1318/AB XXI.GP
Eingelangt am:07.12.2000
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
zur Zahl 1336/J - NR/2000
Die Abgeordneten zum Nationalrat MMag. Dr. Madeleine Petrovic haben an mich
eine schriftliche Anfrage betreffend „fortgesetzte mediale Vorverurteilung von
SchwarzafrikanerInnen durch freiheitliche Hetzparolen“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Ich habe wiederholt - zuletzt im Zuge der Debatte zum Bundesfinanzgesetz für das
Jahr 2001 im Plenum des Nationalrates - mit aller Deutlichkeit klargestellt, dass
unabhängige Richter eine tragende Säule unseres demokratischen Rechtsstaats
darstellen.
Zu 2:
Zunächst ist zu unterscheiden zwischen der strafrechtlichen Verfolgung von (nicht
süchtigen) Drogenhändlern einerseits und Maßnahmen wie der Zurücklegung der
Anzeige unter Bestimmung einer Probezeit sowie der Behandlung, Betreuung und
Resozialisierung von Drogenabhängigen andererseits. Gegen Drogenhändler, vor
allem gegen Personen, die im Bereich organisierter und grenzüberschreitender
Kriminalität führend tätig sind, ist mit aller Härte vorzugehen, schwere Suchtgiftdelin -
quenz muss streng geahndet werden. Dagegen ist allgemein anerkannt, dass viele
Suchtgifttäter geringerer bis mittlerer Deliktsschwere durch Hilfe besser als durch
strenge Bestrafung - zum eigenen Nutzen und zu dem der Allgemeinheit - resoziali -
siert werden können. Dieses in Österreich praktizierte Modell der Drogenpolitik
entspricht auch den Grundsätzen der „Einzigen Suchtgiftkonvention der Vereinten
Nationen von 1961“ in der Fassung des
Protokolls von 1972.
Im Jahr 1999 wurden insgesamt 3.359 Personen wegen Drogendelikten verurteilt,
die Anzahl der Verurteilungen stieg im Vergleich zu 1998 um 1 % an. 1999 betrug
der Anteil der Freiheitsstrafen bei Verurteilungen wegen Suchtmitteldelikten 55 %.
Im Vergleich dazu machte der Anteil der verhängten Freiheitsstrafen im Bereich der
Gesamtkriminalität 1999 lediglich 35,5% aus. In jenen Fällen, in denen es zu einer
Hauptverhandlung kommt, treffen die unabhängigen Gerichte im Rahmen des vom
Gesetz vorgegebenen Rahmens nach Durchführung eines Beweisverfahrens
Entscheidungen, in die nicht eingegriffen werden soll und darf. Die Strafzumessung
im Bereich der Drogendelinquenz erfolgt einzelfallgerecht und durchaus streng.
Eine hohe Zahl von Verfahrenseinstellungen nach Anzeigen wegen Verstoßes
gegen das Suchtmittelgesetz weist zunächst darauf hin, dass es in den quantitativ
bei weitem überwiegenden Verdachtsfällen nicht um schwere (Drogenhandels - )
Kriminalität geht, sondern um Eigenkonsum oder die Weitergabe geringer Substanz -
mengen. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen7 dass bei Gegenüberstellung der Anzahl
der Anzeigen und jener der Verurteilungen (abgesehen von Verfahrenseinstellungen
und Freisprüchen aus Beweismangel) nicht davon ausgegangen werden kann, dass
es in jenen Fällen, in denen es zu keiner Verurteilung kommt, überhaupt keine
Reaktion gibt. Vielmehr werden bei Süchtigen häufig zunächst gesundheitspolitisch
und kriminalpolitisch wirksamere Maßnahmen wie eben die eingangs erwähnte
probeweise Anzeigenzurücklegung, flankiert von Beratungs- und Behandlungsaufla -
gen, eingesetzt. An einer solchen differenzierten Strafverfolgungs - und Sanktionspo -
litik sollte grundsätzlich auch künftig festgehalten werden.
Zu 3:
Soweit mit der Frage die Verfolgungspraxis wegen einschlägiger Strafbestimmungen
gemeint ist, möchte ich zunächst auf die Unabhängigkeit der Rechtsprechung
hinweisen. Darüber hinaus sehe ich meine Aufgabe grundsätzlich nicht darin, Straf -
bestimmungen zu einem Durchbruch zu verhelfen, sondern für deren korrekte
Anwendung zu sorgen. Zu diesem Zweck sind auch die Verfahren nach § 283 StGB
und nach dem Verbotsgesetz ua Gegenstand regelmäßiger Berichterstattung im
Rahmen der jährlichen Wahrnehmungsberichte der Anklagebehörden. Nach dem
aus diesen Berichten gewonnenen Eindruck bedarf es derzeit - weder de lege lata
noch de lege ferrenda - eines Eingreifens.
Zu 4 und 5:
In der Justizanstalt Wien - Josefstadt werden ständig routinemäßige Untersuchungen
(Harntestungen) von Insassen auf Drogen vorgenommen. Von diesen Testungen
werden stichprobenartig sämtliche Insassen, insbesondere bei Verdacht auf illega -
len Gebrauch von Substanzen, erfasst. Dabei wird ohne Unterschied auf Alter,
Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Kultur und Rasse vorgegangen.
Ob und allenfalls wie einzelne Ergebnisse von solchen Testungen an die Zeitschrift
„Zur Zeit“ bzw. an die in der Anfrage genannte Journalistin - die im Übrigen in der
Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht bekannt ist - gelangten, konnte von der Anstalts -
leitung nicht festgestellt werden.
Im Fall des Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen (etwa auch die Einhaltung der
Amtsverschwiegenheit betreffend) werden unverzüglich dienstaufsichtsbehördliche
und disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen.