1779/AB XXI.GP

Eingelangt am:

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der Ab -

geordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Änderung der

Pflegegeldeinstufung, Nr. 1819/J, wie folgt:

 

Fragen 1, 2, 5, 9 und 11:

 

Bei einem Wechsel der Zuständigkeit von einem Land auf den Bund entfällt der Leis -

tungsanspruch gegenüber dem bisher zuständigen Entscheidungsträger, weil die

Zugehörigkeit zu dem nach dem jeweiligen Landespflegegeldgesetz anspruchsbe -

rechtigten Personenkreis nicht mehr gegeben ist. In diesen Fällen entsteht ein gänz -

lich neuer Anspruch auf Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz, den der

nunmehr zuständige Entscheidungsträger neu zu prüfen und zu beurteilen hat; es

handelt sich dabei also um keine Neubemessung des Pflegegeldes, die nur dann

möglich wäre, wenn eine für die Höhe des Pflegegeldes wesentliche Veränderung

eintritt. Auch der Oberste Gerichtshof hat in mehreren Entscheidungen bestätigt,

dass es sich um eine gänzlich neue Beurteilung durch einen anderen Entschei -

dungsträger aufgrund des von diesem erhobenen Sachverhaltes handelt (z.B.

10 ObS 343/98h).

 

Nach den bindenden verfahrensrechtlichen Grundsätzen, den entscheidungsrele -

vanten Sachverhalt zu ermitteln und einer Beweiswürdigung zu unterziehen, hat der

nunmehr für die Leistung zuständige Träger eine neue Entscheidung zu treffen.

Grundlage dieser Entscheidung ist ein ärztliches Sachverständigengutachten, erfor -

derlichenfalls unter Beiziehung von Sachverständigen aus anderen Bereichen (z.B.

Pflegedienst, Sozialarbeiter). Es ist aber durchaus Praxis, dass der Entscheidungs -

träger des Bundes die entsprechenden Gutachten vom Land einholt und bei seiner

Entscheidung mit berücksichtigt.

Die formalrechtliche Konsequenz eines Kompetenzwechsels lässt sich aber auch mit

den Erfahrungen des Pflegealltages in Einklang bringen. Da es sich bei der Pflege -

bedürftigkeit um keinen starren Zustand, sondern im Regelfall um ein prozesshaftes

Geschehen handelt, können sich etwa durch Rehabilitationsmaßnahmen positive

Einflüsse ergeben, während ein progredienter Krankheilsverlauf den Pflegebedarf

steigern kann. Beide dieser Möglichkeiten ändern letztendlich den Pflegebedarf, so -

dass auch aus diesem Grund und im Hinblick darauf, dass seit der letzten Begut -

achtung oft ein längerer Zeitraum vergangen ist, eine aktuelle Beurteilung des Pfle -

gebedarfes angezeigt erscheint.

 

Diese Beurteilung erfolgt in der Regel anlässlich der ärztlichen Untersuchung zur

Gewährung einer Pension, wenn ein Antrag auf beide Leistungen gestellt wurde oder

erkennbar ist, dass ein Pflegegeld vom Land bezogen wird, sodass vielfach keine

eigenen Begutachtungen durchgeführt werden. Eine andere Vorgangsweise wäre

vor allem unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie nicht sinnvoll und soll

daher auch nicht angestrebt werden.

 

Fragen 3 und 4:

 

Daten über die Anzahl der Pflegegeldbezieher, die bereits vor Pensionsantritt einen

Anspruch auf Pflegegeld hatten, und die Ausgaben für die ärztlichen Begutachtun -

gen in diesen Fällen werden nicht gesondert erfasst. Die Erfahrungen zeigen aber,

dass die Höhe des Pflegegeldes in der überwiegenden Anzahl der Fälle, in denen

die Kompetenz für die Gewährung des Pflegegeldes vom Land auf den Bund über -

geht, unverändert bleibt und es ansonsten sowohl zu höheren als auch zu niedrige -

ren Einstufungen kommt.

 

Eine für den Zeitraum von November 1997 bis April 1998 vorgenommene statisti -

sche Sonderauswertung hat ergeben, dass in diesem Beobachtungszeitraum in ins -

gesamt 632 Fällen ein Kompetenzwechsel stattgefunden hat. In 474 Fällen (75%)

wurde das Pflegegeld in derselben Höhe wie bisher gewährt, in 74 Fällen (12%) er -

folgte eine höhere und in 84 Fällen (13%) eine niedrigere Einstufung.

 

Frage 6:

 

Die Feststellung des Pflegebedarfes erfolgt aufgrund der im Bundespflegegeldgesetz

bzw. den im Wesentlichen gleich lautenden Landespflegegeldgesetzen und in den

Einstufungsverordnungen enthaltenen Kriterien und Zeitwerten. Der Hauptverband

der österreichischen Sozialversicherungsträger hat darauf basierend Richtlinien für

die einheitliche Anwendung des Bundespflegegeldgesetzes erlassen, um die Voll -

ziehung dieses Gesetzes bei den einzelnen Sozialversicherungsträgern zu koordinie -

ren. Weiters finden regelmäßig Sitzungen mit den Chefärzten der Sozialversiche -

rungsträger statt, in denen aktuelle Probleme der Begutachtungspraxis besprochen

und im Konsens gelöst werden; zu diesen Sitzungen werden auch Vertreter der ein -

zelnen Landesregierungen eingeladen. Bei den einzelnen Entscheidungsträgern ist

eine chefärztliche Oberbegutachtung der eingeholten Sachverständigengutachten

üblich, um eine möglichst einheitliche Beurteilung des Pflegebedarfes zu gewährleis -

ten. Dadurch ist sichergestellt, dass die Einstufungen von den verschiedenen Stellen

nach einheitlichen Kriterien vorgenommen wird.

 

Hinsichtlich Ihrer Frage zu Rückstufungen verweise ich auf die Beantwortung der

Fragen 1,2,5,9 und 11.

 

Frage 7:

 

Ein angemessenes, den allgemeinen Umständen angepasstes Verhalten der ärztli -

chen Sachverständigen bei der Untersuchung kann vorausgesetzt werden und ent -

spricht den ärztlichen Berufsanforderungen. Bei Fehlverhalten, die in Einzelfällen

nicht ausgeschlossen werden können, haben die verantwortlichen Chefärzte der So -

zialversicherungsträger entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und Vorkehrungen

zu treffen, um für die pflegebedürftigen Menschen belastende Situationen zu verhin -

dern. Im Rahmen der Begutachtung ist es generell ein Bestreben, in Zusammen -

schau aller Fakten zu einer objektiven Beurteilung zu gelangen. Aus diesem Grund

ist es ein besonderes Anliegen, möglichst kompetente Gutachterärzte sowohl im an -

gestellten als auch im freiberuflichen Bereich zu beschäftigen, die sowohl fachlich als

auch persönlich in der Lage sind, schwierige Untersuchungssituationen zu meistern.

 

Frage 8:

 

Als Entscheidungsgrundlage für die Feststellung des Pflegebedarfes ist in der Regel

eine ärztliche Untersuchung erforderlich. Diese wird überwiegend von Ärztinnen und

Ärzten für Allgemeinmedizin vorgenommen und bei speziellen Erkrankungsformen

von entsprechenden Fachärztinnen und Fachärzten durchgeführt.

 

Frage 10:

 

Frau Mielke hat gegen den Bescheid der PVA der Angestellten vom 15. November

2000, mit dem ab 1. Juli 2000 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 5 gewährt wurde,

eine Klage eingebracht, über die das zuständige Arbeits - und Sozialgericht noch

nicht entschieden hat. Seitens der PVA der Angestellten wurde allerdings eine neu -

erliche Überprüfung der Einstufung vorgenommen, die ergab, dass ein die Stufe 6

rechtfertigender Pflegebedarf vorliegt.