enteignung und Vertreibung einzelner Volksgruppen beziehen, nie formal
aufgehoben
worden und damit weiterhin Bestandteil der tschechischen Rechtsordnung.
Gleiches gilt für
die AVNOJ - Beschlüsse im ehemaligen Jugoslawien, welche gleichfalls zur
Vertreibung von
Minderheiten aus dem heutigen Slowenien geführt haben und bis heute nicht
aufgehoben
wurden.
Die Frage der Aufhebung der Benes-Dekrete
und der AVNOJ-Bestimmungen, die sich auf
die Vertreibung von einzelnen Volksgruppen in der Tschechoslowakei und im
ehemaligen
Jugoslawien beziehen, ist seit dem Ansuchen dieser Länder um Mitgliedschaft
in der
Europäischen Union nicht länger eine bilaterale, sondern eine
europäische Angelegenheit.
Dementsprechend haben sich nicht nur Mitgliedstaaten, ein
Beitrittskandidatenland, sondern
vor allem auch das Europäische Parlament wiederholt für deren Beseitigung
ausgesprochen.
Das Europäische Parlament und die Europäische Kommission
überprüfen, unabhängig von
der politisch-moralischen Implikation, die Vereinbarkeit dieser Dekrete mit dem
EU-Recht
und den Rechtsgrundsätzen der Union.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht,
in den Gesprächen mit der Tschechischen Republik und
Slowenien weiterhin mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass die menschenrechtswidrigen
Gesetze und Dekrete aus den
Jahren 1945 und 1946, die sich auf die Vertreibung einzelner
Volksgruppen beziehen, nicht
mehr gelten."
In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen
Antrag dem Ausschuß für Menschenrechte
zuzuweisen.