1151/AB XXI.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Karl Öllinger,
Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend
„Umgang mit sogenannten ‚schlagenden Verbindungen'" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1, 5, 6 und 9:
Schon zur Zeit der Geltung des Strafgesetzes mit dessen ausdrücklicher Regelung
des Zweikampfes im 19. Hauptstück wurde die einhellige Meinung vertreten, dass
Studentenmensuren nicht den Tatbestand des Zweikampfes erfüllen und dass
Verletzungen bei solchen Mensuren nach den allgemeinen Regelungen bzw. als
Sportverletzungen zu beurteilen wären (vgl. FOREGGER/SERINI, MTA StG3 Anm. I.
zu § 158 StG; NOWAKOWSKI, Das österreichische Strafrecht in seinen Grundzü -
gen, 140; RITTLER, Lehrbuch des österreichischen Strafrechts II2, 35ff.;
ALTMANN/JACOB, Kommentar zum österreichischen Strafrecht I, 395f.;
MALANIUK, Lehrbuch des Strafrechtes II,1. Teil, 49).
Nach geltendem Recht wäre zunächst allgemein auf die Einwilligung des Verletzten
im Rahmen des § 90 StGB zu verweisen. Hiezu wird als herrschende Meinung
vertreten, dass Gegenstand der Einwilligung grundsätzlich der Erfolg und nicht die
Handlung ist. Die Einwilligung in eine bloße Gefährdung rechtfertige daher nur
diese, nicht aber eine sodann tatsächlich eingetretene Körperverletzung (vgl.
LEUKAUF/STEININGER, StGB3, RN 10 zu § 90 mwN). Eine konsensual eingetre -
tene Verletzung dürfe nicht zu schwer sein, weil sonst das Sittenwidrigkeitskorrektiv
eingreife (vgl. BURGSTALLER, Wiener Kommentar zum StGB, RN 171 zu § 90).
Nach anderer Meinung könne Gegenstand der
Einwilligung in Wahrheit nur die mehr
oder weniger riskante Handlung des Täters sein; wenn die Einwilligung des Opfers
wirksam sei, sei die Handlung des Täters rechtmäßig und könne später, wenn es zu
einer schweren Verletzung kommt, nicht wieder rechtswidrig werden (vgl.
BERTEL/SCHWAIGHOFER, Österreichisches Strafrecht Besonderer Teil5, RN 2 zu
§ 90).
Was nun Sportverletzungen anlangt, wird heute überwiegend davon ausgegangen,
dass bei Verletzungen (bzw. Gefährdungen), die sich als Realisierung des typischen
Risikos anerkannter Sportarten darstellen, mangels objektiver Sorgfaltswidrigkeit
schon der Tatbestand des in Betracht kommenden Körperverletzungs - (bzw. Gefähr -
dungs - )delikts nicht erfüllt sei. Damit reduziere sich der Anwendungsbereich des
§ 90 Abs. 1 auf Sportverletzungen bzw. - gefährdungen, die auf objektiv sorgfaltswid -
riges Verhalten im Rahmen der Ausübung der betreffenden Sportart zurückzuführen
sind (vgl. LEUKAUF/STEININGER, aaO, RN 18 mwN).
Meines Erachtens sind Körperverletzungen im Rahmen studentischer Mensuren
nach den vorstehenden Grundsätzen und einzelfallbezogen zu beurteilen.
Zu 2, 7 und 8:
Bei Vorliegen konkreter Verdachtsmomente, dass austrittswillige Burschenschafter
bedroht oder attackiert würden, hätten die Anklagebehörden von Amts wegen tätig
zu werden.
Den Berichten der Staatsanwaltschaften zufolge haben die Anklagebehörden bisher
weder im Wege förmlicher Anzeigen bzw. Sachverhaltsmitteilungen noch auf andere
Weise Kenntnis von konkreten Fällen erlangt, in denen Verletzungen im Zuge von
Mensuren zugefügten werden. Deshalb wurden die in der Anfrage bezeichneten
Tathandlungen bisher einer strafrechtlichen Überprüfung in einem konkreten Verfah -
ren nicht unterzogen.
Zu 3:
Ich sehe keine Parallelen zwischen „schlagenden Verbindungen“ und Sekten.
Zu 4:
Ich glaube nicht, dass es eines besseren Schutzes junger Männer vor der Anwer -
bung durch schlagende Verbindungen bedarf.