1729/AB XXI.GP
Eingelangt am: 13 03 2001
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1793/J - NR/2OO1, betreffend
Tauernschleuse zwischen Mailnitz und Böckstein, die die Abgeordneten Mag. Posch
und Genossen am 26. Jänner 2001 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt
zu beantworten:
Vorweg darf ich auf die Anfragebeantwortung 1642/AB vom 1. Februar 2001 betreffend
Einstellung der Autoschleuse "Tauerntunnel" hinweisen. In der gegenständlichen
parlamentarischen Anfrage finden sich durch diese Terminkollision
Mißverständnisse, die durch die oben angeführte Anfragebeantwortung bereits
ausgeräumt wurden.
Zum Motiventeil:
Wie mir die Österreichischen Bundesbahnen mitteilen, wurde die Nachrüstung des
Tauerntunnels mit Standardmaßnahmen (Sicherheitspaket) bereits vor den
Brandkatastrophen im Mont Blanc - Straßentunnel und im Tauern - Straßentunnel
festgelegt. Nach diesen Ereignissen haben die ÖBB von Juli 1999 bis April 2000 einen
eingehenden Check für Tunnels mit einer Länge von mehr als 1000 m durchgeführt.
Dabei wurden insbesondere die Tunnelsicherheitskonzepte und Tunnelsicherheitspläne
auf Vollständigkeit, Anwendbarkeit und Eignung in der Praxis sowie eventuell
erforderliche Ergänzungen und alternative Lösungen eingehend geprüft.
Für den Tauerntunnel bzw. für die Autoschleuse wurden über die beschlossene
Nachrüstung hinaus verschiedene, in erster Linie organisatorische Maßnahmen zur
Optimierung der Sicherheit getroffen. Der Bericht der Landesfeuerwehrkommandanten
von Kärnten und Salzburg war daher nicht die Grundlage für die Einstellung. Im Zuge
einer von der Obersten Eisenbahnbehörde nach der Brandkatastrophe von Kaprun
anberaumten Verhandlung zum Gegenstand ‚"Autoschleuse Tauernbahn“ hat sich
jedoch gezeigt, dass es für den Ereignisfall Brand bei Autoüberstellzügen keine
wirksamen Lösungsmöglichkeiten gibt, die umgehend eingesetzt werden können. Da
der Sicherheit im Eisenbahnverkehr oberste Priorität eingeräumt wird, haben die
Österreichischen Bundesbahnen daher den Betrieb der Autoschleuse vorübergehend
eingestellt.
Zu den Fragen 1,2,3,5 und 6:
Aufgrund welcher konkreten Sicherheitsmängel wurde die Autoverladetätigkeit
durch die Tauernschleuse eingestellt bzw. reduziert?
Welche dieser Mängel wurden bis zum heutigen Tage bereits behoben?
Bis wann werden die noch bestehenden Sicherheitsmängel behoben werden?
Welche Sicherheitsverbesserungen werden im Tunnel für den „normalen"
Personenverkehr bzw. den Güterverkehr durchgeführt?
Bis wann ist mit dem Abschluß dieser Maßnahmen zu rechnen?
Die Österreichischen Bundesbahnen haben die Autoschleuse Tauerntunnel von sich
aus aufgrund von Sicherheitsbedenken eingestellt. Da die Österreichischen
Bundesbahnen den Betrieb wieder aufgenommen haben, geht die ÖBB offensichtlich
davon aus, dass die zuvor gehegten Sicherheitsbedenken durch die Trennung der
Reisenden von den Fahrzeugen behoben wurden.
Im Rahmen des als Übergangslösung anzusehenden Betriebsprogrammes werden
durch die Trennung der Reisenden von Fahrzeugen insbesondere jene
Sicherheitsrisiken behoben, die sich aus der unmittelbaren Nähe der Fahrgäste zu
Gefahrenquellen (Gasflaschen, Treibstoff, etc.), aus der fehlenden bzw.
eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeit zwischen Zugbegleitpersonal und
Reisenden während der Fahrt und im Stillstand sowie aus dem Blockieren der
Fluchtwege durch breite Fahrzeuge (LKW, Busse, Wohnwagen, Wohnmobile, etc.)
ergeben. Dieses Sofortprogramm wurde mit den beteiligten Feuerwehren
abgestimmt.
Unabhängig davon wird die sicherheitstechnische Nachrüstung des Tauerntunnels
planmäßig weitergeführt und werden im Zuge des Projektes „Umbau Bahnhof
Böckstein - Tauerntunnel" zur Verbesserung des Sicherheitsstandards insbesondere
folgende Maßnahmen umgesetzt, die bis voraussichtlich 2004 abgeschlossen
werden sollen:
1.) Fluchtweg neben und zwischen den Gleisen
2.) Handläufe an der Tunnelleibung
3.) Fluchtwegkennzeichnung
4.) Notrufeinrichtungen
5.) Orientierungsbeleuchtung
6.) Erdungsschalter an den Tunnelportalen
7.) Stromanschlüsse
8.) Funksystem für ÖBB - eigene und fremde Einsatzkräfte
9.) Löschwasserleitung, dauernd gefüllt, mit Entnahmestellen alle 150m
10.) Rettungsplätze in den Portalbereichen
11.) Auffangbecken bei den Portalen
12.) Schienengebundene Rettungsshuttles in Malinitz und Böckstein
13.) Ausstattung der Ortsfeuerwehren mit
Einsatzgeräten.
Zu Frage 4:
Ist daran gedacht, durch andern Maßnahmen (z.B. Verkürzung der Intervalle)
die verminderte Kapazität der Durchschleusung auszugleichen?
Die Österreichischen Bundesbahnen haben hiezu mitgeteilt, dass unter Beibehaltung
der derzeitigen Betriebsform an eine Intervallverkürzung derzeit nicht gedacht werde
und bei einer durchschnittlichen Auslastung von unter 40 Prozent (mit Ausnahme der
Spitzenverkehrstage) die zur Verfügung stehende Kapazität ausreiche.
Zu Frage 7:
Welche Sicherheitsmaßnahmen bestehen betreffend den Transport von
gefährlichen Gütern?
Der sichere Transport gefährlicher Güter mit der Eisenbahn ist durch umfassende
Vorschriften im Rahmen der Anlage I zum Übereinkommen über den internationalen
Eisenbahnverkehr (COTIF - RID) und der im Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG)
umgesetzten Richtlinie 96/49/EG gewährleistet.
Aufgrund dieser Vorschriften ergeben sich für den Beförderer Pflichten, die eine
sichere Beförderung sowie die Verhinderung von Schadensfällen gewährleisten
sollen.
Eine wesentliche Sicherheitsmaßnahme dabei ist die Kontrolle vor der Beförderung.
Dazu wurde von den europäischen Bahnen ein einheitlicher gemeinsamer
Sicherheitsstandard zur Kontrolle definiert. Dadurch ist sichergestellt, dass vor jeder
Beförderung eine dementsprechende Kontrolle erfolgt. Zusätzlich wird im Rahmen
eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) durch die Gefahrgutbeauftragten der
Österreichischen Bundesbahnen die Transportqualität geprüft und dabei festgestellte
Unregelmäßigkeiten mit den Beteiligten behandelt.
Bei den Österreichischen Bundesbahnen sind derzeit insgesamt 7 ausgebildete
Gefahrgutbeauftragte eingesetzt. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen vor allem in
der Kontrolle bezüglich der Einhaltung der Vorschriften, in der Schulung der
Mitarbeiter sowie in der Beratung der Versandfirmen.
Für eventuelle Unregelmäßigkeiten bzw. Probleme die vor oder während der
Beförderung auftreten können, ist bei den ÖBB eine spezielle Gefahrgutbereitschaft,
die rund um die Uhr kontaktiert werden kann, installiert.
Zusätzlich werden vom technischen Wagendienst der ÖBB eingehende Kontrollen
der Güterwagen durchgeführt. Dabei wird insbesondere der einwandfreie technische
Zustand der Fahrgestelle überprüft. Für den Gefahrgutbereich werden laufend
eigene „Gefahrgutwagenmeister“ ausgebildet und für die technische Übernahme von
Gefahrgutsendungen abgestellt.
Zu Frage 8:
Wieviele Tonnen gefährlicher Güter werden jährlich durch den Tauerntunnel
transportiert?
Daten über den Transport gefährlicher Güter auf einer bestimmten Eisenbahnstrecke
werden nur über Einzelauftrag erhoben und
liegen gegenwärtig nicht vor.
Von den Österreichischen Bundesbahnen wird aufgrund der Statistikverordnung und
der vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie geforderten
Daten eine jährliche Gesamtstatistik über die beförderten Gefahrgüter nach
Gefahrgutklassen erstellt.
Wie die Österreichischen Bundesbahnen mitteilen kann zufolge hochgerechneter
Daten von ca. 250 000 Tonnen transportierter Gefahrgüter durch den Tauemtunnel
ausgegangen werden. Dies zeigt, dass im Vergleich zur Gesamtstatistik (2000: 7,9
Mio. beförderte Tonnen Gefahrgut) der Anteil der transportierten Gefahrgüter durch
den Tauerntunnel relativ gering ist.
Zu Frage 9:
Sind in bezug auf den Transport von gefährlichen Gütern weitere
Sicherheitsverbesserungen geplant? Wenn ja: welche? Wenn nein: warum
nicht?
Im Rahmen der OECD, der UN - ECE und der Europäischen Kommission sind
mehrere Untersuchungen hinsichtlich weiterer Verbesserungen der Tunnelsicherheit
unter Einschluss spezifischer Belange des Gefahrguttransports im Gange. Es ist zu
erwarten, dass deren Ergebnisse in die einschlägigen internationalen bzw.
nationalen Regelungen einfließen werden.
Innerbetrieblich sind von den Österreichischen Bundesbahnen hinsichtlich des
Transportes gefährlicher Güter laufend weitere Sicherheitsverbesserungen geplant.
Es werden im Rahmen des Qualitätsmanagements die Prozesse des
Gefahrguttransportes neu definiert und somit eventuelle Schwachstellen bereinigt.
2001 wird eine umfassende Neuschulung aller beteiligten Mitarbeiter durchgeführt.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die verstärkte Zusammenarbeit mit der chemischen
Industrie. Im Rahmen von „TUIS" (Unfallhilfeleistungssystem der chemischen
Industrie) werden gemeinsame Schulungen und Übungen durchgeführt. Weiters
werden insbesondere die gemeinsamen Unfallübungen mit den Einsatzkräften
forciert.
Zu Frage 10:
Warum halten Sie die Durchschleusung von gefährlichen Gütern - bei
Zugsentgleisungen, Zusammenstößen etc. - für weniger bedrohlich als die
Durchschleusung mit dem Autozug?
Es liegt im öffentlichen Interesse beide Arten von Beförderungen auf der Eisenbahn
durchzuführen, wobei die spezifischen Risiken durch entsprechende Maßnahmen zu
verringern sind.
Zu den Fragen 11, 12 und 13:
Für wann ist mit der Wiederaufnahme des vollen Betriebes der Autoverladung
durch die Tauernschleuse zu rechnen?
Was gedenken Sie persönlich zu tun, um den schweren wirtschaftlichen
Schaden für die Region oberes
Mölltal abzuwenden?
Welche Maßnahmen gedenken Sie persönlich zu setzen, um den Betrieb der
Autoschleuse wieder in vollem Umfang zu gewährleisten?
Die Österreichischen Bundesbahnen haben am 15. Dezember 2000 den Betrieb der
Autoschleuse Tauerntunnel wieder aufgenommen, wobei die Reisenden nicht mehr
in den Kraftfahrzeugen verbleiben, sondern in gesonderten Personenwagen
befördert werden. Von den Österreichischen Bundesbahnen wird derzeit ein neues
Betriebs - und Sicherheitskonzept ausgearbeitet. Eine Aussage über den Zeitpunkt
und die Art der zukünftigen Betriebsführung der Autoschleuse Tauerntunnel durch
die Österreichischen Bundesbahnen kann erst nach Vorliegen der entsprechenden
Konzepte getroffen werden.
Unabhängig von der Problematik „Autoschleuse Tauerntunnel“ wurde von den
Österreichischen Bundesbahnen in Zusammenarbeit mit der Firma ILF
(Ingenieurgemeinschaft Lässer - Feizlmayer) im Rahmen einer Risikoanalyse eine
Überprüfung der Sicherheitsstandards aller Eisenbahntunnel mit einer Länge von
mehr als 500 Meter durchgeführt. Dabei wurden insbesondere die vorhandenen
Tunnelsicherheitskonzepte und Tunnelsicherheitspläne auf Sinnhaftigkeit,
Vollständigkeit und Anwendbarkeit in der Praxis überprüft und daraus resultierend
notwendige Ergänzungen bzw. Änderungen erarbeitet. Darüberhinaus wird seitens
der Österreichischen Bundesbahnen auch die Firma Basler & Partner für die
Erarbeitung konkreter Tunnelsicherheitskonzepte bzw. Tunnelsicherheitspläne
herangezogen.