1516/AB XXI.GP
Eingelangt am: 17.01.2001
BM für auswärtige Angelegenheiten
Die Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Ulrike LUNACEK, Freundinnen und Freunde
haben am 23. November 2000 unter der Nr. 1546/J - NR/2000 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend die geplante Entsendung eines residenten
österreichischen Handelsdelegierten nach Bagdad gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Nach den dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten vorliegenden
Informationen hat die Wirtschaftskammer Österreich mit 1. Jänner 2001 einen residenten
Handelsdelegierten nach Bagdad entsandt.
Zu den Frage 2, 5 und 6:
Nach § 42 Abs. 2 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG), BGBl. I Nr.103/1998, zählt zu
den Aufgaben der Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer Österreich
a) die Förderung des Außenhandels und der Wirtschaftsbeziehungen im Binnenmarkt und
mit Drittstaaten,
b) die Beratung und Information der Kammermitglieder in außenwirtschaftlichen Angele -
genheiten im In - und Ausland und
c) die Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
in außenwirtschaftlichen Belangen.
Zur Erfüllung der Aufgaben der Außenwirtschaftsförderung unterhält die Bundeskammer
gemäß § 42 Abs. 3 WKG entsprechende Einrichtungen, nämlich die Außenhandelsstellen.
Nach der zwischen dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und der
Wirtschaftskammer Österreich bestehenden Vereinbarung betreffend die Zusammen -
arbeit zwischen dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und den
österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland mit der Wirtschaftskammer Österreich
und den österreichischen Außenhandelsstellen ist die Errichtung bzw. Wiedererrichtung
von Außenhandelsstellen dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten in
angemessener Zeit im Voraus zur Kenntnis zu bringen. Die Bestellung des Leiters einer
bestimmten Außenhandelsstelle bedarf gemäß der erwähnten Vereinbarung der
vorherigen Zustimmung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten.
Die Wirtschaftskammer Österreich hat - entsprechend dieser Vereinbarung - der
Administrativen Sektion des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten im
September 2000 die Absicht, einen residenten Handelsdelegierten nach Bagdad zu
entsenden, bekannt gegeben. Die Prüfung der außenwirtschaftlichen Voraussetzungen für
eine solche Entsendung fällt nach dem Bundesministeriengesetz 1986 in der geltenden
Fassung nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für auswärtige
Angelegenheiten.
Zu den Fragen 3 und 4:
Das österreichische System der Außenhandelsstellen ist mit anderen EU - Mitgliedstaaten
nicht vergleichbar. In den meisten Botschaften der EU - Mitgliedstaaten üben entweder
Beamte des jeweiligen Außenministeriums oder auch des Wirtschaftsministeriums die
Funktion eines Handelsrates oder - attachés aus.
Derzeit unterhalten Spanien und Griechenland diplomatische Vertretungsbehörden in
Bagdad. Frankreich und Italien, welche keine diplomatischen Beziehungen zum Irak
unterhalten, haben Interessensvertretungen in den Botschaften Rumäniens bzw. Ungarns
eingerichtet. Diese Stellen sind jeweils mit von Frankreich bzw. Italien entsandtem
diplomatischen Personal, das auch wirtschaftliche Agenden mitbetreut, besetzt. Portugal
plant demnächst die Entsendung eines
Geschäftsträgers.
Die wichtigsten Interessen Großbritanniens werden von der Botschaft der Russischen
Föderation wahrgenommen. Andere EU - Mitgliedstaaten betreuen den Irak von den
Nachbarstaaten, meist von Jordanien, aus und haben dafür zum Teil Beamte, die nur mit
Irak - Angelegenheiten befaßt sind.
Eine Akkordierung mit den EU - Stellen zur Entsendung des österreichischen
Handelsdelegierten war daher nicht erforderlich.
Von Nicht - EU - Mitgliedstaaten unterhalten die USA eine „Interest section“ bei der
polnischen Botschaft in Bagdad. Die Schweiz wird gemäß einer Ankündigung vom 22.
November d. J. im Irak demnächst eine ,,Verbindungsstelle für humanitäre Aktivitäten“
eröffnen, die auch für die Vertretung wirtschaftlicher Interessen zuständig sein wird.
Zu Frage 7:
Das Oil - for - Food - Programm wurde auf Basis der Resolution 986 (1995) des UN - Sicher -
heitsrates und der entsprechenden Folgeresolutionen eingerichtet. Unbeschadet der
Embargobestimmungen der UN - SR - Resolution 661 (1990) regelt erstere Resolution unter
anderem die Voraussetzungen für den Ankauf irakischen Erdöls sowie die Modalitäten der
Lieferung bestimmter Güter (humanitäre Zwecke, Ersatzteile für die wichtigsten
Infrastrukturen) an den Irak. Darin legt Art. 9 (b) fest, dass im Zusammenhang mit den Oil -
for - Food - Lieferungen direkt notwendige Aktivitäten inklusive finanzielle Transaktionen
erlaubt sind. Bis zu einer allfälligen Neuregelung der Sanktionenregimes wird die Aufgabe
des österreichischen Handelsrates in Bagdad darin bestehen, die österreichischen
Unternehmen im Rahmen des Oil - for - Food - Programmes zu unterstützen, was im Sinne
des zitierten Artikels dem Sanktionenregime nicht entgegensteht. Diese Tätigkeit
entspricht jener anderer UNO - Mitglieder, die in Bagdad durch residente
Botschaftsangehörige vertreten sind.
Zu Frage 8:
Dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten liegen keine derartigen
Aussagen der irakischen Stellen vor. Allerdings sollen österreichische Unternehmen, die
sich für Lieferungen im Rahmen des Oil -
for - Food - Programmes der Vereinten Nationen an
den Irak interessiert hatten, laut ihren eigenen Angaben im Zuge der Verhandlungen von
irakischer Seite darauf hingewiesen worden sein, dass die Wiederbesetzung der
Österreichischen Botschaft in Bagdad einer Auftragsvergabe nützlich sein könnte.
Zu Frage 9:
Dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten liegen keine diesbezüglichen
Informationen vor. Für die Entgegennahme und weitere Bearbeitung der Lieferanträge
österreichischer Unternehmen, die auf Grund der Bestimmungen des Oil - for - Food -
Programmes vom UN - Sanktionenkomitee „661" geprüft werden müssen, ist das
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zuständig. Die Anträge werden über die
Ständige Vertretung Österreichs bei den Vereinten Nationen bei den UN - Stellen
eingereicht. Ein Zusammenhang mit der Reise der niederösterreichischen Delegation
nach Bagdad Ende August 2000 ist aus den seither eingereichten Anträgen nicht
erkennbar.
Zu Frage 10:
Nein. Für Fragen der Exportförderung sowie für Exportfinanzierungsangelegenheiten sind
die Bundesministerien für Wirtschaft und Arbeit bzw. für Finanzen zuständig.