1204/AB XXI.GP

Eingelangt am: 30.10.2000

BM f. soziale Sicherheit und Generationen

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an meine Vorgängerin gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde, betreffend

Reparaturen und bedürfnisgerechte Anpassung von Hilfsmitteln und Heil -

behelfen, Nr. 1204/J, wie folgt:

 

Zunächst ist einleitend ganz allgemein zum gesetzlichen Leistungsumfang der

gesetzlichen Krankenversicherung im Zusammenhang mit der Leistung von Heil -

behelfen und Hilfsmitteln Folgendes festzuhalten:

 

Gemäß § 154 ASVG (bzw. den entsprechenden Parallelbestimmungen) kann die

Satzung des Krankenversicherungsträgers bei Verstümmelungen, Verunstaltungen

und körperlichen Gebrechen, welche die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit oder die

Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wesentlich

beeinträchtigen, Zuschüsse für die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel sowie

für deren Instandsetzung vorsehen.

 

Nach der Legaldefinition des § 154 ASVG sind als Hilfsmittel solche Gegenstände

oder Vorrichtungen anzusehen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzu -

länglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Verstümmelung, Verun -

staltung oder einem Gebrechen verbundene körperliche oder psychische Beein -

trächtigung zu mildern oder zu beseitigen. Die durch die Satzung festzulegende

Höhe der Kostenzuschüsse für Hilfsmittel ist durch gesetzliche Höchstbeträge be -

grenzt; überdies haben die Versicherten einen Kostenanteil in Höhe eines gesetzlich

festgelegten Mindestbetrages zu tragen.

 

In Ausübung dieser Ermächtigung haben die Krankenversicherungsträger in ihren

Satzungen durchwegs Zuschüsse für Hilfsmittel vorgesehen (in einem je nach Ver -

sicherungsträger unterschiedlichen Ausmaß).

 

Darüber hinaus wurden im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung im Rah -

men der 50. Novelle zum ASVG und den entsprechenden Parallelbestimmungen der

anderen Sozialversicherungsgesetze als neue Leistung u.a. die medizinischen

Maßnahmen der Rehabilitation in der Krankenversicherung eingeführt. Gemäß

§ 154a ASVG (bzw. den entsprechenden Parallelbestimmungen) gewähren die

Krankenversicherungsträger, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder

die Folgen der Krankheit zu erleichtern, im Anschluss an die Krankenbehandlung

nach pflichtgemäßem Ermessen und nach Maßgabe des in § 133 Abs. 2 ASVG

statuierten Ökonomiegebotes („ausreichend und zweckmäßig, das Maß des Not -

wendigen nicht überschreitend") medizinische Maßnahmen der Rehabilitation mit

dem Ziel, den Gesundheitszustand der Versicherten und ihrer Angehörigen so weit

wiederherzustellen, dass sie in der Lage sind, in der Gemeinschaft einen ihnen an -

gemessenen Platz möglichst dauerhaft und ohne Betreuung und Hilfe einzunehmen;

diese Maßnahmen umfassen nach § 154a Abs. 2 ASVG die Unterbringung in

Rehabilitationseinrichtungen und die Gewährung von notwendigen Hilfsmitteln sowie

damit im Zusammenhang stehende ärztliche Hilfe und Reise - und Transportkosten.

Diese gesetzliche Regelung legt damit als Voraussetzung für eine derartige Leistung

der medizinischen Rehabilitation eine abgeschlossene Krankenbehandlung fest und

definiert die Zielsetzung der Rehabilitation unter Bezugnahme auf die Kranken -

behandlung. Eine Kostenübernahme aus Mitteln der Krankenversicherung kommt

allerdings nur dann in Betracht, wenn es sich um Maßnahmen im Rahmen der

medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung handelt; nicht zum Auf -

gabenbereich der Krankenversicherung sind hingegen solche Maßnahmen zu zäh -

len, die als Maßnahmen der beruflichen und sozialen Rehabilitation anzusehen sind.

 

Wesentlich festzuhalten ist im gegenständlichen Zusammenhang aber die Tatsache,

dass im Rahmen der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation gemäß § 154a

ASVG gewährte Hilfsmittel zur Gänze von der gesetzlichen Krankenversicherung

übernommen werden und daher von dem bzw. der Versicherten kein Kostenanteil

zu tragen ist.

 

Hinsichtlich der Heilbehelfe bestimmt § 137 Abs. 1 ASVG, dass diese „dem Ver -

sicherten ... in einfacher und zweckentsprechender Ausführung ... zu gewähren“

sind. Das Ausmaß der vom Versicherungsträger zu übernehmenden Kosten darf

dabei einen durch die Satzung festzusetzenden Höchstbetrag nicht übersteigen,

wobei das Gesetz als Höchstgrenze den zehnfachen Messbetrag gemäß § 108b

ASVG vorsieht.

 

Aus den genannten Bestimmungen der §§ 137 und 154 ASVG wird deutlich, dass

bereits der Gesetzgeber eine Höchstgrenze der Kostenübernahme bzw. des Kosten -

zuschusses vorgesehen und die Festsetzung der konkreten Höhe der Leistung dem

jeweiligen Träger im Rahmen der Satzung überantwortet hat.

 

In diesem Zusammenhang ist daher überdies auf die Bestimmung des § 121 Abs. 3

ASVG hinzuweisen, wonach die Festsetzung satzungsmäßiger (Mehr)Leistungen

- im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben - unter Bedachtnahme auf die finanzielle

Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers und das wirtschaftliche Bedürfnis der

Versicherten zu erfolgen hat.

 

Keinen Kostenanteil hat der bzw. die Versicherte dagegen im Rahmen der Hilfs -

mittelgewährung aus dem Titel der Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation

nach § 1 54a ASVG zu tragen.

Eine Ausweitung des beschriebenen derzeitigen Leistungsniveaus kann - in Anbe -

tracht der bekannt prekären finanziellen Situation der krankenversicherungsträger  -

aus meiner Sicht daher derzeit nicht in Betracht kommen.

 

In diesem Sinne haben im Übrigen sowohl meine Vorgängerin, Frau Bundes -

ministerin Dr. Sickl, als auch Staatssekretär Dr. Waneck die Krankenversicherungs -

träger dazu aufgefordert, ihre satzungsmäßigen (Mehr)leistungen (zu denen wie

ausgeführt auch die Hilfsmittelgewährung bzw. die Zuschussgewährung zu Heil -

behelfen zählt) dahingehend zu überprüfen, ob sie der jeweiligen finanziellen Lage

der einzelnen Versicherungsträger angemessen sind.

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Verbandskonferenz des Hauptverbandes

der österreichischen Sozialversicherungsträger in ihrer Sitzung vom

19. September 2000, in Befolgung der entsprechenden gesetzlichen Anweisung des

§ 455 Abs. 2 ASVG i.d.F. SRÄG 2000 nunmehr im Rahmen der ersten Änderung der

Mustersatzung 1999 eine verbindliche Bandbreitenregelung beschlossen hat. Diese

Regelung sieht für den Bereich der Heilbehelfe und Hilfsmittel eine verbindliche

Bandbreite zwischen dem 3 - fachen und dem 8 - fachen des Messbetrages (§ 108b

ASVG) vor.

 

Zu den konkreten, von den anfragenden Abgeordneten gestellten Fragen führe ich

- nach den oben gemachten allgemeinen Feststellungen - ergänzend Folgendes aus:

 

Frage 1 und 2:

 

Eine vollständige Finanzierung von Heilbehelfen und Hilfsmitteln ist vom Gesetz -

geber (auch in der Vergangenheit) - mit Ausnahme der Hilfsmittel im Rahmen der

Maßnahmen im Rahmen der medizinischen Rehabilitation nach § 154a ASVG - nicht

vorgesehen (gewesen). Angesichts der oben ausführlich dargelegten Umstände

plane ich derzeit auch nicht, dem Parlament eine Änderung dieser Rechtslage vor -

zuschlagen.

Frage 3:

 

Die Beantwortung der Frage, inwieweit eine Befreiung von der Umsatzsteuer für

Heilbehelfe bzw. Hilfsmittel möglich ist, fällt wohl primär in den Zuständigkeitsbereich

des Bundesministers für Finanzen. Es darf allerdings zu bedenken gegeben werden,

dass die gegenständlichen Regelungen erst nach langem Diskussionsprozess und in

ständigem Vergleich mit der europarechtlichen Rechtslage festgelegt werden konn -

ten. Ob und inwieweit eine Änderung und der damit verbundene Eingriff in dieses

Regelwerk auch europarechtlich möglich ist, scheint daher fraglich.

 

                                               Mit freundlichen Grüßen


                                                  Der Bundesminister: