1018/AB XXI.GP
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossinnen betreffend Projekt
zu Mediation, Nr. 1026/J, wie folgt:
Frage 1:
Es handelt sich um das Projekt “Familienmediation” im Sinn des Eherechts -
Änderungsgesetz 1999 (EheRÄG 1999) und des § 39c des Familienlastenaus -
gleichsgesetzes 1967.
Fragen 2 und 3:
Im Rahmen einer parlamentarischen Enquete am 24. Februar 1993 war eine inter -
ministerielle, interdisziplinäre Arbeitsgruppe “Mediation und Probleme von Minder -
jährigen bei Trennung und Scheidung ihrer Eltern” zum Ergebnis gelangt, dass sich
trennungswillige Eltern der psychischen Folgen für ihre Kinder nicht immer voll be -
wusst sind und es ihnen nicht leicht gelingt, ihre Partnerprobleme von der Eltern -
Kind - Beziehungsebene zu trennen. Daher sollte durch eine verbesserte rechtliche
und psychologische Beratung zu einer besseren Bewältigung von Krisen beigetragen
und vor allem versucht werden, übereilte Trennungen und Scheidungen zu reduzie -
ren (“emotionale Wiederverheiratung”), wobei es das vordringlichste Anliegen dieser
Arbeitsgruppe war, die Situation des Kindes im Scheidungsverfahren zu verbessern.
Um die bisweilen langwährenden, problematischen Auswirkungen von Scheidungen
auf die betroffenen Kinder zu reduzieren, wurde im Wege des in den Jahren 1994
und 1995 vom Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie gemeinsam mit
dem Bundesministerium für Justiz an den Bezirksgerichten Wien - Floridsdorf und
Salzburg durchgeführten Modellversuchs
“Partner - und Familienberatung bei Ge -
richt, Mediation und Kinderbegleitung bei Trennung oder Scheidung der Eltern” er -
probt, wie die Konfliktlösungskompetenz und vor allem die elterliche Verantwortung
von Betroffenen soweit gestärkt werden kann, dass diese selbst in die Lage versetzt
werden, tragfähige (eigen)verantwortliche Entscheidungen zur Neugestaltung ihrer
Lebensrealität im Zusammenhang mit einer Trennung oder Scheidung zu treffen.
Weiters hat der Nationalrat mit der Entschließung E 158 NR 18. GP vom 14. Juli
1994 (Abschlussdokument betreffend die parlamentarische Behandlung des
“Expertenberichtes zum UN - Übereinkommen über die Rechte des Kindes”) die Bun -
desregierung aufgefordert, anhand der erzielten Modellergebnisse konkrete legisti -
sche und organisatorische Maßnahmen vorzuschlagen, wodurch scheidungs - und
trennungswillige Paare zu einer eigenverantwortlichen Lösung ihres Partnerkonfliktes
und zu einer dem Wohl des Kindes gerecht werdenden Form der Aufrechterhaltung
ihrer elterlichen Verantwortung befähigt werden sollten.
Nach erfolgreichem Abschluss des Modellprojekts und aufgrund der gewonnenen
Erfahrungen stellte sich die Aufgabe, die “Modellphase” mit den drei Teilelementen
Familienberatung - Mediation - Kinderbegleitung in eine entsprechende ‚,Echtphase”
in Form eines "kommunizierenden" Gesamtansatzes der einzelnen Elemente überzu -
leiten. So wurde mit der am 1. Jänner 2000 in kraft getretenen Reform des Ehe - und
Scheidungsrechtes (EheRÄG 1999, BGBl. I Nr.125/1999) das Konfliktregelungsmo -
dell Mediation erstmals gesetzlich anerkannt und schließlich im Familienlastenaus -
gleichsgesetz 1967 die Förderbarkeit von Mediation sowie der Eltern - und Kinderbe -
gleitung gesetzlich verankert.
Frage 4:
Zeitlich synchron zur Durchführung des Modellversuches wurde auch eine wissen -
schaftliche Begleitstudie durch Ch. Pelinka, Institut für Rechts - und Kriminalsoziolo -
gie, durchgeführt, deren Ergebnisse in der wissenschaftlichen Publikation “Neue
Wege der Konfliktregelung “Familienberatung bei Gericht - Mediation - Kinderbeglei -
tung bei Trennung der Eltern”, BMUJF (Hrsg.), Wien 1997, ISBN 3 - 7046 - 11148 - 4,
veröffentlicht wurden.
Nunmehr wird das Projekt von meinem Ressort alleine betreut. Sobald die Auswir -
kungen des EheRÄG 1999 - dieses ist ja erst am 1. Jänner 2000 in Kraft getreten -
beurteilt werden können, wird eine weitere Evaluierung stattfinden.
Frage 5:
Im Anschluss an die Modellphase wurden für das Projekt Mediation folgende Mittel
aufgewendet:
|
1995 |
1/19116 |
106.500 S |
|
1996 |
1/19116 |
150.000 S |
|
|
1/19118 |
75.342 S |
|
1997 |
1/19116 |
402.500 S |
|
|
1/19118 |
392.502 S |
|
1998 |
1/19116 |
500.000 S |
|
|
1/19118 |
20.600 S |
|
1999 |
1/19116 |
500.000 S |
|
|
1/19118 |
362.858 S |
|
2000 |
1/19386 |
5.000.000 S |
Frage 6:
Das Modellprojekt “Psychologische und juristische Prozessbegleitung bei sexuellem
Missbrauch an Mädchen, Buben und Jugendlichen” erprobte ein spezifisches Hilfs -
angebot für sexuell missbrauchte Kinder, Jugendliche und deren Bezugssystem.
Zielsetzung des Projekts war die Akzeptanz von Kinderschonung bei Gericht, um
sekundäre - daher nicht durch die Tat, sondern durch den Aufdeckungsprozess und
das Verfahren bzw. durch das Verhalten und die Interventionen professioneller Hel -
ferinnen und Helfer und der Bezugspersonen bewirkte - Traumatisierung zu vermin -
dern.
Daher wurde psychosoziale Beratung und Begleitung für die betroffenen Kinder bzw.
Jugendlichen und deren Bezugssystem angeboten, und zwar grundsätzlich von der
Vorbereitung einer Anzeige bis zur Nachbetreuung nach einer allfälligen Hauptver -
handlung. Eine Rechtsanwältin war Teil des Teams und stand für die rechtliche
Beratung und als Privatbeteiligtenvertreterin zur Verfügung.
Keine Berufsgruppe kann alleine sexuellen Missbrauch aufdecken, beenden und die
Folgen abfangen. Ein zentraler Ansatzpunkt war daher auch die Kooperation mit
anderen Berufsgruppen, wie z.B. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Mitarbei -
terinnen und Mitarbeitern von Beratungsstellen, Kriminalbeamtinnen und Kriminalbe -
amten, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, Richterinnen und Richtern sowie
Sachverständigen, um das Ziel der Kinderschonung zu erreichen.
Im Unterschied dazu stellt die Mediation - wie bereits ausgeführt - einen vor - bzw.
außergerichtlichen Weg zur Konfliktlösung im Trennungs - oder Scheidungsfall dar.
Das Projekt “Mediation” tangiert das Projekt ,,Prozessbegleitung” daher nicht.
Frage 7:
Im Regierungsübereinkommen ist klar festgehalten, dass im Laufe der nächsten
Legislaturperiode Maßnahmen zur Weiterentwicklung und zum Ausbau des Opfer -
schutzes und zur Einrichtung von Prozessbegleitung für sexuell missbrauchte Kinder
und Jugendliche gesetzt werden.
In Umsetzung dieses Vorhabens werden zurzeit Wege der Implementierung, zu -
nächst in Wien, Niederösterreich und Burgenland gesucht, wobei bewährte Einrich -
tungen wie Kinderschutzzentren einbezogen werden sollen und der Bundesminister
für Justiz die in seinem Bereich zur Förderung von Einrichtungen der Opferhilfe vor -
gesehenen finanziellen Mittel schwerpunktmäßig für die Umsetzung dieses Projekts
in Aussicht gestellt hat.
Ich möchte aber betonen, dass sich die geplante Implementierung keineswegs auf
die Frage der Bereitstellung der dafür
erforderlichen finanziellen Mittel beschränkt,
sondern dass insbesondere zu klären ist, welche Standards und Zielvorgaben einzu -
halten sein werden und welche Ausbildung sichergestellt sein muss.
Es ist mir daher ein besonders wichtiges Anliegen, dass bei der Einführung der Pro -
zessbegleitung die in dem mittlerweile vorliegenden Endbericht umfassend doku -
mentierten Ergebnisse des Modellprojekts "Prozessbegleitung bei sexuellem Miss -
brauch an Mädchen, Buben und Jugendlichen" berücksichtigt werden.
Darüber hinaus beabsichtige ich, die Durchführung von Schulungen für Prozessbe -
gleiterinnen und Prozessbegleiter aus den mir zur Verfügung stehenden budgetären
Mitteln zu fördern.