1120/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1080/J - NR/2000, betreffend Bahnlinie
Leoben - Vordernberg, die die Abgeordneten Dobnigg und Genossen am 7. Juli 2000
an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1:
Ja, diese Pläne sind meinem Ressort vom Vorstand der ÖBB bekannt gegeben
worden.
Zu Frage 2:
Der Vorstand der ÖBB beabsichtigt, die Einstellung des Personenverkehrs ab
9.6.2001. Laut ÖBB erwachsen dem Unternehmen im Personenverkehr erhebliche
wirtschaftliche Nachteile. Einer Information der OBB zufolge ist die Auslastung der
Personenzüge sehr gering. Durchschnittlich ist eine 19 prozentige Auslastung
gegeben.
Entsprechend den Vorgaben des Bundesbahngesetzes 1992 sind die OBB nach
kaufmännischen Grundsätzen zu führen und zu betreiben. Die OBB haben die Frage
der Einstellung des Personen - und Güterverkehrs nach betriebswirtschaftlichen
Kriterien unter Berücksichtigung des Kostendeckungsgrades zu beurteilen.
Im Sinne dieser Überlegungen führen die ÖBB gegenwärtig eingehende betriebswirt -
schaftliche Analysen des Personen - und Güterverkehrs durch. Darüberhinaus finden
mit den betroffenen Bundesländern
Gespräche statt, inwieweit Interesse an der
Aufrechterhaltung des regionalen Schienenverkehrs besteht, bzw. die Bereitschaft
gegeben ist, den vorliegenden Betriebsabgang - trotz der von den Bundesländern
für Regionalbahnen geleisteten Beitragszahlungen ist ein zumindest ausgeglichenes
betriebswirtschaftliches Ergebnis nicht für alle Strecken gegeben - abzudecken.
Anhand dieser Resultate wird von den ÖBB dann die weitere Vorgangsweise fest -
gelegt, wobei dieses Procedere auch hinsichtlich der Strecke Leoben - Vordernberg
Markt angewendet wird und derzeit noch nicht abgeschlossen ist.
Die bisherigen Ergebnisse sprechen allerdings aus ÖBB - Sicht bei diesem
Streckenabschnitt für eine Einstellung des Schienenpersonenverkehrsangebotes.
Zu den Fragen 3, 4, 5, 6, 7 und 9:
Grundsätzlich sind folgenden Szenarien bei der von der ÖBB beabsichtigten
Einstellung von Nebenbahnen möglich:
a. Die ÖBB stellen den Güterverkehr oder den Personenverkehr ein.
Dadurch würden freie Zugtrassen zur Verfügung stehen. Im Lichte des freien
Netzzuganges für Dritte können diese Zugtrassen von anderen konzessionierten
Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden. Das Land, aber auch sonstige
Interessierte können außerdem Verkehrsdienstverträge mit diesen neuen
konzessionierten Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließen und bestimmte
Leistungen gegen Bezahlung in Auftrag geben.
b. Die ÖBB beabsichtigen, den Personen- und Güterverkehr und den Betrieb der
Infrastruktur einzustellen.
Diese Einstellung unterliegt den Bestimmungen des § 29 Eisenbahngesetz. D.h. die
ÖBB müssen einen Einstellungsantrag bei der Eisenbahnbehörde im BMVIT stellen.
Nach entsprechender Prüfung kann, um den Betrieb auf einer von den ÖBB
eingestellten Nebenbahn weiterhin aufrecht zu
erhalten, eine öffentliche -
europaweite - Ausschreibung durchgeführt und Interessenten für die
Aufrechterhaltung des Betriebes gesucht werden. Die Ausschreibungskriterien
könnten dabei nach folgenden Prioritäten geordnet werden:
- Betrieb der Infrastruktur und des Güter- und Personenverkehrs
- Güter - und Personenverkehr
- Personen - oder Güterverkehr
- Anschlußbahnähnlicher Betrieb
- Betrieb als Museumsbahn.
Der Bund würde in den ersten drei Fällen diesen neuen Eisenbahnunternehmen
auch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen analog zu den Regelungen für Privat -
bahnen zur Verfügung stellen. Bei Übernahme des Betriebes der Infrastruktur
würden auch für Dritte die Erhaltung der Infrastruktur gemäß dem Privatbahnunter -
stützungsgesetz gefördert werden.
Zu Frage 8:
Das Unternehmen ÖBB wurde mit dem Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993
hinsichtlich seines Absatzbereiches, also des Personen - und Güterverkehres, in die
wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen
Bestimmungen des § 1 BBG 92 obliegt daher die Tarifgestaltung im Personen - und
Güterverkehr sowie die Führung oder Nicht - Führung von Zügen der ausschließlichen
Entscheidung des Managements der ÖBB (kaufmännischer Bereich).
Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien
Entscheidung des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die
Grenzen der Geschäftsordnung des Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte
Tätigkeiten und Maßnahmen von der Zustimmung des Aufsichtsrates abhängig
machen kann.
Bei einem Weiterbetrieb der angeführten Strecken durch ein anderes Eisenbahn -
Verkehrsunternehmen stellt sich die Frage jedoch nicht.