1491/AB XXI.GP
Eingelangt am: 12.01.2000
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1513/J-NR/2000, betreffend die
Behandlung Behinderter im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von
Leistungen des Schienenverkehrs, die die Abgeordneten Plank und Genossen am
22. November 2000 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu
beantworten:
Vorweg erlaube ich mir mitzuteilen, dass ich die gegenständliche parlamentarische
Anfrage auch dem Vorstand der Österreichischen Bundesbahnen vorgelegt habe.
Zum Motiventeil der Anfrage wird seitens der ÖBB folgendes ausgeführt:
Familie N. hat sich am 3.9.2000 bei den ÖBB über den Ausfall eines im Fahrplan
vorgesehenen Behindertenwaggons telefonisch beschwert.
Die ÖBB (Personenverkehr Land Salzburg/Servicestelle Vertrieb/Beschwerden)
haben am 27.9.2000 schriftlich auf diese Beschwerde reagiert. Im diesbezüglichen
Antwortbrief erklärten die ÖBB die näheren Hintergründe für den Entfall des
behindertengerechten Waggons (Grund war ein technischer Ausfall). Dem Schreiben
wurden ÖBB - Reisegutscheine beigelegt. Der betroffene Fahrgast Günther N.
bedankte sich am 3.10.2000 schriftlich bei den ÖBB für das schnelle Reagieren
sowie für die Gutscheine.
Erst am 23.10.2000 erschien in der Kronen Zeitung Tirol der Artikel „Behinderter im
Gepäckwagen“.
Angemerkt wird, dass sich die Familie N. mit Schreiben vom 9.10.2000 an den
Vorstandsdirektor Personenverkehr der ÖBB mit dem Ersuchen um finanzielle
Unterstützung gewandt hat. Dieser Bitte wurde am 10.11.2000 im Rahmen eines
nochmaligen, persönlichen Entschuldigungsschreibens mit Reisegutscheinen
entsprochen (siehe Beilagen der ÖBB).
Zu den Fragen 1 und 3:
Ja, der Medienartikel ist meinem Ressort bekannt.
Wie mir die Österreichischen Bundesbahnen mitteilen, handelt es sich im
gegenständlichen Fall um die (angeblich mehrmalige) Beförderung eines behinderten
Reisenden (Rollstuhlfahrer) im Gepäckwagen des EuroCity - Zuges 161 „Maria
Theresia“ (Zürich - Buchs SG - Innsbruck/ab 17.30 Uhr - Kufstein - Salzburg/an
19.29 Uhr - Wien Westbahnhof). Der Zug (die komplette Garnitur wird von den ÖBB
gestellt) ist planmäßig mit einem behindertengerechten Reisezugwagen ausgestattet.
Die ÖBB besitzen derzeit insgesamt 32 dieser behindertengerechten
Spezialwaggons, von denen sich 27 im ständigen Einsatz befinden. 5 Wagen sind
als Reserve in größeren Bahnhöfen abgestellt und werden als Ersatz für nicht
funktionstüchtige Waggons verwendet. Bedauerlicherweise kann es - wie im
vorliegenden Fall - vereinzelt vorkommen, dass infolge eines Wagengebrechens
kurzfristig ein Zug, der zwar im Österreichischen Kursbuch als behindertengerecht
dargestellt ist, ohne diesen Spezialwaggon verkehrt.
Desweiteren teilen die ÖBB mit, dass bei Zügen, die planmäßig keinen
behindertengerechten Reisezugwagen (zu geringe Türbreite) mitführen, die
Möglichkeit des Ein - und Ausstieges mit Hilfe eines eisenbahngerechten Fahr - und
Tragsessels besteht. Dieser spezielle Rollstuhl wurde für schwerstkörperbehinderte
Menschen entwickelt, um das Heben in den Einstieg, die Durchfahrt durch enge
Türen und Gänge im Zug bis zum Sitzplatz zu ermöglichen. Der Rollstuhl wird für
Fahrten auf ÖBB - Strecken von und zu besetzten Bahnhöfen kostenlos zur Verfügung
gestellt, und muss spätestens 3 Tage vor Antritt der Reise telefonisch beim
Abfahrtsbahnhof bestellt werden.
Zu Frage 2:
Es ist nicht richtig, dass die ÖBB Behinderte wie Menschen 2. Klasse behandeln.
In diesem Zusammenhang darf ich beispielhaft auf diverse Maßnahmen verweisen,
die darauf abzielen, die Situation Behinderter entscheidend zu verbessern.
Entschließungen des Nationalrates zufolge, wurde es bereits in Angriff genommen,
stark frequentierte Bahnhöfe behindertengerecht auszurüsten, diverse Bahnhöfe
mit Rollstuhlhebeliften auszustatten und Vorkehrungen zur Mitführung von
rollstuhlgerechten Wagen in Intercity - Zügen und in allen internationalen Zügen sowie
die Herstellung eines barrierefreien öffentlichen Personen - und Nahverkehr zu
treffen.
Das Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah - und
Regionalverkehrs ( ÖPNRV - G 1999) stellt einen wichtigen Akzent für die
Realisierung der im Behindertenkonzept der Österreichischen Bundesregierung
beabsichtigten Ziele insoweit dar, als die Vergabe öffentlicher Zuschüsse vermehrt
von der Berücksichtigung der Bedürfnisse von in ihrer Mobilität beeinträchtigten
Bürger/Innen abhängig gemacht wird (siehe auch Antwort zu Fragepunkt 4.)
Im Zusammenhang mit der Bahnhofsoffensive, in der eine Modernisierung der
Bahnhöfe nach ihrer Frequenz vorgesehen ist, wurde von den ÖBB die
Ausarbeitung eines umfassenden
Behindertenkonzeptes gefordert, das allgemeine
Richtlinien über den Umfang der behindertengerechten Ausstattung von Bahnhöfen
enthalten sollte.
Zu Frage 4:
Grundsätzlich wurde der Budgetansatz für das Jahr 2000 gegenüber den Vorjahren
um ca. 15% reduziert. Nachdem es sich hiebei um eine einmalige Reduktion handelt,
ist ein Zusammenhang zwischen der Mittelkürzung und dem von den Abgeordneten
angeführten mangelnden Angebot des Schienenverkehrs für Menschen mit
besonderen Bedürfnissen nicht schlüssig herzustellen.
Gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ordnung des öffentlichen
Personennah - und Regionalverkehrs (ÖPNRV - G) besteht die Möglichkeit, für ab
1.1.2000 zusätzlich erbrachte Verkehrsdienste (Schienenverkehre, Kraftfahrlinien -
verkehre) Fördermittel des Bundes für die bestellenden Gebietskörperschaften zu
gewähren (nur für Betriebskosten). Voraussetzung für derartige Bundesmittel ist der
Nachweis der im zitierten Gesetz enthaltenen Qualitätskriterien, z.B. auch die
behindertengerechte Ausgestaltung des Verkehrsdienstes.
Zu Frage 5:
Grundsätzlich ist es eine Entscheidung der Leitung eines Unternehmens
entsprechende Vorkehrungen für in der Mobilität beeinträchtigten Personen zu
treffen. Eine wirtschaftliche Unterstützung seitens des Verkehrsressorts kann -
soweit es die Schienenbahnen betrifft - im Rahmen der Vereinbarung über die
Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen erfolgen. Eine Aufnahme eines
derartigen Kriteriums wird aus gegebenem Anlass für den nächstfolgenden
Leistungsvertrag mit den ÖBB erwogen.
Auch das Wagenbeschaffungsprogramm der ÖBB sieht mittelfristig (nach Maßgabe
der verfügbaren Finanzmittel) sukzessive den Ankauf weiterer behindertengerechter
Reisezugwagen vor.
Zu Frage 6:
Stellplätze für Behinderte mit direktem Zugang zum Aufnahmsgebäude stehen in der
Tiefgarage zur Verfügung. Die Tiefgarage befindet sich auf Bahngrund, Betreiber ist
die Salzburger Parkgaragen Ges.m.b.H.. Des weiteren können Behinderten -
transporte zum Bahnhofsvorplatz zufahren, um mobilitätseingeschränkten Personen
das Aus - bzw. Einsteigen zu ermöglichen.
Eine Entscheidung über die Errichtung von Behindertenparkplätzen am Bahnhofs -
vorplatz kann nicht von den ÖBB getroffen werden, da die Verkehrsplanung im
Zuständigkeitsbereich der Stadt Salzburg liegt.
Zu Frage 7:
Das Eisenbahngesetz sieht lediglich vor, im Rahmen bestehender Rechtsvorschriften
das Verhalten einschließlich der Ausbildung des Personals, das Tätigkeiten zur
Gewährleistung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs
ausführt, durch allgemeine Anordnungen im Interesse der Sicherheit und Ordnung
des Eisenbahnbetriebes und des
Eisenbahnverkehrs zu regeln.
Die Eisenbahnbehörde nimmt diese Anfrage zum Anlass, die Schienenbahn -
unternehmen anzuweisen, die Mitarbeiter verstärkt auf einen sensiblen Umgang
mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen durch entsprechende Maßnahmen zu
unterweisen (z.B. im Rahmen von Schulungen).
Anlagen konnten nicht gescannt werden!