1420/AB XXI.GP
Eingelangt am: 20.12.2000
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1405/J - NR/2000, betreffend Umgehung
der Ökopunkteregelung im Straßengütertransit durch Österreich, insbesondere
mittels CEMT - Genehmigungen, die die Abgeordneten Lichtenberger und
FreundInnen am 19. Oktober an meinen Amtsvorgänger gerichtet haben, beehre ich
mich wie folgt zu beantworten:
Einleitend möchte ich zur gegenständlichen parlamentarischen Anfrage zunächst
festhalten, dass das multilaterale Kontingent von Österreich stets sehr restriktiv
gehandhabt wurde und wird: Kontingenterhöhungen wurden trotz starkem politischen
Druck der übrigen CEMT - Mitgliedstaaten nur dann vorgenommen, wenn für die
Nutzung dieser Genehmigungen strengere Lärm - , Abgas - und/oder Sicherheits -
vorschriften verpflichtend vorgeschrieben waren. Darüber hinaus anerkennt
Österreich nicht (wie generell im Rahmen der CEMT üblich) das gesamte CEMT -
Kontingent jedes Mitgliedstaates, sondern eine genau begrenzte Höchstzahl: Jeder
Staat kann zwischen 16 Genehmigungen für so genannte konventionelle Lkws, 32
Genehmigungen für „grüne Lkws“ (verpflichtende Lärm - und Abgasvorschriften) oder
64 Genehmigungen für „supergrüne und sichere“ Lkws (mit strengeren
Abgasvorschriften und zusätzlich verpflichtenden Sicherheitsvorschriften), die in
Österreich gelten, wählen. - Die übrigen CEMT - Genehmigungen der Mitgliedstaaten
sind in Österreich ungültig.
Die Tatsache, dass das multilaterale Kontingent der CEMT zusätzlich zum
Ökopunktesystem gilt, ergibt sich aus der politischen Vereinbarung bezüglich der
Einführung des Ökopunktesystems, die zwischen dem damaligen EU -
Verkehrskommissar Karel Van Miert und dem damaligen österreichischen
Verkehrsminister Mag. Viktor Klima ausverhandelt wurde. Der Tatsache, dass die
CEMT - Genehmigungen zusätzlich zu den bilateral mit Drittstaaten vereinbarten
Kontingenten gelten, wird in den jeweiligen Verhandlungen betreffend die
Kontingenthöhe berücksichtigt, wobei Österreich auch hier für seine restriktive
Haltung bekannt ist.
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass sowohl das Ökopunktesystem als auch
die CEMT - Genehmigungen nach eindeutig definierten und rechtlich verankerten
Kriterien abgewickelt werden und daher die Behauptung, dass eine „Grauzone
erheblichen Ausmaßes besteht", unzutreffend ist.
Zu Frage 1:
Exakte Angaben über den außerhalb des Ökopunktesystems abgewickelten
Transitverkehr sind nur möglich, wenn der gesamte Transitverkehr statistisch erfasst
wird. Dies ist seit dem EU - Beitritt Österreichs infolge des Wegfalls der lückenlosen
Kontrollen an den Binnengrenzen der EU sowie aufgrund der Tatsache, dass mit
diesem Zeitpunkt auch die Erfassung einer vollständigen amtlichen Statistik über den
grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr mit Österreich entfallen ist, nicht mehr
der Fall. Daher ist man hier auf Abschätzungen angewiesen.
Aufgrund der großen politischen Bedeutung und Sensibilität der Thematik
Transitverkehr in Österreich wurde h.o. eine Studie beauftragt, mit dem Ziel, eine
Abschätzung des gesamten österreichischen Straßengüterverkehrs auf Basis
möglichst vieler verfügbarer Datenquellen durchzuführen. Diese Studie wurde primär
für das Jahr 1997 erstellt. Für die anderen Jahre wurden die Werte aber
entsprechend fortgeschrieben.
Die Tabelle stellt die so ermittelten Werte den Fahrten im Ökopunktesystem
gegenüber:
Tabelle: Abschätzung des Anteils ökopunktepflichtiger Fahrten am
Gesamttransit
Quellen: Ökopunktestatistik,
Büro Herry: Aktualisierung der Güterverkehrsmatrizen 1997,
Auftrag des BMVIT, Wien 2000,
eigene Abschätzungen
|
|
|
1995 |
1996 |
1997 |
1998 |
1999 |
|
Transitfahrten insgesamt 1) |
Mio. Fahrten |
1,95 |
2,00 |
2,06 |
2,17 |
2,30 |
|
ökopunktepflichtige Transitfahrten 2) |
Mio. Fahrten |
1,44 |
1,49 |
1,57 |
1,68³) |
1,80 |
|
Anteil der ökopunktepflichtigen Transitfahrten am gesamten Transitverkehr |
% |
74% |
74% |
76% |
78% |
78% |
Anmerkungen:
1) Transitfahrten insgesamt:
Abschätzung der Anzahl von Fahrten, die mit LKW mit mehr als 3,5 t zulässigem
Gesamtgewicht im Transit durch Österreich durchgeführt wurden.
2) ökopunktepflichtige Transitfahrten:
Summe aller Fahrten im Ökopunktesystem, die als Ökopunktepflichtige Transitfahrten
deklariert wurden.
³) Der von der Ökopunktestatistik ausgewiesene Wert beträgt 1,49 Mio. Fahrten. Es wird jedoch
davon ausgegangen, dass in der Umstellungsphase vom manuellen zum automatischen
System nicht alle Fahrten vollständig erfasst wurden. Der angegebene Wert wurde durch
Interpolation
zwischen den Werten von 1997 und 1999 ermittelt.
Der Anstieg des Anteiles der ökopunktepflichtigen Fahrten am Gesamttransit ist
unter anderem damit zu begründen, dass im Laufe der Jahre weitere Länder dem
Ökopunktesystem beigetreten sind.
Zu Frage 2:
Für die Abschätzung des Ausmaßes von Ökopunkten, die für Fahrten außerhalb des
Ökopunktesystems benötigen würden, liegen keine ausreichenden empirischen
Daten vor. Die Abschätzung hätte grundsätzlich folgende Tendenzen zu
berücksichtigen:
Ein Teil der Fahrten außerhalb des Ökopunktesystems erfolgt mit Fahrzeugen von
Staaten, die nicht dem Ökopunktesystem beigetreten sind. Diese Fahrzeuge sind
hinsichtlich der technischen Standards schlechter einzustufen als die im
Ökopunktesystem fahrenden. Dies würde einen höheren Ökopunktebedarf pro Fahrt
bedeuten.
Ein anderer Teil der Fahrten außerhalb des Ökopunktesystems erfolgt mit leichten
Fahrzeugen (unter 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht) und ist deshalb generell nicht
ökopunktepflichtig. Dies senkt den durchschnittlichen Ökopunktebedarf der Fahrten
außerhalb des Ökopunktesystems wiederum.
Eine Quantifizierung beider Effekte ist anhand der verfügbaren Daten kurzfristig nicht
möglich.
Zu Frage 3:
Das Ökopunktesystem gilt lediglich für Transitfahrten durch Österreich, die von in
EU - bzw. EWR - Mitgliedstaaten, Slowenien und der Schweiz registrierten Fahrzeugen
durchgeführt werden. Für Transitfahrten durch Österreich von Fahrzeugen, die in
anderen Drittstaaten registriert sind, sind in der Regel Kontingente, die im Rahmen
von Verhandlungen bilateral vereinbart werden, oder, falls ausnahmsweise keine
bilateralen Vereinbarungen vorliegen, Genehmigungen lt. § 7 Güterbeförderungs -
gesetz erforderlich. Alternativ zu diesen Genehmigungen können auch CEMT -
Genehmigungen eingesetzt werden. Wie viele Transitfahrten durch Österreich mit
CEMT - Genehmigungen gemacht werden, ist derzeit nicht bekannt. Dies bedürfte
einer gesonderten Auswertung (siehe Frage 4).
Zu den Fragen 4 und 7:
Eine Auswertung der zu den CEMT - Genehmigungen zugehörigen Fahrten -
berichtshefte erfolgt von den zuständigen nationalen Behörden nach den im
Fahrtenberichtsheft angegeben Tonnenkilometern. - Die gesamte Tonnenkilometer -
leistung wird dem CEMT - Sekretariat in Paris mitgeteilt und von diesem veröffentlicht.
Rückschlüsse auf die Anzahl der durchgeführten Fahrten bzw. der befahrenen
Strecken wären nur durch eine Spezialauswertung nach Be - und Entladeort bzw. -
land machbar, die in Österreich theoretisch für jene 64 CEMT - Genehmigungen
erstellt werden könnte, die an österreichische Unternehmer vergeben wurden. Da
dieses Kontingent jedoch nur einen sehr kleinen Prozentsatz des gesamten CEMT -
Kontingents ausmacht, könnten durch diese mit sehr hohem administrativen
Aufwand und daher Kosten verbundene Auswertung keine Rückschlüsse auf Fahrten
durch Österreich pro CEMT - Genehmigung
gezogen werden, sodass der Aufwand
einer derartigen Auswertung deren Nutzen bei weitem übersteigen würde.
Hinsichtlich einer umfassenden Auswertung aller CEMT - Genehmigungen durch das
CEMT - Sekretariat darf auf die Beantwortung der Fragen 8, 9 und 12 verwiesen
werden.
Zu Frage 5:
Mit CEMT - Genehmigungen können Fahrzeuge, die in einem CEMT - Mitgliedstaat
zugelassen sind, Fahrten zwischen CEMT - Mitgliedstaaten bzw. im Transit durch ein
oder mehrere CEMT - Mitgliedsländer durchführen. Für Beförderungen zwischen
einem CEMT - Mitgliedstaat und einem Nicht - CEMT - Mitgliedstaat sind CEMT -
Genehmigungen ebenso ungültig wie für Kabotagefahrten.
Die rechtliche Grundlage für die Gültigkeit der CEMT - Genehmigungen ergibt sich
einerseits aus den entsprechenden Resolutionen der Europäischen
Verkehrsministerkonferenz (insbesondere Resolutionen 92/1 und 91/2 sowie
CEMT/CM(95)4/final und CEMT/CM(96)5), andererseits aus den entsprechenden
Bestimmungen des österreichischen Güterbeförderungsgesetz, wonach der
Verkehrsminister gemäß § 7 (6) angeordnet hat, dass Fahrten mit einer gültigen
CEMT - Genehmigung ohne der sonst erforderlichen Genehmigung gemäß §§ 7 - 8
Güterbeförderungsgesetz durchgeführt werden können.
Zu Frage 6:
Jedes Land kann jährlich individuell entscheiden, welcher Anteil des ihm
zustehenden CEMT - Kontingents auf „gewöhnliche“ CEMT - Genehmigungen (also
ohne speziellen Auflagen) bzw. auf „grüne“ oder „supergrüne und sichere“ Lkws (die
bestimmte Lärm - , Abgas - und, bei supergrünen Lkws, Sicherheitsvorschriften
erfüllen müssen) entfallen soll. - Diese Aufschlüsselung wird vom CEMT - Sekretariat
jährlich allen Mitgliedstaaten in übersichtlicher Form bekannt gegeben und in
Österreich auch an die Kontrollorgane weitergeleitet.
Für Österreich kann jedes Land zwischen entweder 16 so genannten
„konventionellen“ Genehmigungen oder 32 Genehmigungen für „grüne“ Lkws oder
64 Genehmigungen für ,,supergrüne und sichere“ Lkws wählen.
Zu den Fragen 8, 9 und 12:
Wie bereits bei der Beantwortung zu Frage 4 und 7 beschrieben, hat eine
Auswertung der Fahrtenbuchblätter grundsätzlich nach den gefahrenen
Tonnenkilometern durch die jeweils nationale Ausgabestelle der CEMT -
Genehmigungen zu erfolgen. - Es gibt daher prinzipiell Informationen betreffend die
mit CEMT - Genehmigungen gefahrenen Tonnenkilometer, wobei die letzte
umfassende Auswertung seitens der CEMT 1992 erfolgte. Seither wurden
statistische Angaben über die gefahrenen tkm von zahlreichen Ländern nicht mehr
übermittelt, sodass eine vollständige Zusammenstellung durch das CEMT -
Sekretariat nicht möglich war.
Aufgrund der Bestimmungen über das multilaterale Kontingent der CEMT können
Auswertungen über die Nutzung der CEMT - Genehmigungen auf einzelnen
Transitkorridoren durch Österreich bzw. über Quell - und Zielort der mit CEMT -
Genehmigungen durchgeführten
Transitfahrten durch Österreich nicht vorliegen.
Zu den Fragen 10 und 11:
Die jährliche Absolvierung der CEMT - Fahrten durch ein Unternehmen wird durch das
mit der CEMT - Erlaubnis verpflichtend mitzuführende CEMT - Fahrtenberichtsheft
dokumentiert. Der Unternehmer (bzw. der LKW-Fahrer) hat dafür Sorge zu tragen,
dass parallel zum Frachtauftrag die Eintragung in das Fahrtenberichtsheft nach
Abfahrtsdatum, Ankunftsdatum, Beladeort1 Entladeort, Land, Art der Güter,
Bruttogewicht der Ladung in Tonnen, Kilometer und Tonnenkilometer erfolgt, um
nach Abschluss eines Transports vom jeweiligen Zollamt mittels Stampiglie bestätigt
zu werden.
Die Zollämter sind jedoch nicht zwingend angewiesen, die soeben durchgeführte
Güterbeförderung mittels Zollstampiglie zu bestätigen, sie legen aber großes
Augenmerk auf eine chronologische Reihung der diversen Transporte und reagieren
bei den geringsten zeitlichen Abweichungen mit einem Stopp des betreffenden
Transports und einer Beanstandung.
Wie im CEMT - Regulativ vorgesehen, werden ho. die Tonnenkilometer (TKM) durch
multiplizieren der zurückgelegten Kilometer mit der beladenen Tonnage erfasst und
der Durchschnitt des TKM - Anteiles pro CEMT - Inhaber berechnet, um diese Daten
dann dem Sekretariat der CEMT halbjährlich zu übermitteln. Weitere
Schlussfolgerungen können ho. daraus nicht getroffen werden.
Zu Frage 13:
Mit der unter Frage 1 genannten Untersuchung wurde der gesamte Transitverkehr
durch Österreich ermittelt, spezifische Aussagen zu Fahrten mit CEMT -
Genehmigungen sind darin nicht enthalten.
Zu den Fragen 14 und 15:
Dazu wäre anzumerken, dass das BMVIT nicht Konzessionsbehörde ist und diese
Frage an die jeweils zuständige Behörde (Amt der Landesregierung oder eventuell
an die Wirtschaftskammer des jeweiligen Bundeslandes) zu richten ist. Das BMVIT
könnte lediglich die Frage dahingehend beantworten, welche österreichischen
Unternehmen aktuell Inhaber von CEMT - Genehmigungen sind.
Zu Frage 16:
Die Vergabe der Österreich derzeit zur Verfügung stehenden 64 CEMT -
Genehmigungen erfolgt ausschließlich nach der CEMT - Genehmigungs -
Vergabeverordnung. Es ist zutreffend, dass CEMT - Genehmigungen für den Fall des
eventuellen Freiwerdens einer CEMT - Genehmigung an jene Unternehmer vergeben
werden, die
1.) fristgerecht um eine CEMT - Genehmigung angesucht haben,
2.) durch einen entsprechend großen Fuhrpark diese Genehmigungen logistisch
einer optimalen Nutzung zuführen können und
3.) eine entsprechend große Anzahl von Einzelgenehmigungen - wie in der CEMT -
VV vorgesehen - zurücklegen können.
Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass diese
Vorgangsweise aufgrund der CEMT - Resolution gefordert ist (Gebot der
multilateralen Nutzung einer CEMT -
Genehmigung).
Zu Frage 17:
Durch die Einführung des so genannten „grünen“ sowie „supergrünen und sicheren“
Lkws sind neben der integrativen Wirkung des multilateralen Kontingents der CEMT
die Umwelt - und Sicherheitsaspekte in den Vordergrund gerückt. CEMT -
Genehmigungen für „grüne“ Lkws sind nur gültig, wenn bestimmte Lärm - und
Abgasgrenzwerte eingehalten werden, bei Genehmigungen für „supergrüne und
sichere“ Lkws müssen strengere Abgasgrenzwerte und darüber hinaus auch genau
definierte Sicherheitskriterien erfüllt werden. Durch die Bindung eines mittlerweile
erheblichen Anteils des gesamten CEMT - Kontingents an strenge Lärm - , Abgas - und
Sicherheitsvorschriften wird einem wesentlichen österreichischen verkehrspolitischen
Anliegen, nämlich einer für Bevölkerung und Umwelt möglichst schonenden
Abwicklung des Straßengüterverkehrs, Rechnung getragen. Darüber hinaus hat die
Einführung des „grünen“ und „supergrünen und sicheren“ Lkws im Rahmen der
CEMT auch für bilaterale Verhandlungen eine „Vorbildfunktion“ übernommen, sodass
mittlerweile bei zahlreichen zwischen Österreich und Drittstaaten bilateral
vereinbarten Genehmigungen die Einhaltung von bestimmten Umwelt - und
Sicherheitskriterien eine unabdingbare Voraussetzung ist.
Zu Frage 18:
32 Genehmigungen wurden seit Bestehen der CEMT - Genehmigungs -
Vergabeverordnung neu vergeben, bei dieser Neuvergabe wurden Einzel - bzw.
Dauergenehmigungen für nachstehende Länder zurückgelegt:
TSCHECHIEN - 68 Genehmigungen + 1 Dauergenehmigung
SLOWAKEI - 127 Genehmigungen + 1 Dauergenehmigung
POLEN - 894 Genehmigungen
UNGARN - 667 Genehmigungen
SLOWENIEN - 575 Genehmigungen
Zu Frage 19:
Jede Einzelgenehmigung entspricht 1 Hin - und Rückfahrt.
Zu Frage 20:
In den Jahren 1994 - 1999 wurde nachstehende jährliche Durchschnitts -
beförderungsleistung pro CEMT - Genehmigung erbracht:
1994: 648.590 TKM
1995: 808.458 TKM
1996: 796.679 TKM
1997:1,174.797 TKM
1998:1,583.537 TKM
1999:1,570.454 TKM
Zu Frage 21:
Es liegen dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
diesbezüglich keine Informationen vor.