652/A XXI.GP

Eingelangt am: 21.03.2002

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer

und Genossen

betreffend Chancengerechtigkeit für Frauen

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Pensionsalterserkenntnis 1990 erkannt, dass ein
unterschiedliches Pensionsanfallsalter für Frauen und Männer verfassungswidrig ist.

Daraufhin wurden folgende Maßnahmen gesetzt:

-    Anhebung des Frauenpensionsalters ab 2019 schrittweise bis 2033 bis zur Erreichung
eines gleichen Pensionsalters von Frauen und Männern durch Verfassungsgesetz

-    „Gleichbehandlungspaket" (arbeitsrechtliche Begleitmaßnahmen zur Pensionsreform:
Mutterschutz-Beschäftigungsverbote; Gleichbehandlungsgesetz für den Bundesdienst;
Teilzeitbeschäftigung arbeitsrechtlich gleichgestellt; Behaltepflicht nach Karenzurlaub,
Einführung der Pflegefreistellung...

Berichtspflicht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von
Frauen

Die zentrale politische Vereinbarung bestand darin, dass ein gleiches Pensionsalter für Frauen
und Männer dann gerechtfertigt ist, wenn die tatsächliche Gleichstellung der Frauen am
Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft erreicht ist. Bekanntlich sind erwerbstätige Frauen
doppelt und dreifachbelastet. Zentrales Ziel vieler Frauenorganisationen ist somit eine
Umverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern, die erst
die Voraussetzung für eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen in der Arbeitswelt und
Gesellschaft ermöglichen.

Ein Teil der Gleichstellungsforderungen wie z.B. das Gleichbehandlungsgesetz für den
Bundesdienst, die Kinderbetreuungsmillionen, die sozialversicherungsrechtliche Absicherung
der geringfügig Beschäftigten, die Einführung der Pflegefreistellung, die Reform des
Arbeitsmarktservice wurde im Zuge des Gleichbehandlungspakets und in den Jahren bis 2000
legistisch umgesetzt. Weitere Gleichbehandlungsschritte wie das Recht auf Teilzeitarbeit nach
Karenz, Absicherung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, Frauenförderung wurden noch
nicht gesetzt.


Die tatsächliche Gleichstellung der Frauen kommt zum Ausdruck in

- Einkommen

- Beschäftigung

- tatsächlicher Gleichbehandlung im Arbeitsleben (Einstufung, Qualifikation,
Führungspositionen, Einstellung,...)

Wesentlich dafür ist die faktische Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie
Frauenförderung im Arbeitsleben.

Die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern (selbst hochgerechnet auf

Vollzeitbeschäftigung) steigen weiter an.

Die Frauenbeschäftigung steigt zwar kontinuierlich an, besteht aber vor allem in

Teilzeitbeschäftigung und atypischer Beschäftigung.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie liegt nach wie vor im Argen!

Verfassungsrechtlich gesehen ist der zeitliche Abstand zwischen Frauen und
Männerpensionsalter geschützt. Der Vertrauensschutz für diese Regelung besteht darin, dass
erst über einen langen Übergangszeitraum Gleichstellungserfolge erzielbar sind.
Der Vertrauensschutz bezieht sich auf die gesellschaftliche Position der Frauen generell und
weniger auf einzelne Ansprüche.

Faktisch liegen das Pensionsantrittsalter von Frauen und Männer nicht um 5 Jahre
auseinander, sondern nur um l ,5 Jahre.

Frauen gehen tatsächlich nur um 1,5 Jahre früher in Pension als Männer. Männer mit 58,4
Jahren in Pension, Frauen mit 56,8 im Jahr 2000 in der gesamten Pensionsversicherung.
Von einer schrittweisen Anhebung wären besonders Arbeitnehmerinnen mit langen
Versicherungszeiten betroffen.

Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt trifft Frauen deutlich früher als Männer

Frauen gelten am Arbeitsmarkt bereits mit 35(!) als alt. Ihre Arbeitsmarktchancen sind in

jüngeren Jahren durch mögliche Mutterschaft beeinträchtigt.

Ein höheres Pensionsalter würde die altersbedingte Arbeitsmarktdiskriminierung nicht

aufheben, sondern verlängern.


Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass die Rahmenbedingungen
für die Gleichstellung von Frauen weiter ausgebaut werden, insbesondere:

1)  Die Rücknahme der seit 2000 beschlossenen frauenpolitischen Verschlechterungen wie
z.B. die Abschaffung des eigenständigen Frauenministeriums, die Verschlechterungen in
der Pensions- und Krankenversicherung, der Urlaubsaliquotierung, die Abschaffung des
Weiterbildungsgeldes nach Karenz, die Einführung von Studiengebühren, die Kürzung der
finanziellen Förderungen für Frauenprojekte u.s.w.

2)   Die Umsetzung der noch offenen Punkte aus dem Gleichbehandlungspaket 1993 wie z.B.
der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit nach Karenz mit Rückkehrrecht auf
Vollzeitarbeitsplatz, die Absicherung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, den Entfall der
Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe

3)  Die Schaffung einer eigenständigen, exsistenzsichernden Alterssicherung für Frauen nach
den Grundsätzen des Weißbuches für eine eigenständige Alterssicherung für Frauen

4)   Keine Anhebung des derzeit bestehenden Regelpensionsantrittsalter von Frauen vor
Erreichen der tatsächlichen Gleichstellung in allen Gesellschaftsbereichen, frühestens zu
dem im Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen
und weiblichen Sozialversicherten festgesetzten Zeitpunkt

Zuweisungsvorschlag: Gleichbehandlungsausschuss