1320/AB XXI.GP
Eingelangt am:07.12.2000
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
zur Zahl 1363/J - NR/2000
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Hausdurchsuchung Beschlag -
nahme gleichgeschlechtlicher pornographischer Videokassetten in einem Sexshop
in Graz“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Die Staatsanwaltschaft Graz hat im zitierten Anlassfall einen Strafantrag wegen
Verstoßes gegen das Pornographiegesetz erhoben, weil in Bezug auf das beschlag -
nahmte Videomaterial der Verdacht der „harten Pornographie“ bestand. Die vom
Strafantrag umfassten Videofilme haben homosexuelle und lesbische Handlungen
zum Inhalt, die in exzessiver, verzerrender, auf sich selbst reduzierter und abstoßen -
der Darstellung zum Teil auch sexuelle Gewalttätigkeiten und Unzuchtsakte mit
Tieren und fäkal - pornographische Handlungen zeigen.
Das Landesgericht für Strafsachen Graz fällte einen im Wesentlichen anklagekon -
formen Schuldspruch, der vom Oberlandesgericht Graz am 24. November 2000
jedoch lediglich hinsichtlich der Darstellung von sexuellen Gewalttätigkeiten und der
Unzucht mit Tieren bestätigt wurde. Die schriftliche Ausfertigung dieser Entschei -
dung liegt mir noch nicht vor.
Zu 2:
In der Vergangenheit hat der Oberste Gerichtshof wiederholt festgestellt, dass
Unzuchtsakte von Personen gleichen Geschlechtes im Sinne der heterosexuellen
Orientierung der Gesellschaft generell als unzüchtig anzusehen seien. Der Oberste
Gerichtshof hat in der Folge den sozialen
Bedeutungsgehalt des Unzuchtsbegriffes
modifiziert und etwa zu 10 Os 3/85 ausgesprochen, dass auch bei gleichgeschlecht -
lichen Sexualkontakten nur dann von einer „pornographischen“ Darstellung im Sinne
von § 1 Pornographiegesetz gesprochen werden könne, wenn es sich um eine
exzessiv - aufdringliche, anreisserisch verzerrte und bloß das Obszöne betonende,
also den Wertvorstellungen in geschlechtlicher Hinsicht gröblich widersprechende
Wiedergabe solcher Unzuchtsakte handelt.
Das Oberlandesgericht Graz hat mit der erwähnten Entscheidung die bisherige
Auslegung des Unzuchtsbegriffes offenbar als zu eng gewertet und eine weitere
Liberalisierung in diesem Bereich für erforderlich erachtet.