1489/AB XXI.GP
Eingelangt am: 12.01.2001
BUNDESMINISTERIUM FÜR SOZIALE SICHERHEIT UND GENERATIONEN
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten Prim. Dr. Pittermann, Reitsamer und Genossinnen betreffend
sichere und preisgünstige Verwendung von Blut und Blutprodukten, Nr. 1626/J,
wie folgt:
Frage 1:
Derzeit werden die Leit - und Richtlinien für Blutgruppenserologie und
Transfusionsmedizin durch das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen
neu bearbeitet, wobei in diesen Leitlinien verstärkt auf blutsparende Maßnahmen
hingewiesen wird.
Frage 2:
Zur Implementierung blutsparender Maßnahmen wird die Einrichtung von
Transfusionskomitees an den Krankenanstalten forciert, denen die Aufgabe übertragen
wird, diese blutsparenden Maßnahmen in den einzelnen Krankenanstalten
durchzusetzen und darauf zu achten, dass diese Maßnahmen auch durchgeführt
werden.
Frage 3:
Die blutsparenden Verfahren wie Einsatz des Zellsavers aber auch die Erhaltung der
Körpertemperatur sind Aufgaben, die den Krankenanstalten bzw. den einzelnen
Abteilungen, vor allem der Anästhesie, obliegen. Diese Leistungen sind in den Kosten
der Krankenanstalten enthalten und werden auch, ohne dies dem Patienten zu
verrechnen, durchgeführt. Die perioperative Eigenblutspende im ambulanten Bereich
gilt nicht als Behandlung und wird deshalb in den Krankenanstalten von den
Krankenkassen nicht ersetzt. Hier sind die Krankenhausträger aufgerufen, einen Modus
zu finden, um diese wichtigen Maßnahmen entsprechend ohne finanzielle Belastung
des Patienten durchzuführen.
Frage 4:
Die Implementierung der Rückmeldungen von unerwünschten Arzneimittelwirkungen in
den einzelnen Krankenanstalten ist ebenfalls eine Aufgabe, welche den
Transfusionskomitees obliegt. Auch hier ist seitens meines Ressorts geplant, durch
Betonung der Aufgaben der Transfusionskomitees eine bessere Dokumentation von
unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu erreichen.
Frage 5:
Die regionalen Unterschiede in den Kosten der Blutprodukte sind zum Teil auf die -
oftmals auch topographisch bedingten - unterschiedlichen Aufwendungen bei der
Gewinnung solcher Produkte zurückzuführen. Es wird allerdings versucht werden, eine
Harmonisierung zu erreichen. Ein erster Schritt ist die Erfassung aller Preise, die
allerdings nur bedingt vergleichbar sind, da entsprechende Mengen an Rabatten
gewährt werden und auch die Preisgestaltung sich zwischen privaten und öffentlichen
Institutionen unterscheidet.
Frage 6:
Mir sind Unterlagen über die von einzelnen Herstellern erzielte Gewinne nicht
zugänglich.
Fragen 7 bis 9,11 b) und 12:
Die zur Beantwortung notwendigen Informationen sind - mangels entsprechender
Erfassung - nicht der Kostendarstellung im Bereich der Krankenanstaltenfinanzierung
zu entnehmen. Im übrigen verweise ich darauf, dass dem Bund im Bereich des
Spitalswesens nur die Grundsatzgesetzgebung zukommt, den Ländern jedoch die
Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung.
Ergänzend zu Frage 9 ist zu bemerken, dass der Verbrauch von
Thrombozytenkonzentraten nicht planbar ist, da die Anforderungen für
Thrombozytenkonzentrate sich nach der jeweiligen Situation richten und für Patienten,
die diese Konzentrate benötigen, es nicht
vorhersehbar ist, ob innerhalb eines kurzen
Zeitraumes von einem bis drei Tagen Thrombozytenkonzentrate erforderlich sind. Eine
Durchschnittsabnahmemenge ist daher nicht planbar.
Frage 10:
Die gepoolten Thrombozytenkonzentrate werden aus Vollblutkonserven nach Gewinn
des Buffycoats vor der Leukozytendepletion hergestellt. Bei entsprechender Menge je
nach Größe des Pools sind die gepoolten Thrombozytenkonzentrate jenen
Thrombozytenkonzentraten, die mittels Apherese gewonnen werden, in bezug auf die
Thrombozytenzahl und auch die klinische Wirksamkeit in etwa gleichzusetzen. Es muss
aber angeführt werden, dass durch die Poolung sich das Infektionsrisiko erhöht und
auch die Belastung des Empfängers mit Fremdantigenen wesentlich erhöht ist. Es hat
sich daher in den letzten Jahren allgemein ein Trend zu den Apheresekonzentraten
gezeigt, vor allem für Patienten mit hämatologischen Erkrankungen und Patienten, an
denen Stammzelltransplantationen durchgeführt werden. Für Patienten, die
chirurgischen Eingriffen unterliegen oder Patienten, die wegen Politraumata behandelt
werden, ist von der Qualität und dem Effekt her kein Unterschied zwischen gepoolten
Thrombozytenkonzentraten und Apheresekonzentraten gegeben. Als Indikationen für
Apheresekonzentrate ist auf die erwähnten Patientengruppen zu verweisen. Vor allem
bei der Langzeitbehandlung von Patienten mit hämatologischen Systemerkrankungen
und mit Stammzelltransplantation, bei denen eine Sensibilisierung mit HLA
Eigenschaften möglichst vermieden werden soll, und vor allem bei denjenigen
Personen, bei denen eine HLA - Sensibilisierung bereits eingetreten ist, soll nach
Möglichkeit eine Versorgung mit passenden HLA - gematchten Konzentraten erfolgen.
Dies ist eben nur mit ausgesuchten Einzelspendern möglich.
Frage 11:
lit. a)
Die Indikationsstellung hinsichtlich des Einsatzes von Thrombozytenkonzentraten
erfolgt durch den behandelnden Arzt, wobei durch das transfusionsmedizinische
Zentrum eine entsprechende Beratung erfolgt. Durch die Tätigkeit meiner Fachbeamten
im Bereich der Blutdepotbeauftragten ist es gelungen, die Indikationen für
Thrombozytenkonzentrate den klinisch tätigen Ärzten besser zu vermitteln, sodass
davon ausgegangen werden kann, dass eine indikationsgerechte Gabe der jeweiligen
Thrombozytenkonzentrate erfolgt. Es sind aber auch hier noch Defizite vorhanden, die
durch verstärkte Arbeit der Transfusionskommissionen in den einzelnen Spitälern
abgebaut werden sollen.
Durch eine Öffnung des Marktes auch für andere Anbieter als die Blutspendezentralen
könnte eine Wettbewerbssituation entstehen, durch die es zu einer Verbilligung der
einzelnen Blutprodukte kommen kann, wie es bereits bei den
Thrombozytenkonzentraten und dem Quarantäneplasma bzw. SD - Plasma geschehen
ist. Ein wesentliches Einsparungspotential liegt aber auch im sparsamen Gebrauch von
Blutprodukten, wobei nach internationalen
Erfahrungen die Möglichkeit besteht, den
Einsatz von Erythrozytenkonzentraten um 10 - 30 % zu senken und die Anwendung
von Plasma um etwa 20 - 40 % zu minimieren.
lit. c)
Durch die Einrichtung von Blutdepots in den Krankenanstalten erfolgte bereits in den
letzten Jahren eine deutliche Einsparung und zwar durch bessere Bevorratung und
damit verbunden, eine geringere Verwurfrate.
lit. d)
Die Rate von Transfusionszwischenfällen ist derzeit nicht bekannt, es wird aber mit Hilfe
der Transfusionskommission in den nächsten Jahren möglich sein, ein entsprechendes
Meldesystem aufzubauen. Bei den Transfusionszwischenfällen muss unterschieden
werden, ob es sich um hämolytische Zwischenfälle auf Grund von Verwechslungen
handelt oder um Langzeitreaktionen, die noch schwerer erfassbar sind. Auf Grund der
wenigen bis dato vorliegenden Daten in Verbindung mit der internationalen Literatur
lässt sich ableiten, dass 1 schwerer hämolytischer Transfusionszwischenfall bei etwa
600.000 Transfusionen zu erwarten ist. Zwischenfälle wie Volumsüberladung oder
allergische Reaktionen sind in einer größeren Frequenz zu erwarten und dürften in der
Größenordnung zwischen 0,5 und 1 % liegen.
lit. e) und f)
Blutgruppenungleiches Blut wird in Notfällen verabreicht, wenn die passende
Blutgruppe nicht vorhanden ist, vor allem bei politraumatisierten Patienten und bei
Massivtransfusionen, bei denen auf das Erythrozytenkonzetrat Blutgruppe 0
übergegangen wird. Auch bei Thrombozytenkonzentraten kann die
Blutgruppengleichheit nicht immer beachtet werden, wenn die Versorgung mit HLA -
kompatiblen Thrombozyten im Vordergrund steht.
lit. g)
Die Verabreichung von blutgruppengleichem Blut ist in den Richtlinien festgeschrieben
und ist auch entsprechend der Good Manufacturing Practice verpflichtend, soweit nicht
die bereits genannten Umstände die Gabe von blutgruppenungleichem Blut erforderlich
machen.
lit. h)
Gemäß den Richtlinien ist eine serologische Beweglichkeitsprobe vorgeschrieben,
sodass davon auszugehen ist, dass in den Spitälern alle Erythrozytentransfusionen
ausgekreuzt werden. Auch hier hat die Einrichtung der Blutdepots und der
Transfusionsbeauftragten bzw. die Etablierung von Transfusionskomitees eine
weitestgehende Durchsetzung dieser Forderungen ermöglicht.
Zu Frage 13 lit. a) b) und c):
Ein großer Teil der Blutdepots wird derzeit nicht von Fachärzten für
Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin geleitet, da einerseits nicht genügend
Fachärzte zur Besetzung von Blutdepots
zur Verfügung stehen, und andererseits Ärzte
Blutdepots führen, die von den Trägern von Krankenanstalten dafür namhaft gemacht
werden - letztere werden in entsprechenden Seminaren und Kursen dafür ausgebildet.
Endziel ist jedoch, dass Blutdepots, vor allem in Schwerpunkt und
Zentralkrankenhäusern von Fachärzten für Transfusionsmedizin geführt werden. Auf
Grund der beschränkten Ausbildungsstellen ist eine Besetzung aller Blutdepots mit
Fachärzten für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin jedoch nicht möglich.
lit. d) und f)
Auch zu diesen Fragen muss ich auf die beschränkte Kompetenz des Bundes im
Spitalswesen verweisen. Unterlagen, aus denen die in Rede stehenden Kostenangaben
ersichtlich sind, sind mir nicht zugänglich.
lit. e)
Unter der Voraussetzung, dass alle Sicherheitsmaßnahmen in diesem Zusammenhang
gegeben sind und auch eingehalten werden, werde ich dafür eintreten.
Zu Frage 14:
Der Eigenblutanteil bei geplanten Operationen in den einzelnen Bundesländern ist
schwer anzugeben, er bewegt sich in Gesamtösterreich zwischen 1 - 3 %,
ausgenommen orthopädische Operationen (z.b. Hüft - oder Knieprothese), bei denen
der Eigenblutanteil zwischen 10 und 20 % liegt.
lit. a) und b)
Auch hier muss ich auf die beschränkte Kompetenz des Bundes im Spitalswesen
verweisen. Ergänzend ist aber festzuhalten, dass die Eigenblutvorsorge, in welcher
Form auch immer, einen Beitrag zur Optimierung der Behandlung von Patienten
darstellt, und daher eine zusätzliche Verrechnung nicht gerechtfertigt ist. Es wäre in
diesem Zusammenhang eine einheitliche bundesweite Regelung in Zusammenarbeit
mit den Kostenträgem bzw. den Trägern der Sozialversicherung dringend erforderlich.
lit. c)
Wissenschaftlich erhobene Daten liegen mir darüber nicht vor.
lit. d)
In den Richtlinien ist die entsprechende Bewertung der Eigenblutkonserven
festgehalten.
lit. e)
Es sind mehrere Artikel publiziert, die sich mit den Kosten der Eigenblutvorsorge im
Hinblick auf die mit dem Eigenblut gewonnene Lebensqualität bzw. verlängerte
Lebenserwartung auseinandersetzen und zu dem Schluss kommen, dass wegen der
hohen Kosten und der bereits hohen Sicherheit von Fremdblutkonserven ein
Eigenblutvorsorge nicht ökonomisch ist. Diese Berechnungen oder Veröffentlichungen
beziehen sich aber alle vorwiegend auf die Frequenz der durch Eigenblutvorsorge
verhinderten Infektionen mit Viren, stellen
aber nicht die bessere Heilung und die
Immunmodulation in Rechnung. Mehrere Übersichtarbeiten, die sich mit der
Immunmodulation durch Fremdblutkonserven und der damit verbundenen Risken, wie
erhöhte Krebshäufigkeit befassen, kommen zu keinem eindeutigen Schluss. Die
Diskussion darüber zeigt allerdings, dass trotz Fehlens genauer Daten die Gabe von
Fremdblutkonserven noch immer ein erhöhtes Risiko darstellt. Es werden in den
nächsten Jahren einschlägige Studien aufliegen, die eine genauere Bewertung der
Eigenblutvorsorge ermöglichen.
lit. f) und g)
Die Operation von Moribunden ist, soweit Daten vorliegen, ein nicht häufig
durchgeführter Eingriff. Die präoperative Entnahme von Eigenblut bei Schwerkranken ist
auf Grund der strengen Indikationsstellung und der in den Richtlinien - aber auch in den
internationalen Publikationen - angeführten Kontraindikationen sicher nicht durchführbar
und wird auch nicht vorgenommen.
Zu Frage 15:
Eine entsprechende Studie ist in Aussicht genommen.