1154/AB XXI.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Moser, Freundinnen und Freunde haben am
13. Juli 2000 unter der Nr. 1140/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend Weiterentwicklung des österreichischen Grundrechtskataloges gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den in der Anfrage genannten Zielsetzungen wird Folgendes bemerkt:
. Zur Zielsetzung „sofortige Aufhebung der von Mitgliedern der Exekutive unge -
rechtfertigt verhängten Strafmandate gegen einzelne StaatsbürgerInnen“:
Vorweg sei festgehalten, dass Strafmandate - also Organstrafverfügungen im
Sinne des § 50 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - nicht ,,verhängt" werden,
sondern dem von einem Exekutivorgan Beanstandeten die Vermeidung eines
Verwaltungsstrafverfahrens ermöglichen. Schon die Nichtbezahlung des für die
Übertretung festgesetzten Strafbetrages macht eine Organstrafverfügung gegen -
standslos (§ 50 Abs. 6 Verwaltungsstrafgesetz).
Nach meiner Ansicht eignet sich die „Aufhebung der von Organen der Exekutive
ungerechtfertigt verhängten Strafmandate“ nicht zur Aufnahme in den Grund -
rechtskatalog.
• Zur Zielsetzung "Ausbau Österreichs als umfassende Gemeinschaft gleichbe -
rechtigter BürgerInnen, die
allen gleiche Rechte und Pflichten garantiert“:
Die Gleichheit aller Staatsbürgerinnen und - bürger ist insbesondere durch Art. 7
Abs. 1 Bundes - Verfassungsgesetz und Art. 2 Staatsgrundgesetz verfassungsge -
setzlich gewährleistet. In Verbindung mit der zu dieser Verfassungsrechtslage
ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes er -
scheint dem genannten Ziel in umfassender Weise bereits jetzt Rechnung getra -
gen.
. Zur Zielsetzung „Sicherstellung, dass Österreich das Grundrecht des aktiven und
passiven Wahlrechts bei allen Wahlen jeder Bürgerin/jedem Bürger einräumt und
den freien Wettbewerb aller demokratischen Parteien insbesondere durch Ausbau
der Minderheitsrechte im Nationalrat sowie die Versammlungsfreiheit für alle Bür -
gerInnen achtet":
Das allgemeine und gleiche Wahlrecht ist insbesondere durch Art. 26 Abs. 1
Art. 95 Abs. 1 und Art. 117 Abs. 2 Bundes - Verfassungesetz verfassungsgesetz -
lich gewährleistet. Gemäß Art. 19 Abs. 1 EGV und Art. 117 Abs. 2 Bundes - Ver -
fassungsgesetz kommt das aktive und passive Wahlrecht zum Gemeinderat auch
den Staatsbürgerinnen und - bürgern anderer Mitgliedstaaten der Europäischen
Union zu. Auch das Recht auf Versammlungsfreiheit ist durch Art. 12 Staatsgrund -
gesetz und Art. 11 Europäische Menschenrechtskommission bereits jetzt verfas -
sungsgesetzlich gewährleistet.
Der Ausbau der Minderheitsrechte im Nationalrat wäre im übrigen eine Angele -
genheit der Geschäftsordnung des Nationalrates.
. Zur Zielsetzung „klare Aufgabenteilung zwischen der Bundesebene und den Bun -
desländern sowie Aufwertung von Regionen
Das bundesstaatliche Prinzip ist eines der Grundprinzipien der österreichischen
Bundesverfassung. Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern findet sich
insbesondere in den Art. 10 bis 15 Bundes - Verfassungsgesetz. Die Entscheidung
von Kompetenzkonflikten und die Feststellung der Kompetenzen obliegt gemäß
Art. 138 Bundes - Verfassungsgesetz dem Verfassungsgerichtshof. Ein unmittel -
barer Zusammenhang zwischen einer „Weiterentwicklung des österreichischen
Grundrechtskataloges" und dem in Rede stehenden Ziel ist allerdings nicht er -
kennbar.
• Zur Zielsetzung „Sicherstellung eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei behaupte -
ter Verletzung von Grundwerten der Republik mit richterlicher Kontrolle und gene -
reller Gewährung aufschiebender Wirkung“:
Das rechtsstaatliche Prinzip ist eines der Grundprinzipien der österreichischen
Bundesverfassung. Gemäß Art. 92 Abs. 1 Bundes - Verfassungsgesetz ist der
Oberste Gerichtshof oberste
Instanz in Zivil - und Strafsachen. Nach Maßgabe der
Bestimmungen des Sechsten Hauptstückes des Bundes - Verfassungsgesetzes
sind die unabhängigen Verwaltungssenate und der Verwaltungsgerichtshof zur
Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung und der
Verfassungsgerichtshof zur Sicherung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzge -
bung berufen.