1069/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1001/J - NR/2000, betreffend
Verhinderung des von den ÖBB geplanten Kahlschlags bei den Nebenbahnen, die
die Abgeordneten Lichtenberger und FreundInnen am 5. Juli 2000 an mich gerichtet
haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Vorbemerkung:
Entsprechend den Vorgaben des durch den Gesetzgeber beschlossenen
Bundesbahngesetzes 1992 sind die Österreichischen Bundesbahnen nach
kaufmännischen Grundsätzen zu führen und zu betreiben. Die ÖBB haben die Frage
der Einstellung des Personen - und Güterverkehrs nach betriebswirtschaftlichen
Kriterien unter Berücksichtigung des Kostendeckungsgrades zu beurteilen.
Im Sinne dieser Überlegungen führen die ÖBB nach eigenen Angaben gegenwärtig
weitere eingehende betriebswirtschaftliche Analysen des Personen - und Güter -
verkehrs durch. Darüber hinaus finden mit den betroffenen Bundesländern
Gespräche statt, inwieweit Interesse an der Aufrechterhaltung des regionalen
Schienenverkehrs besteht bzw. die Bereitschaft gegeben ist, den von den ÖBB
ermittelten Betriebsabgang - trotz der von den
Bundesländern für Regionalbahnen
geleisteten Beitragszahlungen ist ein zumindest ausgeglichenes betriebs -
wirtschaftliches Ergebnis nicht für alle Strecken gegeben - abzudecken.
Anhand dieser Resultate wird dann die weitere Vorgangsweise festgelegt.
Zu den Fragen 1, 2, 5, 7, 10, 11 und 20:
Auch wenn die Absicht des Vorstandes der ÖBB besteht, bei bestimmten
Nebenbahnen den Personen - bzw. Güterverkehr oder den Betrieb der Infrastruktur
einzustellen, wird es, wie ich bereits in der "Aktuellen Stunde des Parlaments“ am
6.6.2000 feststellte, zu keinem Kahlschlag bei den Nebenbahnen kommen.
Grundsätzlich sind folgende Szenarien bei der Einstellung von Nebenbahnen
möglich:
a. Die OBB stellen den Güterverkehr oder den Personenverkehr ein
Dadurch würden freie Zugtrassen zur Verfügung stehen. Im Lichte des freien
Netzzuganges für Dritte können diese Zugtrassen von anderen konzessionierten
Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden. Das Land aber auch sonstige
Interessierte können außerdem Verkehrsdienstverträge mit diesen neuen
konzessionierten Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließen und bestimmte
Leistungen gegen Bezahlung in Auftrag geben.
b. Die ÖBB beabsichtigen den Personen - und Güterverkehr und den Betrieb der
Infrastruktur einzustellen
Diese Einstellung unterliegt den Bestimmungen des § 29 Eisenbahngesetz. D.h. die
ÖBB müssen einen Einstellungsantrag bei der Eisenbahnbehörde im BMVIT stellen.
Nach entsprechender Prüfung kann, um den Betrieb auf einer von den ÖBB
eingestellten Nebenbahn weiterhin aufrecht zu erhalten, eine öffentliche -
europaweite - Ausschreibung durchgeführt und Interessenten für die
Aufrechterhaltung des Betriebes gesucht werden. Die Ausschreibungskriterien
könnten dabei nach folgenden
Prioritäten geordnet werden:
- Betrieb der Infrastruktur und des Güter - und Personenverkehrs
- Güter - und Personenverkehr
- Personen - oder Güterverkehr
- Anschlussbahnähnlicher Betrieb
- Betrieb als Museumsbahn.
Der Bund würde in den ersten drei Fällen diesen neuen Eisenbahnunternehmen
auch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen analog zu den Regelungen für
Privatbahnen zur Verfügung stellen. Bei Übernahme des Betriebes der Infrastruktur
würden auch für Dritte die Erhaltung der Infrastruktur gemäß dem Privatbahn -
unterstützungsgesetz gefördert werden.
Dieses Procedere wird auch auf die im Motiventeil angeführten Nebenbahnstrecken
angewendet und ist derzeit noch nicht abgeschlossen.
Bezüglich der Mariazellerbahn habe ich schon mehrmals festgehalten, dass es zu
keiner Einstellung kommen wird. Die Mariazellerbahn soll sowohl betrieblich als auch
touristisch genutzt werden. Bereits im Oktober 2000 soll eine Interessentensuche für
einen Nachfolgebetreiber stattfinden. Diese Ausschreibung wird von der SCHIG
(Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft) durchgeführt.
Zu den Fragen 3, 4, 8 und 9:
Derzeit finden seitens der ÖBB, wie bereits erwähnt, weitere eingehende
betriebswirtschaftliche Analysen statt. Die bisher vorgelegten ÖBB - Daten und die
weitere Argumentation der ÖBB ist Gegenstand einer Prüfung durch das BMVIT.
Die Basis dazu bilden alle zur Verfügung stehenden Daten wie Fahrgastzahlen,
beförderte Tonnen, Deckungsgrade, Auslastung, Umsätze, Aufwendungen,
Erhaltung, Investitionen, mögliches Fahrgastwachstum, um nur einige Faktoren
beispielhaft zu nennen.
Zu Frage 6:
Lt. ÖBB - Gesetz gibt es keine
Regierungsvertreter im ÖBB - Aufsichtsrat.
Zu Frage 12:
Für Infrastrukturvorhaben auf den im Motiventeil genannten Strecken bzw.
Streckenabschnitten wurden den Österreichischen Bundesbahnen mit den bisher
erlassenen Übertragungsverordnungen (ab dem Jahr 1996) Investitionsmittel in der
Höhe von rd. 440 Mio ATS übertragen.
Zu den Fragen 13 - 19:
Hierbei handelt es sich ausschließlich um interne Unternehmensdaten der ÖBB. Das
Unternehmen ÖBB wurde mit dem Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993
hinsichtlich seines Absatzbereiches, also des Personen - und Güterverkehres, in die
wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen. Daher liegt es im Ermessen des
Vorstandes der Österreichischen Bundesbahnen, welche Daten der Geschäfts -
tätigkeit der ÖBB als interne Unternehmensdaten als vertraulich eingestuft wurden.
Zu Frage 21:
Die Antwort zu dieser Frage ist in der Beilage ersichtlich.
Zu Frage 22:
In Ergänzung zu der ÖBB - Aufstellung können aus der Sicht der Eisenbahnbehörde
beispielhaft zuletzt erlassene Bescheide angeführt werden, wonach gemäß § 29 Abs.
1 des Eisenbahngesetzes 1957 die dauernde Einstellung des ganzen oder eines
Teiles des Eisenbahnverkehrs auf folgenden Nebenbahnen der österreichischen
Bundesbahnen bewilligt wurde:
Mit Bescheiden vom 21. Mai 1997 erfolgte die Bewilligung der Einstellung des
Personenverkehrs auf den Strecken Launsdorf - Klein St. Paul, Wittmannsdorf -
Wöllersdorf, St. Paul - Lavamünd.
Derzeit sind die Verfahren betreffend eine Gesamteinstellung auf den Strecken Rohr
- Bad Hall (Oberösterreich), Weizelsdorf - Ferlach (Kärnten) und den Streckenteil
Paasdorf/Lokalbahn - Mistelbach/Lokalbahn (Niederösterreich) anhängig.
Hiezu darf auch auf die Veranlassungen im Hinblick auf Interessentensuche bei der
SCHIG verwiesen werden.
Zu Frage 23:
Nachstehende Strecken (-teile) sind zu nennen:
• Wietersdorf - Hüttenberg
• Sigmundsherberg - Zellerndorf
• Breitstetten - Orth a.d. Donau
• Ernstbrunn - Mistelbach
• Ruprechtshofen - Wieselburg a.d. Erlauf
Ich darf darauf hinweisen, dass es sich bei dem Verfahren nach § 29
Eisenbahngesetz um ein antragsbedingtes Verwaltungsverfahren handelt.
Zu Frage 24:
Mit dem letzten Fahrplanwechsel ist die Einstellung des Personenverkehrs auf der
Strecke Deutschkreutz - Lackenbach erfolgt, wobei die ÖBB in ihrer, gemäß
Eisenbahngesetz, hiezu erfolgten Anzeige an das Verkehrsministerium auf die mit
dem Land Burgenland erfolgte Abstimmung hingewiesen haben.
Zu Frage 25:
Die Bestimmungen des Eisenbahngesetzes sehen keine bestimmten Fristen für die
Stellung eines Antrages für eine dauernde oder vorübergehende Einstellung einer
Eisenbahnstrecke vor.
Streckenliste