1613/AB XXI.GP
Eingelangt am: 30-01-2001
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
An den
Herrn Präsidenten des Nationalrates
zur Zahl 1619/J - NRI2000
Die Abgeordneten zum Nationalrat Wolfgang Jung und Kollegen haben an mich eine
schriftliche Anfrage betreffend "illegale Aktenflüsse zur Zeitschrift 'Format'" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Der Vorstand der Wirtschaftspolizei der Bundespolizeidirektion Wien übergab
anlässlich einer Dienstbesprechung in den Amtsräumen der Staatsanwaltschaft
Wien am 20. November 2000 den teilnehmenden Staatsanwälten einen internen
Zwischenbericht selben Datums. Dieser Bericht wurde zum bezughabenden
Verschlusstagebuch der Staatsanwaltschaft Wien genommen. Als interne Arbeitsun -
terlage der Anklagebehörde wurde er nicht an den Untersuchungsrichter des
Land esgerichtes für Strafsachen Wien weitergeleitet.
Zu 2:
Vor der Veröffentlichung im "Format" hatten bei der Staatsanwaltschaft Wien deren
Leiter, der zuständige Gruppenleiter, zwei mit der Strafsache befasste Staatsan -
wälte sowie die Kanzleibediensteten der Präsidialgeschäftsabteilung Zugang zu
diesem Zwischenbericht der Wirtschaftspolizei. Gerichtsbedienstete hatten keine
Zugriffsmöglichkeit.
Die ermittelnden Sicherheitsbehörden erstatten der Staatsanwaltschaft Wien in der
zur Rede stehenden Strafsache laufend schriftliche Berichte. Während sogenannte
Zwischenberichte als interne Arbeitsunterlagen bei der Anklagebehörde verbleiben,
werden Berichte über konkrete Erhebungsergebnisse an den Untersuchungsrichter
weitergeleitet. Dort werden sie in den Akt
einjournalisiert, womit sie grundsätzlich
der Akteneinsicht unterliegen. Die Zahl der Bediensteten der Staatsanwaltschaft
Wien und des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, die Zugang zu solchen Berich -
ten haben, kann nicht festgestellt werden.
Zu 3 bis 5:
Die Staatsanwaltschaft Wien führte zu diesen Fragen in ihrem aus Anlass der vorlie -
genden Anfrage eingeholten Bericht aus wie folgt:
"Aufgrund einer durch die Staatsanwaltschaft Wien eingeholten Stellungnahme des Vorstan -
des der Wirtschaftspolizei Mag. H. ergibt sich, dass folgender weiterer Personenkreis
Zugang zum internen Zwischenbericht vom 20.11.2000 hatte: Im unmittelbaren Wege
wurden Gleichschriften dieses Berichtes von der Wirtschaftspolizei an die Generaldirektion
für die öffentliche Sicherheit sowie an das Sekretariat des Polizeipräsidenten der Bundespo -
lizeidirektion Wien übermittelt. Von der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, in
deren Bereich ein nicht näher eingrenzbarer Personenkreis Zugang zu diesem Bericht hatte,
wurde dieser in der Folge dem Vorsitzenden der Disziplinarkommission Hofrat Dr. K. im
Telefaxweg übermittelt. Im Bereich des Präsidiums der Bundespolizeidirektion Wien, wo
auch mehrere Kanzleibedienstete Zugang zu diesem Bericht hatten, wurde er dem Perso -
nalbüro der Bundespolizeidirektion Wien und sodann dem Generalinspektorat der Sicher -
heitswache sowie dem Kriminalbeamteninspektorat als personalführenden Stellen zwecks
Erstattung von Disziplinaranzeigen übermittelt. Zufolge eines in einem Aktenvermerk festge -
haltenen Telefonates zwischen dem Journalisten Hannes R. und dem Vorstand der
Wirtschaftspolizei Mag. H. vom 24.11.2000 ergibt sich, dass der genannte Journalist kurz
zuvor an diesem Tag den Bericht erhalten hatte. Über Nachfrage von Mag. H. berief er sich
hinsichtlich seines Informanten gemäß § 31 MedG auf das Redaktionsgeheimnis.
Im Bereich der Staatsanwaltschaft Wien hatten lediglich die als Behördenleiter, Gruppenlei -
ter und zumindest vertretungsweise zur Bearbeitung des sogenannten "Spitzelaktes"
zuständigen Staatsanwälte sowie die Kanzleibediensteten der Präsidialgeschäftsabteilung
Zugang zum gegenständlichen Bericht.
Da eine Weitergabe des gegenständlichen Berichtes an den Journalisten Hannes R. durch
die genannten Angehörigen der Staatsanwaltschaft Wien nicht erfolgte, ist davon auszuge -
hen, dass eine Weitergabe im Bereich der genannten Dienststellen des Innenressorts
erfolgte.
Im Hinblick darauf, dass in schriftlichen Stellungnahmen eine Berichtsweitergabe im Bereich
der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, der Wirtschaftspolizei wie auch dem
Präsidium der Bundespolizeidirektion Wien ausgeschlossen wurde, jedoch ein größerer
Personenkreis Zugang zum Bericht hatte und der Journalist Hannes R. gemäß § 31 MedG
die Preisgabe seines Informanten verweigerte, ist davon auszugehen, dass eine Ausfor -
schung des unbekannten Täters nicht erfolgen kann. Eine Vernehmung sämtlicher im
Gelegenheitsverhältnis stehender Personen im Bereich des Innenressorts erscheint im
Hinblick auf die vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen der betroffenen Dienststellen
nicht aussichtsreich.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat daher das Verfahren gegen UT wegen § 310 Abs. 1 StGB
(Weitergabe des internen Zwischenberichtes der Wirtschaftspolizei vom 20.11.2000 an den
Journalisten Hannes R.) gemäß § 412 StPO abgebrochen."