1475/AB XXI.GP
Eingelangt am: 12. 01. 2001
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Lunacek und Genossen haben am 14. November
2000 unter der Nr. 1471/J-NR/2000 an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Antrag
auf Vollmitgliedschaft in der Westeuropäischen Rüstungsgruppe“ gerichtet.
Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:
ZuFrage1:
Ja. In Durchführung eines der Punkte des Regierungsprogrammes der Bundesregierung
gab der österreichische Verteidigungsminister im Rahmen des Ministerrates der Westeu -
ropäischen Union (WEU) und der WEAG am 15. Mai in Porto eine Absichtserklärung im
Hinblick auf eine WEAG - Vollmitgliedschaft Österreichs ab. Diese Erklärung wurde von
den zuständigen Gremien der WEAG überprüft, und es wurde von den Nationalen Rü -
stungsdirektoren an die WEU - Außen- und Verteidigungsminister die Empfehlung abgege -
ben, Österreich die WEAG -
Vollmitgliedschaft zu gewähren.
Zu Frage 2:
Die WEAG hat in ihren Aufgaben - und Tätigkeitsbereichen nichts mit der Beistandsver -
pflichtung des Art. V des „WEU - Vertrags“ zu tun. Mit der Vollmitgliedschaft bei der WEAG
wurden keinerlei rechtliche Verpflichtungen übernommen. Schon aus diesem Grund kann
nicht von „Unvereinbarkeiten mit den verfassungsrechtlichen Verpflichtungen“ gesprochen
werden.
Im übrigen ist die WEAG ein reines Konsultationsforum, das über keine Rechtspersön -
lichkeit verfügt. Insofern kann man in Bezug auf die WEAG auch nicht von einer
„Teilorganisation“ der WEU sprechen.
ZuFrage 3:
Es besteht kein Widerspruch zwischen der Aussage im außenpolitischen Ausschuss vom
24. Mai 2000, wonach der Antrag auf Vollmitgliedschaft in der Westeuropäischen Rü -
stungsgruppe (WEAG) keines parlamentarischen Genehmigungsverfahrens bedarf, und
dem Ministerratsvortrag vom 13. Oktober 1999, wonach für die Teilnahme an konkreten
Projekten im Rahmen des Panels II der WEAG eine parlamentarische Genehmigung er -
forderlich ist. Die zitierte Aussage, es handle sich bei den für die Teilnahme an diesen
Projekten zu unterzeichnenden Vereinbarungen um Staatsverträge mit verfassungsän -
dernden Bestimmungen, findet sich im Ministerratsvortrag nicht, in dem lediglich auf die
erforderliche Genehmigung gemäß Art. 50 B - VG Bezug genommen wird.
Es ist klar zu unterscheiden zwischen der Teilnahme an der WEAG als Vollmitglied und
der Teilnahme an konkreten Projekten des Panels II der WEAG im Bereich der europäi -
schen Verteidigungsforschung und - technologie.
Bei der WEAG handelt es sich um ein Forum der Rüstungskooperation ohne Rechtsper -
sönlichkeit und nicht um eine internationale Organisation. Innerhalb der WEAG können
weder rechtlich verbindliche Beschlüsse gefasst werden, noch kann die WEAG selbst
konkrete Verträge im Forschungs - und Technologiebereich abschließen. Zu diesem
Zwecke wurden Abkommen ausgearbeitet, die es den WEAG - Teilnehmerstaaten ermögli -
chen, in Ausführung der im Rahmen des Panels II der WEAG entworfenen Projekte Ver -
träge mit Forschungseinrichtungen und der Industrie zu schließen. Es handelt sich hiebei
um die THALES - Vereinbarung [TechnoIogy
Arrangement for Laboratories for Defence
European Science] und die EUCLID - Vereinbarung [European Co - operation tor the Long
Term in Defence].
Nach einem Beschluss der Bundesregierung unterzeichnete Verteidigungsminister
Scheibner am 13. November dieses Jahres die SOCRATE-Vereinbarung [System of Co -
operation for Research and Technology in Europe], das Österreich (und anderen Staaten)
die Teilnahme an den beiden zuvor erwähnten Vereinbarungen ermöglicht. Bei der
SOCRATE - Vereinbarung handelt es sich um einen nach Art. 50 B - VG vom Nationalrat zu
genehmigenden Staatsvertrag.
Zu Frage 4:
Zur Vollmitgliedschaft Österreichs in der WEAG bedurfte es aus den in Beantwortung des
Punktes 3 der Anfrage erwähnten Gründen keines Vertragsabschlusses. Die Aufnahme
Österreichs in dieses Diskussionsforum erfolgte durch Herstellung des Konsenses zwi -
schen den Verteidigungsministern der WEAG - Teilnehmerstaaten am 13. November 2000
in Marseille. Es wurde somit kein Vertrag über die österreichische Mitgliedschaft in der
WEAG unterzeichnet.
Zu Frage 5:
Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung im Bereich des BMaA.
Zu Frage 6:
Die SOCRATE - Vereinbarung verpflichtet Österreich nicht zur Teilnahme an Projekten,
ermöglicht aber eine solche Teilnahme. Es wird bei jedem einzelnen konkreten Projekt
des Panels II anhand von Kosten - Nutzenüberlegungen die Entscheidung zu treffen sein,
ob Österreich daran teilnimmt oder nicht.
Zu Frage 7:
Das Neutralitäts - BVG vom 26.10.1955 ist geltendes österreichisches Verfassungsrecht,
an das auch die Vollziehung gebunden ist. Gesonderte Maßnahmen sind daher nicht er -
forderlich.