1133/AB XXI.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Kräuter und Genossen haben am 10. Juli 2000
unter der Nr. 1129/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
„Privatisierung des staatlich bestens funktionierenden Flugrettungssystems in Österreich
und damit verbundene Verschlechterung der Überlebenschance von sozial Schwächeren
bei Unfällen" gerichtet, die ich nach den mir vorliegenden Unterlagen wie folgt beantworte:
Ich beabsichtige den Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Bund sowie dem
Christophorus Flugrettungsverein und dem ÖAMIC (beide kurz ÖAMTC - Flugrettung).
Diese Vereinbarung soll ÖAMTC - Flugrettung auf zivilrechtlicher Basis verpflichten, die
vom Bund nach den Gliedstaatsverträgen (Art. 15a B - VG) wahrzunehmenden Aufgaben
der Flugrettung solidarisch unentgeltlich zu erfüllen. Diese Konzeption entlastet das
Budget und somit den Steuerzahler und ist für die Länder kostenneutral. Für die geretteten
Menschen ergibt sich abgesehen von einer Steigerung der Qualität durch den
verpflichtenden Einsatz neuer, leistungsstärkerer, zweimotoriger Rettungshubschrauber,
keine Änderung. ÖAMTC - Flugrettung werden überdies verpflichtet, bei der Aufnahme von
Personal, Ansuchen von Piloten, Luftfahrzeugwarten und Verwaltungsbediensteten des
Bundesministeriums für Inneres aus dem Bereich Flugrettung bevorzugt zu
berücksichtigen.
Zu Frage 1:
Ziel dieser Bundesregierung ist unter anderem eine konsequente Ausgaben - und Auf -
gabenreform sowie die Konzentration der staatlichen Leistung auf Kernfunktionen und die
Auslagerung insbesondere wirtschaftsnaher und technischer Einrichtungen, um die Kosten
der Verwaltung zu reduzieren und die
öffentlichen Haushalte zu entlasten.
Mit den dem Bundesministerium für Inneres zur Verfügung stehenden finanzgesetzlichen
Krediten kann zwar der Flugbetrieb im Bereich Flugpolizei und Flugrettung voraussichtlich
im Jahre 2000 gesichert werden, für die Anschaffung neuer Reffungshubschrauber in
einer Kostenhöhe von ATS 700 bis 900 Mio. (€ 50,872.093,02 bis 65,406.976,74) stehen
jedoch keine Budgetmittel zur Verfügung. Es kann daher weder die notwendige
Modernisierung der Rettungshubschrauberflotte eingeleitet werden, noch wäre die
Aufrechterhaltung des Flugbetriebes im bisherigen Umfang ab dem Jahr 2001 gesichert.
Diesen enormen Finanzierungsbedarf können auch allenfalls vorhandene Synergieeffekte
nicht wettmachen.
Zu Frage 2:
Die zwischen dem Bund und dem Land Tirol gemäß Art. 15a B - VG abgeschlossene Ver -
einbarung verpflichtet den Bund gemäß § 4 (1) je eine Flugeinsatzstelle im Raume
Lienz/Osttirol und im Raume Innsbruck beizustellen und zu betreiben, welche die Anfor -
derungen eines Hubschraubers für Einsätze im Sinne der Vereinbarung zu erfassen, die
Hubschraubereinsätze, ausgenommen Notarzthubschrauberflüge im Raume Innsbruck, zu
organisieren und mit den Sicherheitsdienststellen zu koordinieren haben. Die Frage nach
etwaigen Mehrkosten stellt sich daher nicht.
Zu Frage 3:
Das zuletzt für den 1. August 2000 angekündigte, allerdings schon mehrfach und auch
jetzt wieder aufgeschobene Inkrafttreten der für Österreich verbindlich werdenden Richt -
linien JAR OPS 3 der JAA (Joint Aviation Authorities) sehen für den Rettungsflugbereich
die Verwendung leistungsstärkerer zweimotoriger Hubschrauber vor. Von den zehn derzeit
in Verwendung stehenden Rettungshubschraubern erfüllen nur vier diese Erfordernisse
mit der Einschränkung, dass sie nur während einer Übergangsfrist zum Einsatz kommen
können.
Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit zur Neuanschaffung aus der Überalterung
der Hubschrauberflotte und der Berücksichtigung einer Vorlaufzeit für die tatsächliche In -
betriebnahme von ca. drei Jahren. Sechs Rettungshubschrauber sind älter als zehn Jahre,
was zu immer höheren Wartungs - und Betriebskosten und immer kürzeren Umlaufzeiten
führt.
Zu Frage 4:
Dies wurde bereits seit Jahren vergeblich versucht, weil der Bund auf Grund der
Konkordate nach Art. 15a B - VG zur Durchführung von Rettungsflügen öffentlich - rechtlich
verpflichtet ist. Eine Kostenersatzpflicht des Geretteten ist in diesen Vereinbarungen nicht
vorgesehen. Insofern unterscheidet sich die rechtliche Ausgangslage der vom
Bundesministerium für Inneres besorgten Flugrettung bislang grundsätzlich von der Tätig -
keit privater Organisationen. Diese haben prinzipiell die Möglichkeit, auf der Basis von
privatrechtlichen Vereinbarungen Entgelt zu fordern.
Zu Frage 5:
Seitens des Bundesministeriums für Inneres wurde bereits vor Jahren der Entwurf eines
Bundesgesetzes über die Kosten des Hubschrauber - Rettungsdienstes (Rettungs -
kostengesetz - RKG) erarbeitet. Die primäre Zielsetzung der vorgeschlagenen
gesetzlichen Regelung besteht in der Schaffung eines Versicherungsfalles, mit der
Wirkung, dass (vielfach ohnehin bestehende) Versicherungen - künftig zur Anwendung
kommen können. Zu einer entsprechenden Beschlussfassung im Nationalrat ist es aber
bisher nicht gekommen.
Zu den Frage 6 und 7:
In meinem Ressort gibt es diesbezüglich keine Geheimpapiere.
Zu Frage 8:
Ich habe alle Landeshauptleute entsprechend informiert. Auch auf Beamtenebene sind die
Vertreter der Ämter der Landesregierungen am 13.7.2000 im Bundesministerium für
Inneres umfassend informiert worden.
Zu Frage 9:
Mit dieser Bemerkung wollte ich einerseits klar machen, dass der Bund keine Kündigung
der Art. 15a B - VG Verträge beabsichtigt und damit auf die Vertragstreue des Bundes
gegenüber den Ländern hinweisen und andererseits darauf, dass Menschen in
Notsituationen in dem Bereich der Flugrettung auch künftig mit gleicher bzw. noch
besserer Qualität rechnen können.
Zu Frage 10:
Ich bitte Sie, diese Frage an die Frau Landeshauptmann zu richten.
Zu Frage 11:
Die beabsichtigte Aufgabenübertragung ist keine „Privatisierung“ sondern eine
Auslagerung, die den Umfang der bestehenden Art der Flugrettung umfasst.
ÖAMTC - Flugrettung werden überdies vertraglich verpflichtet, Kostenersätze vorrangig zur
Kostenabdeckung und gegebenenfalls zur Verbesserung des Hubschrauber -
Rettungsdienstes, insbesondere auch im Interesse der Länderaufgaben, zu verwenden.