1008/AB XXI.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1141/J - NR/2000 betreffend Verweigerung von

Originalzeugnissen nach Änderung des Vornamens wegen Geschlechtsumwandlung, die die

Abgeordneten Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde am 13. Juli 2000 an mich richteten, wird wie

folgt beantwortet:

 

Ad 1.:

Zunächst ist festzuhalten, dass Originalzeugnisse zum Zeitpunkt der jeweiligen Prüfungsablegung

ausgestellt wurden. Ein Original ist eine Urschrift, ein ursprüngliches Exemplar, das eben nur

einmal existiert. Die Ausstellung eines „zweiten Originals“ ist daher schon per definitionem nicht

möglich.

Gemäß § 22 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) ist am Ende eines jeden Unterrichtsjahres, bei

lehrgangsmäßigen Berufsschulen am Ende des Lehrganges, dem Schüler ein Jahreszeugnis über die

betreffende Schulstufe auszustellen.

Gemäß § 22 Abs. 2 SchUG hat das Jahreszeugnis insbesondere zu enthalten;

lit. b die Personalien des Schülers, ...

lit. 1 den Ort und das Datum der Ausstellung, die Unterschrift des Schulleiters und des

Klassenvorstandes sowie das Rundsiegel der Schule.

 

Gemäß § 39 Abs. 1 SchUG ist die Gesamtbeurteilung der Leistungen des Prüfungskandidaten in

einem Zeugnis über die abschließende Prüfung (Reifeprüfung, Reife -  und Diplomprüfung,

Diplomprüfung, Abschlussprüfung) zu beurkunden.

Gemäß § 39 Abs. 2 hat das Zeugnis über die abschließende Prüfung insbesondere zu enthalten:

Z 2 die Personalien des Prüfungskandidaten, ...

Z 8 den Ort und das Datum der Ausstellung, die Unterschrift des Vorsitzenden der

Prüfungskommission, des Schulleiters (oder des Abteilungsvorstandes) sowie des

Klassenvorstandes bzw. des Jahrgangsvorstandes und das Rundsiegel der Schule.

 

Eine nachträgliche Änderung des Namens wirkt erst ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft

des Namensänderungsbescheides. Daher wäre eine nachträgliche Änderung eines Jahreszeugnisses

oder Zeugnisses über die abschließende Prüfung hinsichtlich des Namens sowohl sachlich, da das

Jahreszeugnis bzw. das Zeugnis über die abschließende Prüfung unter dem alten Namen erworben

wurde als auch rechtlich, da die Wirksamkeit der Namensänderung erst mit dem oben erwähnten

Zeitpunkt eintritt, unzutreffend.

 

Zulässig ist die Neuausstellung von Personenstandsurkunden kraft positiv - rechtlicher

Bestimmungen im Personenstandsgesetz. Das Schulunterrichtsgesetz sieht in den Fällen der

Namensänderung die Neuausstellung von Zeugnissen nicht vor; daher ist die Neuausstellung eines

Zeugnisses mangels positiver gesetzlicher Bestimmungen nicht zulässig.

Ein schulisches Zeugnis ist eine öffentliche Urkunde im Sinn des § 292 Abs. 1 ZPO, die

nachträglich nicht verändert werden darf. Öffentliche Urkunden haben die Vermutung der Echtheit

für sich und begründen vollen Beweis dessen, was darin amtlich verfügt oder erklärt oder von der

Behörde oder Urkundsperson bezeugt wird. (§ 310 Abs. 1 und § 292 Abs. 1 ZPO)

 

Die Ausstellung von Zweitschriften mit dem neuen Vornamen nach einer Geschlechtsumwandlung

stellt ein Entgegenkommen in Anbetracht der dadurch entstandenen besonderen Situation dar, in der

die Vorlage von Zeugnissen mit dem früheren Vornamen unzumutbar ist. In Fällen sonstiger

Namensänderung (z.B. nach Verehelichung) werden keine Zweitschriften mit dem neuen Namen

ausgestellt.

 

Ad 2.:

 

Ich teile die Befürchtung nicht, da die Gründe für die Ausstellung der Zweitschrift bei einer

Bewerbung nicht angegeben werden müssen; es sind eine Reihe von Gründen (z.B. Diebstahl,

Verlust usw.) denkbar, die die Ausstellung einer Zweitschrift notwendig gemacht haben könnten.

Ad 3.:

 

Mitglieder der Bundesregierung sind ebenso wie alle anderen Staatsbürger an bestehende

Rechtslagen gebunden.

 

 

Ad 4.:

 

Auf Grund der dargestellten Rechtslage kann ein Originalzeugnis nur einmal ausgestellt werden. In

Fällen einer Geschlechtsumwandlung kann eine Zweitschrift ausgestellt werden.