176/AB XXI.GP
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und
Genossen vom 9. Dezember 1999, Nr. 141/J, betreffend „Unschuldig in den Bankrott“,
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass einer Bekanntgabe der in einem Abgabenver -
fahren festzustellenden, einen Abgabepflichtigen betreffenden Umstände und Verhältnisse
die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht gemäß § 48a Bundesabgaben - ordnung (BAO)
entgegensteht. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich die gestellten Fragen nur inso -
weit beantworten kann, als dabei diese Geheimhaltungspflicht gewahrt wird.
Zu 1.:
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Abgabenbehörden gemäß § 114 BAO unter
anderem darüber zu wachen haben, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt
werden. Gemäß § 115 BAO müssen sie von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen
Verhältnisse ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich
sind. Die diesbezüglichen Verfahren, zu denen auch die Betriebsprüfung gehört, dienen der
Ermittlung der abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte und der Festsetzung der Abgaben.
Sie sind strikt von den Finanzstrafverfahren
zu trennen, in denen das finanzstrafrechtlich
relevante Verhalten untersucht wird. Es ist daher durchaus möglich, dass in einem Finanz -
strafverfahren kein vorsätzliches Verhalten nachgewiesen werden kann, obwohl in dem zu
Grunde liegenden Abgabenverfahren eine Schätzung gemäß § 184 BAO erfolgte, die sogar
vom Verwaltungsgerichtshof überprüft und sowohl hinsichtlich der Schätzungsberechtigung,
als auch der Schätzungsmethode und des Schätzungsergebnisses als rechtmäßig bestätigte
wurde.
Aus dem Umstand, dass in einem Finanzstrafverfahren kein vorsätzliches Verhalten nach -
gewiesen werden konnte, kann daher nicht rückgeschlossen werden, dass die vom Unter -
nehmen erklärten Besteuerungsgrundlagen richtig und vollständig waren.
Zu 2.:
Die Abgabenbehörde hat gemäß § 184 BAO die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu
schätzen, soweit sie diese - etwa auf Grund fehlender Aufzeichnungen - nicht ermitteln oder
berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von
Bedeutung sind.
Schätzungen sind im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch dann vorzu -
nehmen, wenn sie keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit aufweisen. Es besteht
allerdings die Verpflichtung, mit der Schätzung so nahe als möglich an die wahren Be -
steuerungsgrundlagen heranzukommen.
Würde man die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit als Kriterium für die
Schätzungsbefugnis wählen, so wären jene Unternehmer, die ihre abgabenrechtliche Offen -
legungs - und Wahrheitspflicht am gröbsten verletzen, am meisten begünstigt, da jemand, der
überhaupt keine Aufzeichnungen führt, nach diesem Kriterium kaum mit einer Abgabennach -
forderung zu rechnen hätte.
Zu 3.:
Grundsätzlich besteht keine Möglichkeit, ein Abgabenverfahren, dessen Richtigkeit von
einem Höchstgericht bestätigt wurde, nachträglich abzuändern. Außerdem führt auch die
Feststellung in einem Finanzstrafverfahren, dass jemand nicht vorsätzlich gehandelt hat, zu
einen geänderten Abgabenbescheiden.