1270/AB XXI.GP

Eingelangt am: 21. 11. 2000

 

DER BUNDESMINISTER

FÜR JUSTIZ

 

zur Zahl 1268/J - NR/2000

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und Genossinnen haben an

mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Drogenbereich - Bundeszuschüsse“

gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1. 2. 3. 5 und 6:

 

Ausgaben des Justizressorts im Drogenbereich fallen in der Zentralstelle, bei den

Gerichten, den Staatsanwaltschaften sowie im Strafvollzug und der Bewährungshilfe

an. In der Haushaltsverrechnung ausgewiesen werden die Ausgaben für gesund -

heitsbezogene Maßnahmen bei vorläufiger Zurücklegung der Anzeige durch die

Staatsanwaltschaft, bei vorläufiger Einstellung durch das Gericht, bei Aufschub des

Strafvollzuges sowie die Kosten der Behandlung von drogenabhängigen Rechtsbre -

chern nach Verurteilung oder bedingter Entlassung auf Grund gerichtlicher Weisung.

Das Bundesministerium für Justiz ist nicht zuständig für Suchtprävention bzw.

Beratung und Information, sodass hiefür auch nicht von diesem Ressort finanzielle

Aufwendungen getätigt werden.

 

Für die Justiz besteht nach § 41 Suchtmittelgesetz eine subsidiäre Ausfallshaftung

zur Tragung von Therapiekosten unter bestimmten Voraussetzungen. 1998 hat das

Bundesministerium für Justiz auf Grund dieser gesetzlichen Kostenersatzpflicht rund

54 Mio S für medizinische und therapeutische Behandlung Suchtmittelabhängiger

aufgewendet, 1999 waren es 60,8 Mio S. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen

kann grob geschätzt werden, dass rund 80 % der insgesamt pro Jahr aufgewende -

ten Mittel für Kosten einer stationären Therapie nach § 39 SMG anfallen.

Dazu kommen noch jene Ausgaben für Rechtsbrecher, denen im Zusammenhang

mit ihrer bedingten Entlassung eine Weisung für eine Entwöhnungsbehandlung

erteilt wurde (§ 179a StVG); diese Kosten werden auf zwei bis fünf Mio S pro Jahr

geschätzt.

 

Für das Jahr 2000 sind für Behandlungskosten nach § 41 Abs. 1 SMG 55 Mio S

veranschlagt.

 

Zu 4 und 7:

 

Eine Kürzung der Mittel für das Jahr 2001 ist nicht geplant.

 

Die genaue Höhe der anfallenden Kosten lässt sich nicht vorhersagen, da das

Bundesministerium für Justiz, wie oben ausgeführt, gesetzlich zu einer Kostentra -

gung in bestimmten Fällen verpflichtet ist und die Zahl der Therapiefälle unter

anderem auch von der Anzeigenentwicklung und den sich daraus ergebenden justi -

ziellen Verfahren abhängig ist.

 

Zur Vereinheitlichung der an einzelne Therapieeinrichtungen zu ersetzenden Kosten

wurden vom Bundesministerium für Justiz mit fünf gemäß § 15 SMG anerkannten

Einrichtungen und Vereinigungen (medizinische, psychologische und psychothera -

peutische Gesundheits - und Heilstätte Schweizer Haus - Hadersdorf GmbH, Verein

Grüner Kreis, Verein DIALOG, Verein zur Eindämmung des Suchtgiftwesens -

PASS, Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit - Drogenberatungsstelle

Change) gemäß § 41 Abs. 3 SMG privatrechtliche Verträge abgeschlossen, in

denen die zu verrechnenden bzw. zu ersetzenden Pauschalsätze für stationäre und

ambulante Therapien festgelegt sind. Diese Pauschalsätze verhindern ein Ausufern

der Therapiekosten, sie sind für die Einrichtungen besser kalkulierbar und erleich -

tern die Arbeit der Gerichte. Mit Erlass vom 25. Juli 2000 wurden den Gerichten und

Staatsanwaltschaften diese Pauschalsätze zur Kenntnis gebracht.

 

Zu 8 bis 10:

 

Eine eigene Aufgliederung, welche finanziellen Aufwendungen für die Therapie in

Haftanstalten angefallen sind, ist nicht möglich. Diese Kosten sind nicht gesondert

berechenbar, weil etwa in den Justizanstalten angestellte Psychologen und Psychia -

ter teilweise für die Therapie Drogenabhängiger zuständig sind, aber auch andere

Insassen betreuen. Eine Kürzung dieser Mittel für das Jahr 2001 ist jedenfalls nicht

geplant.

 

Zu 11:

 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die im Verordnungsweg geplante Absenkung

der Grenzmenge von Heroin primär in den Zuständigkeitsbereich des Bundesmini -

steriums für soziale Sicherheit und Generationen fällt.

 

Es ist richtig, dass durch eine Herabsetzung der Grenzmenge bei Heroin eine nicht

unbeachtliche Zahl von Fällen aus dem Anwendungsbereich des § 27 SMG heraus -

fallen würde; die genaue Anzahl kann jedoch nur grob geschätzt werden. Diese ist

unter anderem auch von der Entwicklung der Suchtgiftkriminalität und dem Anzeige -

verhalten der Sicherheitsbehörden abhängig.

 

Die sogenannte „probeweise Anzeigezurücklegung“ und „probeweise Einstellung“

des Strafverfahrens mit verschiedenen Auflagen wird von der Justiz bei Besitz und

Erwerb von Suchtgift zum eigenen Gebrauch obligatorisch nur im unteren Bereich

jener Suchtgiftmenge gewährt, die nach oben durch die jeweilige Grenzmenge

limitiert ist. Diese im unteren Bereich befindliche „geringe Menge“ wird von der

Judikatur bei bloß 10 % bis maximal 20 % der Grenzmenge angenommen. Über der

geringen Menge und bei anderen Begehungsformen ist dieses Instrument unter

strengeren Voraussetzungen nur fakultativ anwendbar.

 

Durch eine Herabsetzung der Grenzmenge würde ein Teil der probeweisen Anzeige -

zurücklegungsfälle bei Süchtigen zu den dann notwendigen Verurteilungen abwan -

dern und in der Folge in den Anwendungsbereich der §§ 39 bis 41 SMG fallen.

 

Als Beispiel sei angeführt, dass die „geringe Menge“ bei Heroin im Fall eines süchti -

gen Konsumenten zwischen 0,25 und 1,0 g liegt; nach wissenschaftlichen Erkennt -

nissen können schwer Süchtige täglich allerdings bis zu 3,0 g Heroin zu sich

nehmen. Mit der vorgeschlagenen Herabsetzung der Heroin - Grenzmenge von 5,0

auf 3,0 g trägt der vorliegende Entwurf zur Suchtgiftgrenzmengenverordnung dem

möglichen Tagesbedarf Süchtiger zumindest in der Mehrzahl der Fälle Rechnung.

Schwer Süchtige könnten im Falle einer solchen Herabsetzung der Grenzmenge

allerdings seltener im Aktionsbereich der probeweisen Anzeigezurücklegung nach §

35 SMG behandelt werden.

 

Die sich daraus für die Justiz (also für den Bund) ergebenden finanziellen Auswir -

kungen im therapeutischen Bereich können nur grob geschätzt werden. Nach der

jüngsten Statistik der Abt. II 8 des Bundesministeriums für Inneres wurden im Jahr

1999 1.631 Personen wegen Heroinmissbrauchs wegen Vergehen nach § 27 SMG

angezeigt. Ginge man davon aus, dass 10 % davon im Falle der herabgesetzten

Grenzmenge nicht mehr einer probeweisen Anzeigezurücklegung mit Auflagen nach

§ 35 SMG sondern erst nach erfolgter Verurteilung einer Therapie zugeführt worden

wären, so müsste mit einem Anstieg der von der Justiz nach den §§ 39, 41 jährlich

zu tragenden Behandlungskosten um ein Viertel, d.h. von rund 60 Mio S auf etwa 75

Mio S kalkuliert werden.

 

Zu12:

 

Hinsichtlich der sogenannten „übergroßen Menge“, also dem 25 - fachen der Grenz -

menge, würde diese Grenze durch die vorgeschlagene Herabsetzung der Grenz -

menge für Heroin ebenfalls (automatisch) von derzeit 125 g auf 75 g reduziert. Das

bedeutet, dass ein Teil der bisher mit Freiheitsstrafe bis zu 5 oder 10 Jahren

bedrohten Suchtgiftdelikte in den höheren Strafrahmen des § 28 Abs. 4 SMG (1 bis

15 Jahre Freiheitsstrafe) fallen würde.

 

Die sich daraus für die Justiz ergebenden finanziellen Auswirkungen würden in

erster Linie durch den Vollzug längerer Haftstrafen wegen des anzuwendenden

höheren Strafrahmens indiziert. Im Jahr 1999 wurden nach der Statistik des BMI

654 Personen wegen Heroinhandels nach § 28 SMG angezeigt. Eine nicht näher

definierbare Zahl dieser Angezeigten würde künftig wohl in den Anwendungsbereich

des § 28 Abs. 4 SMG fallen.

 

Zu13:

 

Im Suchtmittelgesetz gibt es eine klare Regelung über die Kostentragung, nach der

das Bundesministerium für Justiz, also der Bund, subsidiär, d.h. unter bestimmten in

§ 41 SMG genannten Voraussetzungen Therapiekosten zu tragen hat. Diese

Regelung entspricht dem drogenpolitischen Grundsatz, dass eine von der Justiz

erwartete oder von ihr aufgetragene Therapie nicht an der Mittellosigkeit des

Probanden scheitern soll. Diesem Prinzip entsprechend wird auch weiterhin der

Ersatz der Therapiekosten zu erfolgen haben.

 

Zu14:

 

Ich halte grundsätzlich an dem bestehenden System fest. Dieses hat sich bewährt

und ist auch international anerkannt. Süchtige, die Delikte von geringerer oder

mittlerer Schwere begehen, können durch Hilfe besser als durch strenge Bestrafung

zum eigenen Nutzen und dem der Allgemeinheit resozialisiert werden. Gegen

Drogenhändler ist jedoch mit aller Härte vorzugehen.

 

Dieser Weg wird sowohl auf EU -  als auch auf UNO -  Ebene verfolgt und entspricht

der "Einzigen Suchtgiftkonvention der Vereinten Nationen 1961“ in der Fassung des

Zusatzprotokolls von 1972. Deren Artikel 36 verpflichtet die Vertragsstaaten zwar,

jeden konventionswidrigen Umgang mit Suchtgift mit Strafe zu bedrohen, nach der

gleichen Bestimmung sollen die Vertragsstaaten aber Süchtige für Suchtgiftdelikte

nicht bestrafen, sondern statt dessen (Alternativ)Maßnahmen der Behandlung, der

Rehabilitation und der sozialen Wiedereingliederung vorsehen.

 

Zu 15:

 

Im Entwurf des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen zur

Änderung der Suchtgiftgrenzmengen -Verordnung wird zunächst die Grenzmenge für

die neue synthetische Droge 4 - MTA festgesetzt. Diese neue synthetische Droge

wird auch in die Suchtgiftverordnung aufgenommen. Hiezu ist Österreich auf Grund

des Beschlusses des Rates der Europäischen Union vom 13. September 1999,

Amtsblatt EG Nr. L 244/1 vom 16. 9. 1999, verpflichtet. Auf Grund eines im Rahmen

der gemeinsamen Maßnahme des Rates der Europäischen Union betreffend den

Informationsaustausch, die Risikobewertung und die Kontrolle bei neuen syntheti -

schen Drogen vom 25. Juni 1997 von der Europäischen Beobachtungsstelle für

Drogen und Drogensucht durchgeführten Risikobewertungsverfahrens der Designer -

droge „4 - MTA“ wurde festgestellt, dass es sich hiebei um eine synthetische Drogen

handelt. In Umsetzung des oben genannten Beschlusses des Rates der Europäi -

schen Union war daher 4 - MTA in die Suchtgiftverordnung aufzunehmen. Entspre -

chend § 28 Abs 6 SMG ist nach den bisher bekannten wissenschaftlichen Erkennt -

nissen eine Grenzmenge für 4 - MTA festzusetzen. Darüberhinaus wurde bei Heroin

die bereits erwähnte Herabsetzung der Grenzmenge vorgeschlagen.

 

Zu 16:

 

Österreich wurde von der Europäischen Union im Rahmen der gegenseitigen Begut -

achtungen betreffend die Strafverfolgung und ihre Rolle bei der Bekämpfung des

illegalen Drogenahndels im Juni 2000 überprüft. Die Kommission setzte sich aus

Experten aus drei Mitgliedstaaten (Dänemark, Schweden und Deutschland) sowie

zwei Mitarbeitern des Generalsekretariats und einem Mitarbeiter der Kommission

zusammen. Das Projekt „ChEck iT!“ ist bei dieser Evaluierung Österreichs auf

großes Interesse gestoßen. Außerdem wurde Österreich beim Treffen der Drogen -

koordinatoren der EU - Mitgliedstaaten am 29. September in Paris ersucht, dieses

Präventionsprojekt und dessen Ergebnisse den anderen Mitgliedstaaten zur Verfü -

gung zu stellen, zumal es im EU - Raum an empirischen wissenschaftlich gestützten

Untersuchungen hinsichtlich des Konsumverhaltens bei synthetischen Drogen

derzeit mangelt.

 

Zu 17:

 

Es ist richtig, dass das Bundesministerium für Justiz seinerzeit eine befürwortende

rechtliche Stellungnahme zu diesem Projekt abgegeben hat. Es liegen noch keine

abschließenden Ergebnisse vor.

 

Zu 18:

 

Auch hier muss darauf hingewiesen werden, dass solche Projekte nicht in die

Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz fallen. Das Projekt „ChEck iT!“

wurde vom klinischen Institut für medizinische und chemische Labordiagnostik im

AKH, dem Verein Wiener Sozialprojekte und der Drogenkoordination der Stadt Wien

als Kooperationsprojekt durchgeführt. Es liegt derzeit kein weiteres Projekt vor.

 

Zu 19:

 

Bei derartigen Überlegungen ist zu bedenken, dass das Verwaltungsstrafrecht

derzeit keine Lösungen zur Behandlung von „kleineren Suchtgifttätern“ und vor

allem Süchtigen kennt. Es ist allgemein anerkannt, dass Suchtgifttäter geringerer bis

mittlerer Deliktsschwere durch Hilfe besser als durch Bestrafung zum eigenen

Nutzen und dem der Allgemeinheit resozialisiert werden können. Die Möglichkeiten

einer Anzeigenzurücklegung unter Bestimmung einer Probezeit oder eines Strafauf -

schubes zur Durchführung einer Therapie würden dann jedenfalls nicht angewendet

werden können.

 

Zu 20:

 

Im Unterschied zum Verwaltungsstrafrecht besteht bei Gericht bereits derzeit die

Möglichkeit, einem Beschuldigten Weisungen zu erteilen. Wurde gegen einen

Angezeigten bereits ein Strafantrag gestellt, so kann das Gericht das Verfahren

nach § 37 SMG unter bestimmten Voraussetzungen und unter Bestimmung einer

Probezeit vorläufig einstellen. Diese Einstellung kann davon abhängig gemacht

werden, dass sich der Beschuldigte bereit erklärt, bestimmten Weisungen nachzu -

kommen. Als Weisungen kommen Gebote und Verbote in Betracht, deren Beach -

tung geeignet erscheint, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten

Handlungen abzuhalten; es kommen zumutbare Gebote und Verbote in Betracht,

die die Gefahr eines Rückfalls mindern können.

 

Zu 21:

 

Die Einführung solcher Tests fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesmi -

nisteriums für Justiz.