1247/AB XXI.GP

Eingelangt am:20.11.2000

 

DER BUNDESMINISTER

FÜR JUSTIZ

 

 

 

zur Zahl 1248/J - NR/2000

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Beate Schasching, Genossinnen und Genossen

haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Sucht ist eine Krankheit wie

andere auch!“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

 

Die Unterstützung psychotherapeutischer Forschung fällt nicht in den Zuständig -

keitsbereich des Bundesministeriums für Justiz.

 

Zu 2:

 

Wie bereits mehrfach auch in der Öffentlichkeit von mir betont wurde, wird das in

Österreich herrschende Prinzip „Helfen statt Strafen“ nicht in Frage gestellt; daher

sind auch therapeutische Behandlungen für Süchtige weiterhin zu unterstützen.

Hinsichtlich der finanziellen Unterstützung ist das Bundesministerium für Justiz auf

Grund einer subsidiären Ausfallshaftung nach dem Suchtmittelgesetz unter

bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, die Kosten für gesundheitsbezogene und

Behandlungsmaßnahmen zu übernehmen.

 

Zu 3:

 

Für das Jahr 1999 betrug der finanzielle Aufwand für Therapiekosten ca. 61 Millio -

nen Schilling.

 

Die genaue Höhe der anfallenden Kosten lässt sich nicht vorhersagen, weil das

Bundesministerium für Justiz, wie oben ausgeführt, gesetzlich zu einer kostentra -

gung nur in bestimmten Fällen verpflichtet ist; der genaue Anfall an vom Bundesmi -

nisterium für Justiz zu übernehmenden Kosten lässt sich nicht vorhersagen, zumal

die Zahl der Therapiefälle u.a. auch von der Anzeigenentwicklung und dem sich

daraus ergebenden justiziellen Verfahren abhängig ist.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass - um eine Vereinheitlichung der zu ersetzenden

Kosten an die einzelnen Therapieeinrichtungen zu erreichen - vom Bundesministe -

rium für Justiz mit fünf gemäß § 15 SMG anerkannten Einrichtungen und Vereini -

gungen, nämlich Medizinische, psychologische und psychotherapeutische

Gesundheits - und Heilstätte Schweizer Haus Hadersdorf GmbH, Verein Grüner

Kreis, Verein DIALOG, Verein zur Eindämmung des Suchtgiftwesens - P. A. S. S.

sowie Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit - Drogenberatungsstelle

CHANGE gemäß § 41 Abs. 3 SMG privatrechtliche Verträge abgeschlossen

wurden, in denen die zu verrechnenden bzw. zu ersetzenden Pauschalsätze für die

einzelnen Therapiemaßnahmen festgelegt sind. Diese Pauschalsätze verhindern ein

Ausufern der Therapiekosten, sie sind für die Einrichtungen besser kalkulierbar und

erleichtern die Arbeit der Gerichte. Mit Erlass vom 25. Juli 2000 wurden den Gerich -

ten und Staatsanwaltschaften diese Pauschalsätze für die Therapiekosten zur

Kenntnis gebracht.

 

Zu 4:

 

Es ist allgemein anerkannt und wissenschaftlich belegt, dass Drogenabhängigkeit

als Krankheit in einem psychosozialen Zusammenhang zu definieren ist. Daher wird

der allgemein - auch international - eingeschlagene Weg des Grundsatzes „Therapie

statt Strafe“ beibehalten werden; Süchtige, die Delikte von geringerer oder mittlerer

Schwere begehen, können durch Hilfe besser als durch strenge Bestrafung zum

eigenen Nutzen und dem der Allgemeinheit resozialisiert werden. Gegen Drogen -

händler ist jedoch mit aller Härte vorzugehen. Dieser Weg wird sowohl auf EU - als

auch auf UNO - Ebene verfolgt und entspricht der „Einzigen Suchtgiftkonvention der

Vereinten Nationen 1961“ in der Fassung des Zusatzprotokolls von 1972; deren

Artikel 36 verpflichtet die Vertragsstaaten zwar, jeden konventionswidrigen Umgang

mit Suchtgift mit Strafe zu bedrohen, nach der gleichen Bestimmung müssen die

Vertragsstaaten aber Süchtige für Suchtgiftdelikte nicht bestrafen, sondern können

statt dessen (Alternativ)Maßnahmen der Behandlung, der Rehabilitation oder der

sozialen Wiedereingliederung vorsehen.

Zu 5:

 

Hinsichtlich der Konsequenzen ist auf die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes

zu verweisen.

 

Das Suchtmittelgesetz sieht Alternativen zur sofortigen Strafverfolgung und Bestra -

fung für süchtige Delinquenten vor, wie etwa die Anzeigenzurücklegung unter

Bestimmung einer Probezeit oder den vorläufigen Strafaufschub.

 

Zu 6:

 

Das derzeit geltende Prinzip ist durchaus angemessen und vertretbar; die derzeiti -

gen Bestimmungen sind ausreichend.

 

Wie bereits oben ausgeführt, gibt es nach der herrschenden Gesetzeslage im

unteren und mittleren Delinquenzbereich unter gewissen Voraussetzungen sowohl

die Möglichkeit der Anzeigenzurücklegung unter Bestimmung einer Probezeit und

allenfalls Durchführung einer Therapie als auch jene des Strafaufschubes und

Absolvierung einer Therapie.

 

Wenn diese Möglichkeiten nicht bzw. erfolglos wahrgenommen wurden, so scheint

sowohl aus spezial -  als auch aus generalpräventiven Überlegungen die Einleitung

bzw. Fortsetzung eines Strafverfahrens bzw. des Vollzugs einer Freiheitsstrafe

geboten.

 

Zu 7:

 

Auch hier kann auf die geltenden Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes verwiesen

werden.

 

Es ist Angelegenheit der unabhängigen Rechtsprechung, in die nicht eingegriffen

werden darf, im Rahmen der vom Gesetz vorgegebenen Strafrahmen die jeweilige

Strafe festzusetzen.

 

Eine Änderung der derzeitigen Strafrahmen für Süchtige, bei denen die Sucht als

erwiesen anzusehen ist, wird nicht angestrebt, weil die bestehenden - Vergleich mit

anderen EU - Staaten - als ausreichend angesehen werden.

 

Zu 8 bis 10:

 

Die Festsetzung, bei welchen Berufsgruppen allenfalls Drogentests durchgeführt

werden sollen, liegt nicht in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz. Für

den öffentlichen Dienst wird hiefür wohl das Bundesministerium für öffentliche

Leistung und Sport im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Ressort diese

Frage abzuklären haben.

 

Zu 11 und 13:

 

Wie bereits eingangs erwähnt, besteht nach dem Suchtmittelgesetz eine subsidiäre

Ausfallshaftung des Bundes zur Tragung von Therapiekosten unter bestimmten

Voraussetzungen; eine der Voraussetzungen ist, dass die Therapie in einer nach

§ 15 SMG anerkannten Einrichtung durchgeführt wird. Die in diesen Einrichtungen

anlaufenden Therapiekosten werden, sofern sämtliche Voraussetzungen für die

Kostentragungspflicht des Bundes vorliegen, auch vom Bund weiterhin zu bezahlen

sein. Der genaue Umfang kann für die Zukunft nicht vorhergesagt werden, da dieser

von der Anzahl der Fälle, in denen diese Haftung des Bundes zum Tragen kommt,

abhängt.

 

Zu 12:

 

Die nach § 15 SMG anerkannten Einrichtungen und Vereinigungen sind vom

Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen im Bundesgesetzblatt

kundzumachen.