686/A(E) XXI.GP

Eingelangt am: 22.05.2002

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 


des Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

betreffend Beachtung von Landesgesetzen bei Vollzug des
Umweltförderungsgesetzes insbesondere in der Siedlungswasserwirtschaft

In der gegenwärtigen Praxis der Siedlungswasserwirtschaft werden oft gesetzliche
Vorgaben missachtet, ohne dass dies auf Förderungszusagen nach dem
Umweltförderungsgesetz Auswirkungen hätte. Solche Gesetzesverletzungen führen,
wie die Grünen in der Kommission für Siedlungswasserwirtschaft (KSWW) seit 1996
immer wieder an Einzelfällen nachgewiesen haben, zu exorbitant hohen
Projektkosten. Die Verwaltung missachtet hier das Legalitätsprinzip (Art 18 B-VG)
und unter einem den Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und
Zweckmäßigkeit (Art 126 b Abs 5, 127 Abs 1 und 127 a Abs 1 B-VG).

Als Beispiele seien genannt:

1.     Gesetzwidriges Vorgehen des Wasserverbands Millstättersee

Im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes in bezug auf den Wasserverband
Millstättersee /Verwaltungsjahr 1998 stellt der RH u.a. fest:

„Der Verband beschloss sogar in einer Mitgliederversammlung die gesetzliche Verpflichtung zum
Sanierungskonzept nicht zu vollziehen.
Zwar blieben seine Bemühungen um eine Fristerstreckung
ohne Ergebnis, im Hinblick auf die gute Wasserqualität der Seen und den starken Vorfluter Drau wurde
dies letztlich vom Amt der Kärntner Landesregierung aber geduldet, "(p. 13 Hervorhebungen
nachträglich hinzugefügt)

„Trotz des schon erreichten hohen Anschlussgrades wurden nicht primär die schadhaften alten
Kanalbereiche saniert, sondern die Kanalisation auf noch nicht erfasste Randbereiche der Gemeinden
ausgedehnt. Die Kanalbaukosten in den Mitgliedsgemeinden betrugen bis zum Jahre 1990 rd 181500S
je Objekt.
Die in den letzten Jahren in den Randbereichen gebauten Kanalbauvorhaben wiesen jedoch
spezifische Kanalerrichtungskosten zwischen 232000 und 809000S je Objekt auf (p.
10
Hervorhebungen nachträglich hinzugefügt).

Es ist völlig unverständlich, dass die Bundesförderung dieses Verbandes trotz dieser
RH-Kritik offensichtlich immer noch weitergeht. Eine Variantenoptimierung nach dem
Stand des technischen Wissens kann bei den vorliegenden Anschlusswerten nie
durchgeführt worden sein !


2.     Beurteilung der Förderungswürdigkeit von Projekten durch die FA
19C (Leiter DI Wiedner) des Landes Steiermark

2.1.   St. Nikolai im Sausal

Seit Jahren weisen die Grünen immer wieder auf schwere Mängel des Vollzugs des
UFG im ländlichen Raum durch die für diese Auftragsverwaltung zuständige
Fachabteilung 19C (früher FA 3b) des Landes Steiermark hin. Durch eine geradezu
systemisch vollzogene Verweigerung der Prüfung des gesetzeskonformen
Zustandekommens der Projekte wurde in zahlreichen Einzelfällen das
Legalitätsprinzip der österreichischen Bundesverfassung missachtet.
Dass durch
diese Vollzugsmängel auch Steuermittel in großer Höhe vergeudet wurden, konnte
an bekannten Einzelfällen (Projekt Pux / Gemeinde Frojach-Katsch; Wies; Hainsdorf
i. Schwarzautal; Trahütten.) unwiderlegbar nachgewiesen werden.

Die Verletzung des verfassungsrechtlich verankerten Legalitätsprinzips zieht also die
Verletzung der ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Grundsätze von
Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nach sich, die alles
Verwaltungshandeln bestimmen müssen. Siehe hierzu etwa das Erkenntnis VfGH
G169/86, V70/58

Ein neuer, besonders krasser Fall des gesetzwidrigen Zustandekommens von mit
öffentlichen Mitteln geförderten Kanalprojekten ist nunmehr am Beispiel der
Gemeinde St. Nikolai im Sausal in der 29. KSWW-Sitzung am 19.3.2002 unter der
intensiven Mitarbeit von Dipl.-lng. Wiedner und Landesrat Pöltl eingetreten und
dokumentiert worden.

Als Teil Ihrer auf Zentralisation zielenden Abwasserpolitik hat die Gemeinde St.
Nikolai im Sausal
bei der zuständigen FA19C der Steiermärkischen Landesregierung
die Kanalbauabschnitte 04 und 05 zur Förderung eingereicht. Wie auch an den
ungünstigen Kenndaten deutlich wird, handelt es sich dabei vorwiegend um die
Entsorgung von Streusiedlungsbereichen. So weist etwa der BA 04 je
Hausanschluss eine durchschnittliche Kanallänge von 143 m und Investitionskosten
von 15456 EURO (öS 212.679) bei förderbaren Gesamtinvestitionen von EURO
2.071176 auf. Im Zustandekommen der Projekte wurde das Legalitätsprinzip der
österreichischen Bundesverfassung mehrfach in eklatanter Weise missachtet:

1.      Das Fehlen des gesetzlich vorgeschriebenen Umweltausschusses wurde von
der FA19C überhaupt nicht bemängelt. Gemäß § 10 des Gesetzes zum Schutz
der Umwelt (LGBI. 78/1988) hätte der Umweltausschuss der Gemeinde diese
wichtige örtliche Umweltangelegenheit - unter besonderer Berücksichtigung der
in der Novelle 97 zum WRG enthaltenen Kostendämpfungspotentiale - zu
beraten und dem Gemeinderat Lösungsvorschläge zu erstatten gehabt.

2.     Obwohl die Gemeinde am 6. 10. 1999 eine Revision des

Flächenwidmungsplanes endbeschlossen hat, liegt den Projekten im
Widerspruch zum § 2a Abs. 3 der Kanalgesetznovelle 1998- in Kraft getreten
ohne Übergangsbestimmungen am 1.11.1998 - des Stmk. Kanalgesetzes kein
„Abwasserplan" zugrunde. Dadurch wurden die der betroffenen Bevölkerung
vom Steiermärkischen Landtag in der Kanalgesetznovelle 1998 zugesicherten


Mitwirkungsrechte vorenthalten und blieben allfällige
Kostendämpfungspotentiale. wie sie vor allem in der Novelle 97 zum WRG
enthalten sind, unausgeschöpft.

3.     Als einzige konzeptuelle Grundlage der Projekte liegt ein „örtliches

Abwasserentsorgungskonzept" aus dem 1989 (!) vor. Aus Kostengründen sah
dieses für einen Teilbereich des nunmehrigen Zentralprojekts allerdings
ausdrücklich schon damals eine dezentrale Lösung vor.

4.     Gemäß den Förderrichtlinien und Technischen Richtlinien zum UFG ist die

Gemeinde verpflichtet, vor der Beschlussfassung über die Projektrealisation die
privaten Haushalte
im Entsorgungsbereich über deren absehbare finanzielle
Belastung im Gesamtfinanzierungszeitraum zu unterrichten. Auch das ist nicht
geschehen.

Trotz dieser demokratiepolitisch unhaltbaren und mehrfach gesetzesverletzenden
Genese wurden die beiden Projekte durch die Fachabteilung 19C (Leiter: OBR Dipl.
Ing. Johann Wiedner) als förderwürdig beurteilt. Am 19. März 2002 wurde in der 29.
Sitzung der Kommission für Siedlungswasserwirtschaft in Wien das Projekt zur
Vergabe der Bundesförderung von der Abwicklungsstelle vorgelegt und trotz
schriftlich begründeter Grüner Gegenanträge gegen die Stimme der Grünen
beschlossen. In besagter Sitzung vertrat Dipl. Ing. Wiedner die Meinung, das
Nichtvorliegen eines Abwasserplanes sei durch eine Übergangsbestimmung der
Steiermärkischen Kanalgesetznovelle 1998, die er nicht vorlegte, gedeckt und stelle
daher keine notwendige Fördervoraussetzung dar. Auf die anderen Mängel ging er
oder Landesrat Pöltl überhaupt nicht ein.

Erschwerend kommt hinzu, dass OBR. Dipl.-Ing. Wiedner die
Übergangsbestimmungen nicht vorgelegt hat und dass in korrekter Interpretation des
an sich eindeutigen Gesetzestextes die Stadt Graz gemeinsam mit der Revision des
Flächenwidmungsplanes einen Entwurf zum Abwasserplan im Februar 2002
vorgelegt hat und sich dabei in dem 1. Abschnitt des Erläuterungsberichtes
„Rechtsgrundlagen und Zielsetzungen des Abwasserplanes" natürlich ausdrücklich
auf die §§2a und 2b des Kanalgesetzes 1988 bezogen hat.

2.2.    Marktgemeinde Wies

2.3.    Gemeinde Hainsdorf im Schwarzautal

2.4.    Gemeinde Trahütten

Diesen drei Landgemeinden unterschiedlicher Größe ist gemeinsam, dass zwar
gemäß §10 Abs 2 des Steiermärkischen Umweltschutzgesetzes 1988 ein
Gemeindeumweltausschuss eingerichtet wurde, jedoch in keinem Fall §10 Abs. 3
erfüllt wurde. Dort wird normiert:" Der Umweltausschuss hat von allen wesentlichen
örtlichen Umweltangelegenheiten dem Gemeinderat zu berichten und
Lösungsvorschläge zu erstatten."

Erschwerend kommt hinzu, dass


a)     dies nur typische Beispiele einer zumindest in der Steiermark flächendeckend
verbreiteten Praxis ist.

b)     ebenso flächendeckend die Prüfungsausschüsse in den allermeisten
Landgemeinden nicht einmal den Versuch einer Nachprüfung der
Kanalprojekte versuchen.

c)     die Landesregierung auf Grund von §8 des

Landesrechnungshofverfassungsgesetzes eine Prüfung durch den
Landesrechnungshof verhindern kann und auch verhindert.

3.     Beurteilungspraxis der Kommunalkredit Austria (KKA) als
Abwicklungsstelle der Bundesförderung in der
Siedlungswasserwirtschaft.

Den Grünen ist nicht bekannt, dass das BMLFUW bzw. das BMUJF jemals
gegenüber der Kommunalkredit Austria in ihrer Funktion als Abwicklungsstelle nach
UFG klargestellt hätte, dass sie sich im Rahmen der üblichen Ordnungsprüfung zu
vergewissern habe, ob bei Projekterstellung Landesgesetze eingehalten wurden.

Nach § 1 Umweltförderungsgesetz ist das Ziel der Umweltförderung im
Siedlungswasserbereich ua der Schutz der Umwelt durch eine geordnete
Abwasserentsorgung. Der Sachverhalt Abwasserentsorgung wird jeweils aus
verschiedenen Blickwinkeln sowohl vom Bundesgesetzgeber als auch vom
Landesgesetzgeber geregelt; vollzogen werden die entsprechenden Gesetze von
den Gemeinden, den Ländern und dem Bund (mittelbare Bundesverwaltung). Der
Schutz der Umwelt kann dabei nur erreicht werden, wenn die Gesetzgeber als auch
die Vollziehungsbehörden das gegenseitige Berücksichtigungsgebot beachten.
Insofern ist auch davon auszugehen, dass bei Förderung der Vorhaben der
Siedlungswasserwirtschaft durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Einhaltung der landesgesetzlichen Vorgaben
durch die Projektwerber zu achten ist. Auch der beratenden Kommission trägt § 10
UFG auf, Empfehlungen „unter Bedachtnahme auf die entsprechenden gesetzlichen
Bestimmungen „ abzugeben. Damit sind nicht nur die Bestimmungen des UFG selbst
gemeint. Der Bundesminister kann mit der KKA vertraglich festlegen, wie die
Förderungsansuchen aufzubereiten und zu prüfen sind (§11 Abs 3 UFG).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird
aufgefordert, bei Förderung von Vorhaben nach dem Umweltförderungsgesetz auch
auf die Einhaltung jener Landesgesetze zu achten, die im engen sachlichen


Zusammenhang mit der Materie stehen. Insbesondere möge bei Förderung von
Projekten der Siedlungswasserwirtschaft neben den Bundesgesetzen wie dem
Umweltförderungsgesetz und dem Wasserrechtsgesetz auch die Einhaltung der
Kanalgesetze der Länder sowie der umweltbezogenen Verfahrensvorschriften für die
Gemeinderäte geprüft werden, damit nur jene Projekte zum Zug kommen, die alle
Vorschriften zum Schutz der Umwelt (und der öffentlichen Haushalte) einhalten. Eine
entsprechende Aufbereitung und Prüfung der Förderungsansuchen durch die
Kommunalkredit Austria soll im Wege einer vertraglichen Bestimmung sichergestellt
werden.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.