1663/AB XXI.GP

Eingelangt am: 12-02-2001

 

Bundesminister für Inneres

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Hartinger und Kollegen haben am

12. Dezember 2001 unter Nr. 1652/J an mich eine schriftliche parlamen -

tarische Anfrage betreffend ‚die Vereinbarung mit dem Christophorus

Flugrettungsverein (ÖAMTC) - Hubschrauberrettungsdienste vom

18. Oktober 2000“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie

folgt:

 

Mit den dem Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestandenen

finanzgesetzlichen Krediten konnte zwar der Flugbetrieb im Bereich der

Flugpolizei und Flugrettung im Jahre 2000 gesichert werden, für den Betrieb

ab 2001 und für die Anschaffung neuer Rettungshubschrauber standen

jedoch keine ausreichenden Budgetmittel zur Verfügung.

 

Ziel dieser Bundesregierung ist unter anderem eine konsequente Ausgaben -

und Aufgabenreform, sowie die Konzentration der staatlichen Leistung auf

Kernfunktionen und die Auslagerung insbesondere technischer Ein -

richtungen, um die Kosten der Verwaltung zu reduzieren und die öffent -

lichen Haushalte zu entlasten.

In Befolgung dieses Ziels wurde am 18. Oktober 2000 zwischen dem Bund

sowie dem Christophorus Flugrettungsverein und dem ÖAMTC (beide kurz

ÖAMTC - Flugrettung) eine Vereinbarung abgeschlossen, der zufolge sich

ÖAMTC - Flugrettung auf zivilrechtlicher Basis verpflichten, die vom Bund

nach den Gliedstaatsverträgen (Art. 15a B - VG) wahrzunehmenden Aufgaben

solidarisch unentgeltlich zu erfüllen.

 

Die Vereinbarung beinhaltet nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine unent -

geltliche Übertragung der Aufgaben des Hubschrauberrettungsdienstes an

die ÖAMTC - Flugrettung und unterliegt daher ex definitione nicht den ein -

schlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen.

 

Diese Konzeption entlastet das Budget und somit den Steuerzahler, ist für

die Länder kostenneutral und auch für die geretteten Menschen ergibt sich,

abgesehen von einer Steigerung der Qualität durch den verpflichtenden Ein -

satz neuer, leistungsstärkerer, zweimotoriger Rettungshubschrauber, keine

wesentliche Änderung. ÖAMTC - Flugrettung wurden überdies verpflichtet,

bei der Aufnahme von Personal Ansuchen von Piloten, Luftfahrzeugwarten

und Verwaltungsbediensteten des Bundesministeriums für Inneres bevor -

zugt zu berücksichtigen.

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Die genannte Vereinbarung beinhaltet nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine

unentgeltliche Übertragung der Aufgaben des Hubschrauberrettungs -

dienstes an die ÖAMTC - Flugrettung und unterliegt daher nicht den ein -

schlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen. Auch die Bundes -Vergabe -

kontrollbehörden haben den Antrag eines privaten Luftfahrtunternehmens

auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens in Folge des Umstandes, dass

der Vertragstext die unentgeltliche Aufgabenübertragung vorsieht, zurückge -

wiesen.

 

Ungeachtet dessen haben neben dem ÖAMTC ein deutsches und zwei

österreichische Luftfahrtunternehmen von sich aus dem Bundesministerium

für Inneres angeboten, einzelne bzw. sämtliche Einsatzbereiche in der Flug -

rettung zu übernehmen. Für den ÖAMTC sprachen letztlich der hohe

Standard der Leistung, die langjährige Erfahrung, die Übernahme sämtlicher

Stützpunkte und der gemeinnützige Charakter sowie die unentgeltliche

Übernahme der vom Bund im Rahmen der Vereinbarungen nach Art. 15a

B - VG wahrzunehmenden Aufgaben. Der Betrieb des Hubschrauberrettungs -

dienstes des ÖAMTC ist nicht auf Gewinn ausgerichtet.

 

Zu Frage 3:

 

Hiezu bestand auf Grund des Umstandes, dass die Verpflichtungen des

Bundes auf Grund der Vereinbarungen nach Art. 15 a B - VG vollinhaltlich

aufrecht bleiben, keine Veranlassung.

 

Zu Frage 4:

 

Der Vertrag wurde von der Rechtssektion meines Ressorts geprüft. Die

inhaltliche Gestaltung des Vereinbarungstextes erfolgte im Einvernehmen

mit der Finanzprokuratur.

 

Zu Frage 5:

 

Die Vertreter der Bundesländer als Partner des Bundes im Hubschrauber -

rettungsdienst wurden am 13. Juli 2000 bereits im Detail von dem Vor -

haben, die Aufgaben des Bundes im Bereich Flugrettung auf den ÖAMTC zu

übertragen, in Kenntnis gesetzt. In weiterer Folge gab es auch noch Einzelge -

spräche in den von der geplanten Maßnahme betroffenen Bundesländern.

Die Länder sprachen sich für eine Beibehaltung der Art. 15 a B-VG-Verträge

aus.

 

Zu den Fragen 6 und 7:

 

Gemäß den Vereinbarungen nach Art. 15a B - VG über den gemeinsamen

Hubschrauberrettungsdienst obliegt den Ländern die Bereitstellung des

medizinischen Personals. Der Abschluss der Vereinbarung mit dem ÖAMTC

hat somit keine Veränderungen gebracht.

Zu Frage 8:

 

Der ÖAMTC hat sich vertraglich verpflichtet, geeignete Hubschrauberpiloten

bereitzustellen. Weiters wurde vereinbart, dass der ÖAMTC bei der

Aufnahme von neuem Personal für die Durchführung dieser Vereinbarung

verpflichtet ist, geeignete Piloten des Bundesministeriums für Inneres

bevorzugt zu berücksichtigen.

 

Zu Frage 9:

 

Nach den geltenden luftfahrtrechtlichen Bestimmungen kann in Österreich

jedes Unternehmen, das über die entsprechende Betriebsgenehmigung

verfügt, Flugrettung betreiben. Eine Monopolstellung des ÖAMTC liegt somit

nicht vor.

 

Wie bereits erwähnt, sieht die Vereinbarung mit dem ÖAMTC vor, dass

dieser die vom Bund bislang wahrzunehmenden Aufgaben für den Bund

unentgeltlich zu erfüllen hat.

 

Zu Frage 10:

 

Die Angelegenheiten des Allgemeinen Katastrophenschutzes sind nach der

Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 B - VG Ländersache in Gesetzgebung und

Vollziehung. Sämtliche Landeshauptleute wurden von mir am 20. Oktober

2000 abschließend schriftlich über den Abschluss der Vereinbarung mit dem

ÖAMTC in Kenntnis gesetzt, wobei gleichzeitig ein Vertragstext übermittelt

wurde. Der ÖAMTC hat nach der Vereinbarung, abgeschlossen zwischen

dem Bund sowie dem Christophorus Flugrettungsverein und dem ÖAMTC,

die Verpflichtung übernommen, neun geeignete Notarzthubschrauber zu

Flügen für Zwecke des Zivilschutzes und der Katastrophenhilfe in Akutfällen

bereitzustellen.

 

Zu Frage 11:

 

Die Vereinbarung wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Sie enthält

ein ordentliches Kündigungsrecht mit einer Frist von einem Jahr und ein

außerordentliches Kündigungsrecht mit einer Frist von sechs Monaten. Auf

das ordentliche Kündigungsrecht wurde von allen Vertragspartnern bis

31. Dezember 2009 verzichtet. Diese Vertragsgestaltung war notwendig, um

die Versorgung von in Not befindlichen Menschen für einen möglichst langen

Zeitraum zu sichern und die Beschaffung neuer Rettungshubschrauber zu

ermöglichen.

 

Zu Frage 12:

 

Sowohl von Seiten des Landes Kärnten als auch des Landes Steiermark liegt

eine grundsätzliche Zustimmung zur Übertragung der Flugrettungsange  -

legenheiten des Bundes auf den ÖAMTC vor. Weder das Bundesland

Kärnten, noch das Bundesland Steiermark haben eine Kündigung des

Art. 15 a B - VG - Vertrages angemerkt.

 

Hinsichtlich der Einladung zur Anbotslegung verweise ich auf die Antwort

zur Frage 1.

 

Zu den Fragen 13 und 14:

 

Eine solche Überprüfung hat stattgefunden. Im Juli 2000 hat die

Europäische Kommission eine Stellungnahme der Republik Österreich

hinsichtlich des Vorhabens der Übertragung von Flugrettungsaufgaben auf

ein privates Unternehmen eingeholt. Die Reaktion der Kommission der

Europäischen Union auf die Stellungnahme der Republik Österreich ist noch

ausständig.

 

Zu Frage 15:

 

Mit dem Burgenland hat der Bund keine Vereinbarung nach Art. 15a B - VG

abgeschlossen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob dort ein privater

Anbieter tätig ist.

 

Zu den Fragen 16 und 17:

 

Das Schlichtungsverfahren vor der Bundes - Vergabekontrollkommission war

zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bereits abgeschlossen. Sowohl

das Bundesvergabeamt, als auch der Verfassungsgerichtshof haben den

Anträgen auf Erlassung einstweiliger Verfügungen keine Folge gegeben. Die

Vertragsunterzeichnung noch während des Verfahrens vor dem

Bundesvergabeamt, welches die Entscheidung vertagte, war unbedingt

notwendig, damit ÖAMTC  - Flugrettung rechtzeitig die für einen

ordnungsgemäßen Betrieb nötigen Vorkehrungen (Ankauf von Fluggeräten,

Standort, Hangarierung, Umschulung der Piloten etc.) im Interesse einer

optimalen Versorgung treffen konnte. Nach Ansicht des Bundesministeriums

für Inneres haben bereits zu diesem Zeitpunkt keine vergaberechtlichen

Bedenken bestanden.

 

Zu den Fragen 18 und 19:

 

Der ÖAMTC ist ein gemeinnütziger Verein. Er hat daher keinen Aufsichtsrat.

Ich konnte daher dort auch nicht als stellvertretender Aufsichtsratvor-

sitzender tätig sein.

 

Zu Frage 20:

 

Die Einnahmen des Bundes resultieren aus der gesetzlichen Regelung des

§ 131 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955

(ASVG) i.d.F. BGBl. Nr. 101/2000, über die Erstattung von Kosten der

Krankenbehandlung. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat der jeweils in

Betracht kommende Sozialversicherungsträger bei im Inland eingetretenen

Unfällen, plötzlichen Erkrankungen und ähnlichen Ereignissen, für die

dabei dem Versicherten tatsächlich erwachsenen Kosten den in der Satzung

des Sozialversicherungsträgers festgesetzten Ersatz zu leisten. Dieser Ersatz

gebührt unabhängig davon, wer die Leistung erbracht hat. Er gebührt daher

auch bei in Anspruchnahme von Leistungen eines privaten Flugrettungs -

dienstes durch den Versicherten. Dieser Kostenersatz erfolgt somit ex lege

und unterscheidet sich daher von einem Entgelt auf privatwirtschaftlicher

Basis.

 

Zu Frage 21:

 

Die Vertragsvereinbarung beinhaltet nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine

unentgeltliche Übertragung der Aufgaben des Hubschrauberrettungs -

dienstes vom Bund auf die ÖAMTC - Flugrettung.

Nach Art. 1 der Richtlinie 92/50/EWG und § 3 Abs. 1 des BVergG gelten die

vergaberechtlichen Bestimmungen nur für entgeltliche Verträge. Unent -

geltliche Dienstleistungsaufträge sind somit vom Anwendungsbereich der

einschlägigen Rechtsvorschriften ausgenommen.

 

Auch bei einer weiten Auslegung des Begriffs der Entgeltlichkeit eines

Vertrags, wonach als Entgelt jede Art von geldwerter Vergütung umfasst

wird, die weder in einer einmaligen Leistung bestehen, noch von vornherein

dem Umfang nach bestimmt sein muss, enthält der vorliegende Vertrags -

entwurf keine zweiseitige Verpflichtung. Somit fehlt das charakteristische

Merkmal der Entgeltlichkeit. Für die Übernahme der Verpflichtungen des

Bundes steht der ÖAMTC - Flugrettung aus dem Vertrag nämlich weder eine

finanzielle Abgeltung zu, noch wird ihr eine Einnahmequelle zugewiesen,

oder ein sonstiger materieller Vorteil seitens des Bundes gewährt. Ebenso

wenig trifft den Bund eine Verpflichtung zur Übernahme allfälliger Verluste,

die im Zusammenhang mit der Durchführung der Flugrettungsdienste

erwachsen könnten.

 

Wie bereits oben erwähnt trifft nämlich die Verpflichtung zum Ersatz der aus

einem Flugeinsatz entstehenden Kosten nicht das Bundesministerium für

Inneres, sondern in jedem konkreten Einzelfall den betroffenen Versicherten

bzw. auf Grund der Regelung des § 131 Abs. 3 ASVG den jeweiligen Sozial -

versicherungsträger, dem der Versicherte angehört. Sie resultiert daher aus

einem von der Übertragungsvereinbarung unabhängigen, eigenständig ge -

regelten Rechtsverhältnis und kann daher nicht als Bestandteil der Über -

tragungsvereinbarung betrachtet werden und somit auch nicht die Ent -

geltlichkeit dieser Vereinbarung bewirken.

 

Die Verpflichtungen der Länder bestehen unabhängig von der gegenständ -

lichen Vereinbarung.