1143/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1150/J - NR/2000, betreffend Ausbau
der ,,Alemagna", die die Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen und Freunde am
13. Juli 2000 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zu den Fragen 1 bis 3:
Zunächst ist im Zusammenhang mit den Vorhaben "Alemagna - Autobahn" zu
betonen, dass die ablehnende Position Österreichs nach wie vor aufrecht bleibt.
Die „Alemagna - Autobahn“ stand in Österreich weder in der Vergangenheit
(Masterplan 1998 sowie GSD - Studie) zur Diskussion noch wird sie gegenwärtig im
Rahmen der Erstellung des Österreichischen Bundesverkehrswegeplans
untersucht. Auch das Bundesstraßengesetz 1999 sieht im Raum Osttirol keine
weitere hochrangige Bundesstraßenverbindung vor. Eine Verwirklichung der
„Alemagna - Autobahn“ auf österreichischem Staatsgebiet erscheint zum
gegenwärtigen Zeitpunkt daher
ausgeschlossen.
Die „Alemagna - Autobahn" ist auch im Zusammenhang mit den gegenwärtig
festgelegten Transeuropäischen Netzen nicht vorgesehen. Die im Juli 1996
verabschiedete Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen
Verkehrsnetzes sieht keine derartige Straßenverbindung zwischen Deutschland,
Österreich und Italien vor.
Außerdem darf in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Entwicklung betreffend
das Verkehrsprotokoll zur Alpenkonvention hingewiesen werden. Beim 15. Ständigen
Ausschuss am 30./31. März 2000 in Chäteau d‘Oex/Schweiz konnte nämlich
erfreulicherweise eine internationale Einigung über die bis dahin noch strittigen
Punkte des Verkehrsprotokolls erzielt werden. Unter anderem sieht Artikel 8 Absatz 2
dieses auf Ebene des Ständigen Ausschusses akkordierten Entwurfs vor, dass
Planungen für Verkehrsinfrastrukturen zu koordinieren und zu konzertieren sind.
Jede Vertragspartei der Alpenkonvention, d.h. auch Italien, verpflichtet sich bei
Vorhaben mit erheblichen grenzüberschreitenden Auswirkungen vorherige
Konsultationen mit den davon betroffenen Vertragsparteien durchzuführen.
Ausgenommen hiervon sind nur solche Vorhaben, die zum Zeitpunkt der Annahme
des Verkehrsprotokolls bereits rechtlich beschlossen sind oder deren Bedarf
gesetzlich festgestellt ist.
Der genannte Entwurf wurde unter anderem auch von der internationalen
Alpenschutzkommission (CIPRA) und dem Österreichischen Alpenverein begrüßt.
Der akkordierte Protokollentwurf wurde nun den Signatarstaaten zur nationalen
Vernehmlassung sowie späteren Verabschiedung durch die Umweltminister bei der
nächsten Alpenkonferenz im Oktober dieses Jahres weitergeleitet. Somit erscheint
aus Sicht des BMVIT die Finalisierung des Verkehrsprotokolls bis zum Ende dieses
Jahres bzw. Anfang 2001 realistisch.
Neben den politischen und rechtlichen Aspekten sprechen aber auch Raumstruktur
und Verkehrsnachfrage gegen den Bau einer neuen alpenquerenden Verbindung
("Alemagna") zwischen Brenner
- und Tauernautobahn:
Diese beiden bestehenden Straßenverbindungen verbinden Ballungsräume nördlich
und südlich der Alpen verhältnismäßig direkt miteinander. Dennoch weisen sie -
abgesehen von saisonalen oder Wochenendspitzen - noch reichlich
Kapazitätsreserven auf (wenngleich insbesondere längs der Brennerachse die
Akzeptanz für weitere Verkehrszunahmen beschränkt ist).
Für eine zusätzliche parallele Verbindung zwischen diesen beiden Achsen besteht
schon aufgrund der Raumstruktur nur geringes großräumiges Nachfragepotential.
Für die meisten wichtigen Relationen in Nordsüdrichtung würde sich damit nämlich
keine oder keine wesentliche Verkürzung gegenüber den bestehenden
Straßenverbindungen ergeben. Hauptfunktion wäre die eher kleinräumige
Erschließung des Südalpenraums zwischen Dolomiten und Karnischen Alpen aus
dem Großraum Venedig, die auch der bereits bestehenden Infrastruktur (Autobahn
Venedig - Raum Belluno) entspricht.
Diesem vergleichsweise geringen verkehrlichen Nutzen stehen allein schon durch
den Bau und durch Zerschneidungseffekte eine massive Beeinträchtigung und
Entwertung einer auch touristisch sehr wertvollen Kulturlandschaft und zusätzliche
Belastungen von Mensch und Umwelt in den betroffenen Talschaften entgegen,
ohne dass dem auch nur annähernd gleichwertige Entlastungseffekte in
bestehenden Korridoren entsprechen würden.