1490/AB XXI.GP

Eingelangt am: 12.01.2001

 

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1 509/J - NR/2000, betreffend

Weiterführung der Mariazellerbahn, die die Abgeordneten Huber und Genossinnen am

22. November 2000 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Zur Nebenbahnproblematik möchte ich im Allgemeinen Folgendes grundsätzlich

feststellen:

 

1. Rechtsgrundlage

Für Einstellung von Bahnen ist § 29 (1) Eisenbahngesetz maßgebend:

 

„Auf Antrag des Eisenbahnunternehmens hat die Behörde, abgesehen von einer

betriebsbedingten Einstellung ... die vorübergehende oder dauernde Einstellung

einer Eisenbahnstrecke bzw. eines -streckenteiles zu bewilligen, wenn seine

Weiterführung dem Eisenbahnunternehmen wirtschaftlich nicht mehr zugemutet

werden kann. Die Bewilligung zur dauernden Einstellung darf nur erteilt werden,

wenn Bemühungen des antragstellenden Unternehmens um eine Übernahme der

Eisenbahnstrecke bzw. des - streckenteiles zu kaufmännisch gerechtfertigten

Bedingungen erfolglos blieben; zur Überprüfung dessen kann die Behörde

erforderlichenfalls eine öffentliche Interessentensuche veranlassen. Vor der Erteilung

von Bewilligungen ist der Landeshauptmann, sofern er nicht selbst zuständig ist,

anzuhören.“

 

2. Die Absicht der ÖBB

Gemäß Schreiben des Vorstandes der ÖBB und nach Auskunft von GD. Draxler sind

folgende Strecken von Verkehrseinstellungen betroffen. Ein formaler

Einstellungsantrag durch die ÖBB liegt noch nicht vor, daher konnte auch noch kein

Einstellungsverfahren eröffnet werden:

 

2.1. Schmalspurbahnen

St. Pölten - Mariazell (Mariazellerbahn)

Ober Grafendorf Wieselburg an der Erlauf

Waidhofen an der Ybbs - Lunz am See

Gstadt - Ybbsitz

Gmünd NÖ - Litschau

Gmünd NÖ - Groß Gerungs

Zell am See - Krimml (Pinzgauer Lokalbahn oder Krimmlerbahn)

 

2.2. Normalspurbahnen

Freiland - Türnitz

Weitersfeld NÖ - Drosendorf

Siebenbrunn - Leopoldsdorf - Engelhartstetten

Staatsgrenze nächst Ehrwald - Zugspitzbahn - Staatsgrenze nächst Schönbichl

(Außerfernbahn)

Mürzzuschlag - Neuberg Ort

Göpfritz - Raabs

Ernstbrunn - Mistelbach

Poysdorf - Dobermannsdorf

Rohr - Bad Hall

Weizelsdorf - Ferlach

Wietersdorf HSt. - Hüttenberg

St. Paul - Lavamünd

 

3. Grundsätzliche Vorgangsweise

3.1. Die ÖBB stellen nur den Güterverkehr oder den Personenverkehr ein

Dadurch würden freie Zugtrassen zur Verfügung stehen. Durch den freien

Netzzugang für Dritte können die freien Zugtrassen von anderen konzessionierten

Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden. Die Länder oder sonstige

Interessierte können Verkehrsdienstverträge mit diesen neuen

Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließen und bestimmte Leistungen gegen

Bezahlung in Auftrag geben.

 

3.2. Die ÖBB stellen den Gesamtverkehr und den Betrieb der Infrastruktur ein

Diese Einstellung unterliegt den Bestimmungen des § 29 Eisenbahngesetz, d.h. die

ÖBB müssen einen Einstellungsantrag bei der Eisenbahnbehörde stellen. Nach

entsprechender Prüfung kann, um den Betrieb auf einer von den ÖBB eingestellten

Nebenbahn weiterhin aufrecht zu erhalten, eine europaweite Ausschreibung

durchgeführt und Interessenten für die Aufrechterhaltung des Betriebes gesucht

werden. Die Vergabeprioritäten sind:

-     Betrieb der Infrastruktur und des Güter - und Personenverkehrs

-     Güter - und Personenverkehr

-     Personen - oder Güterverkehr

-     Anschlussbahnähnlicher Betrieb

-     Betrieb als Museumsbahn.

 

Der Bund würde in den ersten drei Fällen diesen neuen Eisenbahnunternehmen

auch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen analog den Regelungen für

Privatbahnen zur Verfügung stellen. Für Schüler - und Lehrlingsfreifahrten stehen

Mittel aus dem FLAF zur Verfügung. Im Personenverkehr wird die Einbeziehung in

die entsprechenden Verkehrsverbünde stattfinden.

 

Bei Übernahme des Betriebes der Infrastruktur würde auch für Dritte die Erhaltung

der Infrastruktur gemäß dem Privatbahnunterstützungsgesetz gefördert werden. Dies

bedeutet, Investitionen in die Infrastruktur werden im Schlüssel 50 : 50 Bund : Dritte

geteilt. Ausgaben für die Infrastrukturerhaltung sollten 80 : 20 Bund : Dritte geteilt

werden (noch zu verhandeln).

 

4. Beauftragung der Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (SCHIG)

Um die gemäß § 29 Eisenbahngesetz vorgesehene Interessentensuche zu

vereinfachen, haben sich Bund, ÖBB und

Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (SCHIG) auf eine gemeinsame

Vorgangsweise geeinigt:

 

Für die folgenden Strecken werden von der SCHIG Interessenten gesucht:

1. Freiland - Türnitz

2. Göpfritz - Raabs

3. Ernstbrunn - Mistelbach

4. Siebenbrunn - Leopoldsdorf - Engelhartstetten

5. Poysdorf - Dobermannsdorf

6. Weitersfeld NÖ - Drosendorf

7. St. Paul - Lavamünd

8. Wietersdorf Hst. - Hüttenberg

9. Weizelsdorf - Ferlach

10. Rohr - Bad Hall

11. Mürzzuschlag - Neuberg Ort

12. Gmünd - Litschau

13. Gmünd - Groß Gerungs

 

Wenn sich bei den angeführten Nebenbahnstrecken im Zuge der Interessentensuche

Interessenten melden, die sich gemäß den vorgegebenen Prüfkriterien als geeignet

herausstellen, kommt es zu einem Vergabeverfahren.

 

5. Neue Überlegungen der ÖBB - Infrastruktur

Bei den folgenden Strecken, von denen sich die ÖBB gemäß Schreiben an das

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie vom 12. Juli 2000 im

Personen- und Güterverkehr zurückziehen werden, wollen die ÖBB weiterhin - also

für Dritte - die Infrastruktur weiter betreiben

-     Mariazellerbahn

-     Ybbstalbahn

-     Außerfernbahn

-     Krimmlerbahn.

 

6. Sonderproblem Schmalspurbahnen im Waldviertel

Gemäß Auskunft des Vorstandes ÖBB wird der Güterverkehr auf den

Schmalspurstrecken Gmünd NÖ - Groß Gerungs und Gmünd NÖ - Litschau mit

Jahresende 2000 eingestellt. Maßnahmen und Zeitpunkt wurden gemäß ÖBB mit

den betroffenen Unternehmen abgesprochen. Diese seien einverstanden. Die

Einstellung des Personenverkehrs ist zum Fahrplanwechsel 2001/2002 (10.6.2001)

vorgesehen.

 

Im Personen - und Güterverkehr sowie in der Infrastruktur bestehen zahlreiche

Schwächen, da in der Vergangenheit wegen der geringen Nachfrage auch nur wenig

investiert wurde. Gemäß Angaben der ÖBB entsteht derzeit ein jährlicher Verlust in

der Höhe von ca. 9,3 Mio S.

Eine Trendumkehr“ kann nur erreicht werden, wenn in vielen Bereichen erhebliche

Aktivitäten gesetzt werden, um einen Betrieb unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten

zu ermöglichen. Dies bedeutet,

• falls das Land Niederösterreich Verkehrsdienstverträge für den Personenverkehr

   abschließt,

• der Tourismusverband entsprechende Attraktivitäten setzt,

• internationale Vermarktungen von eisenbahntouristischen Programmen erfolgen,

• den Unternehmen eine Bestandsgarantie von zumindest 5 Jahren gegeben wird

  und diese eine entsprechende Transportverpflichtung eingehen,

 

könnte unter der Voraussetzung

• universell einsetzbarer, spartenübergreifender Eisenbahner,

• einer personellen Mindestausstattung (Abzug allen überflüssigen Personals)

• ohne Zurechnung von Gemeinkosten und

• absoluter Entscheidungsfreiheit des örtlichen Managements

 

ein gerade noch ausgeglichenes Betriebsergebnis erzielt werden.

 

Die Finanzierung der Infrastruktur der ÖBB

Die Finanzierung des Infrastrukturbereiches der ÖBB war in der Vergangenheit

extrem problematisch. Zwar konnte durch die Gründung der

Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (SCH IG) ein Investitionsvolumen im

Ausmaß von 143 Mrd öS für Investitionen gesichert werden. Die Finanzierung des

laufenden Betriebes und der Erhaltung der Infrastruktur war jedoch extrem

problematisch.

 

Die ÖBB konnten mit Zustimmung von Finanz - und Verkehrsressort und mit der

Haftung der Republik jährlich die erforderlichen Mittel auf dem Kapitalmarkt

aufnehmen. Per 31.12.2000 wird der Verbindlichkeitenstand der ÖBB fast 54 Mrd öS

betragen, damit war die Unfinanzierbarkeit absehbar.

 

Dank der Bemühungen der neuen Regierung konnten die Mittel für die ÖBB im

Budgetkapitel 65 von 9,3 auf 16,0 Mrd öS aufgestockt werden, die seit dem

Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes 1992 laufend unterdotiert waren und jährlich

weiter gekürzt wurden. Im Jahr 2000 kann die Unterdotierung noch durch die

Herabsetzung einer vorsorglichen Kapitalerhöhung ausgeglichen werden.

 

Ab 2001 stehen nunmehr ausreichend Mittel zur Verfügung und die ,,Schuldenpolitik“

hat nunmehr ein Ende.

 

Im Folgenden darf konkret noch kurz auf die gestellten Fragen eingegangen werden:

 

 

Zu Frage 1:

Ja, wenn die Ausschreibung der gegenständlichen Strecke erfolgreich verläuft.

 

Zu Frage 2:

Derzeit wird die Ausschreibung der gegenständlichen Strecke vorbereitet.

Zu Frage 3:

Das Interesse am Weiterbetrieb der Mariazellerbahn ist insoweit gegeben, als die

Ausschreibung der gegenständlichen Strecke erfolgreich ist.

 

Zu Frage 4:

Wenn die Ausschreibung erfolgreich verläuft und damit der Weiterbetrieb der

Mariazellerbahn gewährleistet ist, wird die Erhaltung der Schieneninfrastruktur der

gegenständlichen Bahn mit Bundesunterstützung gewährleistet sein.

 

Zu den Fragen 5 und 6:

Dies ist Aufgabe der Österreichischen Bundesbahnen sowie jener Interessenten, die

als private Betreiber die gegenständliche Strecke bedienen wollen.