1184/AB XXI.GP
Eingelangt am:02.11.2000
Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft
und Kultur
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1229/J - NR/2000 betreffend Antrag der Lindenschule
um Aufnahme in das öffentliche Schulsystem als Schulversuch, die die Abgeordneten
DDr. Erwin Niederwieser und Genossen am 5. September 2000 an mich richteten, wird wie folgt
beantwortet:
Ad 1.:
Der Antrag ist mir bekannt.
Ad 2.:
Da die „Lindenschule“ eine Pflichtschule ist, fällt sie in den Kompetenzbereich der Länder. Seitens
des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur kann keine Unterstützung erfolgen.
Ad 3.:
Die „Lindenschule“ als Privatschule mit eigenem Statut gemäß § 14 Abs. 2 Privatschulgesetz kann
in dieser Organisationsform nicht von der Stadt Innsbruck als gesetzlicher Schulerhalter
„übernommen“
werden.
Ad 4. + 5.:
Wie bereits in der Anfrage zum Ausdruck gebracht, handelt es sich bei der „Lindenschule“ um eine
Privatschule, die keiner gesetzlich geregelten Schulart im Sinne des Schulorganisationsgesetzes
entspricht; dies unterscheidet diese Privatschule wesentlich von den öffentlichen Schulen der
gesetzlichen Schulerhalter (im Pflichtschulbereich: Volksschule, Hauptschule, Sonderschule[n],
Polytechnische Schule). Daher wurde der "Lindenschule" auch ein eigenes Organisationsstatut
(samt speziellem Lehrplan nach den pädagogischen Vorstellungen des Schulerhalters) vom
damaligen Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten genehmigt. Wenn nun
der Schulerhalter ins öffentliche Schulsystem eingebunden werden will, hat er die Möglichkeit
a) die Privatschule als private Volksschule (nach den gesetzlichen Regelungen für die
öffentlichen Volksschulen) zu führen; damit verlässt er aber sein spezielles pädagogisches
Konzept und muss sich an den bildungskonzeptionellen Vorgaben des Staates (als
Kennzeichen des öffentlichen Schulsystems) orientieren,
b) dass diese Schule von der Stadt Innsbruck als öffentliche Volksschule übernommen wird:
Konsequenz ist, dass damit der Status als Privatschule endet. Die Stadt Innsbruck darf nur
öffentliche Volksschulen führen und keine privaten, da sie gesetzlicher Schulerhalter ist.
In beiden Fällen muss aufgrund des Privatschulgesetzes der Status der „Lindenschule“ als Schule
mit eigenem Organisationsstatut geändert werden.
Ad 6.:
Die Erhaltung der Pflichtschulen fällt in die Kompetenz der Länder, seitens des
Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur ist hiefür keine Zuständigkeit gegeben.
Ad 7. - 9.:
Die verschiedene Behandlung konfessioneller und nichtkonfessioneller Privatschulen ist nicht als
Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes anzusehen, weil die öffentlichen Schulen - ebenso wie die
nichtkonfessionellen Privatschulen - interkonfessionell sind und die konfessionellen Privatschulen
daher eine Ergänzung des öffentlichen Schulwesens darstellen, die es den Eltern (im Sinne des
Art. 2 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten)
erleichtert, die ihrer religiösen Auffassung entsprechende Erziehung ihrer Kinder frei zu wählen.
Der Verfassungsgerichtshof hat auch - damit übereinstimmend - mit Beschluss vom
27. Februar 1990, Zahl B 1590/88 - 6, von der Behandlung einer Beschwerde gegen die ungleiche
gesetzliche Regelung
für die konfessionellen und nichtkonfessionellen Privatschulen „vor
dem
Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz und des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte“ mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg
abgesehen.
Die Europäische Kommission für Menschenrechte des Europarates hat 1994 die Beschwerde
Nr. 23419/94 eines schulerhaltenden Vereines als unzulässig erklärt, weil die unterschiedliche
Behandlung kirchlicher Schulen (Subventionierung gemäß § 17 Privatschulgesetz) und der Schule
des antragstellenden Vereins (Subventionierung gemäß § 21 Privatschulgesetz) im Hinblick auf
Art. 14 der Konvention gerechtfertigt werden kann; zur Begründung wurde angeführt, dass
kirchliche Schulen soweit verbreitet sind, dass - wenn die von ihnen erbrachten
Erziehungsleistungen vom Staat zu erbringen wären - dies für den Staat eine erhebliche Belastung
bedeuten würde.