1031/AB XXI.GP
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und Genossen haben am
5. Juli 2000 unter der Nr. 1013/J an mich eine schriftliche Parlamentarische
Anfrage betreffend “Monitoring Group gegen Doping - rechtliche Maßnahmen
gegen Sanktionen” gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Welche Maßnahmen haben Sie bzw. die österreichische Bundesregierung im
Sanktionsfall Karin Grossmann bislang ergriffen?
Frage 2:
Welche Maßnahmen haben Sie bzw. die österreichische Bundesregierung - wie
angekündigt im Sanktionsfall Hans Holdhaus ergriffen?
Zu Frage 1 und 2:
Aus EU - rechtlicher Sicht ist in der Vorgangsweise in den beiden Fällen eine
Verletzung des Art. 19 EU - Vertrages anzunehmen. Diesem Artikel zufolge
koordinieren die Mitgliedsstaaten ihr Handeln in internationalen Organisationen.
Die Bestimmungen des Art. 19 EU - Vertrages unterliegen aber gemäß Art. 46 EU -
Vertrages nicht der nachprüfenden Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof.
Somit ist eine allfällige Verletzung des Art. 19 formal nicht verfolgbar.
Trotzdem ist im April dieses Jahres ein Schreiben an Kommissionspräsident
Romano Prodi ergangen, in dem die Kommission aufgefordert wurde, die
Verletzung von Art. 19 des EU - Vertrages zu
bestätigen.
Frage 3:
Welche Stellungnahme hat dazu der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes
abgegeben?
Zu Frage 3:
Die Stellungnahme lautet:
“Das Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst wurde seitens des
Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport mit Schreiben vom 3. April
dieses Jahres ersucht, die rechtlichen Implikationen des “Falles Holdhaus” zu
prüfen. Mit dem “Fall Grossmann” wurde der Verfassungsdienst nicht befasst.
Am 6. April dieses Jahres wurde dazu vom Verfassungsdienst eine informelle
Notiz erstellt und dem einschreitenden Ressort im kurzen Wege übermittelt.
Nach den dem Verfassungsdienst vorliegenden Informationen handelte es sich
beim “Fall Holdhaus” nicht um eine Abwahl während laufender Funktionsperiode,
sondern um die turnusmäßig anstehende Wiederwahl zum stellvertretenden
Vorsitzenden der Monitoring - Group zur Anti - Doping - Konvention. Dabei wurde
Hans Holdhaus nicht berücksichtigt, entgegen der informellen “Konvention”,
Funktionsinhaber zu bestätigen, die fachlich entsprochen haben und für eine
Wiederwahl kandidieren. Darüber hinaus soll es Bestrebungen der vierzehn
anderen EU - Mitgliedstaaten gegeben haben, zusätzliche Stimmen gegen den
österreichischen Kandidaten bei anderen Europaratsstaaten zu werben.
Nach Ansicht des Bundeskanzleramts - Verfassungsdienst widersprach diese
Vorgehensweise Art. 19 des EU - Vertrages, wonach die Mitgliedstaaten ihr
Handeln in internationalen Organisationen koordinieren. Allerdings war diese
Rechtsverletzung formal nicht weiter verfolgbar, da Art. 19 EUV nicht der
nachprüfenden Kontrolle des EuGH unterliegt.
Rechtliche Schritte im Sinne der Einbringung einer Klage hätten somit keine
Aussicht auf Erfolg und sind daher auch nicht
erfolgt.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass in weiterer Folge die Bundesministerin
für auswärtige Angelegenheiten auf mein Ersuchen hin mit Schreiben vom
12. April dieses Jahres den Präsidenten der Kommission der Europäischen
Gemeinschaft von der Angelegenheit informiert hat. Dabei wurde die Kommission
gebeten, den dargestellten Sachverhalt zu würdigen und sich insbesondere dazu
zu äußern, ob der von Art. 19 des EU - Vertrages vorgesehenen Verpflichtung zu
einem koordinierten Vorgehen der Mitgliedstaaten in internationalen
Organisationen entsprochen worden ist.
Der Präsident der Europäischen Kommission hat es in einem Schreiben vom
16. April dieses Jahres jedoch vermieden, eine rechtliche Wertung des
Sachverhaltes vorzunehmen. Die Rolle der Kommission als “Garant für die
Einhaltung der Verträge” erstrecke sich nicht auf Art. 19 EUV, da dieser auch nicht
der Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs unterfalle.”
Frage 4:
Mit welchem Datum wurde diese Stellungnahme abgegeben?
Zu Frage 4:
Die erste Stellungnahme wurde am 6. April dieses Jahres, die zweite
Stellungnahme am 25. Juli dieses Jahres abgegeben.
Frage 5:
Haben Sie bislang rechtliche Schritte ergriffen?
Frage 6:
Wenn nein, warum nicht?
Zu Frage 5 und 6:
Folgende Gründe waren letztlich dafür maßgebend, keine rechtlichen Schritte zu
ergreifen:
Wie auch der Stellungnahme des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt zu
entnehmen ist, handelte es sich sowohl im “Fall Grossmann (Vizevorsitzende des
Sportlenkungsausschusses des Europarates) als auch im “Fall Holdhaus
(Vizevorsitzender der Monitoring - Group zur Anti - Doping Konvention) nicht um eine
Abwahl während laufender Funktionsperiode. Vorsitz und Vorsitzvertretung des
CDDS und der Ausschüsse wurden aufgrund von internen Gepflogenheiten bisher
immer automatisch, d.h. per Akklamation, für ein zweites Jahr verlängert.
Anlässlich der Jahressitzung des CDDS am 3. März 2000 und während der
Sitzung der Monitoring - Group am 31. März 2000 wurde die Wiederwahl der
österreichischen Vertreter durch die Repräsentanten der übrigen 14 EU - Staaten
durch gezielte Aktionen verhindert. Dabei wurde auch insbesondere auf die
baltischen Staaten und die anderen Beitrittswerberländer vehementer Druck
ausgeübt. Es scheint somit ein Verstoß gegen Art. 19 des EU - Vertrages
vorzuliegen. Ein weiteres Rechtsmittel ist nicht möglich.
Frage 7:
Wenn ja, welche?
Frage 8:
Gibt es dazu bereits eine Reaktion von den EU - Mitgliedsstaaten bzw. der
Kommission?
Zu Frage 7 und 8:
Ich verweise auf die Beantwortung der Fragen 5
und 6.
Frage 9:
Beabsichtigen Sie bzw. die österreichische Bundesregierung wegen dieser
Maßnahme gegenüber Hans Holdhaus eine Klage beim Europäischen
Gerichtshof?
Frage 10:
Wenn nein, warum nicht?
Zu Frage 9 und 10:
Eine Klage erscheint aufgrund der Stellungnahme des Verfassungsdienstes
(siehe Frage 3) nicht sinnvoll.
Frage 11:
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, dass in Zukunft keine österreichischen
Sportler, Administratoren und Sportorganisationen - aufgrund der bilateralen
Sanktionen der 14 gegen die österreichische Bundesregierung - diskriminiert und
von internationalen Funktionen ausgeschlossen werden?
Frage 12:
Wenn ja, welche?
Zu Frage 11 und 12:
Ich werde auch weiterhin mit aller Vehemenz gegen jede Form der
Diskriminierung eines österreichischen Sportlers oder einer Sportlerin, wie auch
aller Personen, die für den österreichischen Sport tätig sind, vorgehen. In diesem
Sinne habe ich auch Herrn Dr. Löschnak, in seiner Funktion als Präsident der
Österreichischen Bundessportorganisation, in einem Schreiben vom 17. Mai 2000
ersucht, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mittel meine politische Initiative für
den österreichischen Sport national und
international zu unterstützen.
Alle Bemühungen müssen dahin gehen, die Sanktionen aufzuheben. Ich hoffe,
dass dies in Kürze erfolgen wird und rechne dabei auch mit der Unterstützung
aller im Parlament vertretenen Parteien.