1784/AB XXI.GP
Eingelangt am: 19-03-2001
VIZEKANZLERIN
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident!
Die Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen haben an mich eine schriftliche Anfrage
(1786/J) betreffend "Europäischer Rat in Nizza - Auswirkungen auf nationale Politik"
gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Frage1:
Welche Position hat Österreich beim Europäischen Rat in Nizza Ihre Ressortagenden
befreffend eingenommen?
Zu Frage 1:
Anlässlich des Gipfeltreffens von Nizza (7. bis 9. Dezember 2000) wurde von den
Regierungschefs der 15 EU - Länder eine Deklaration des Rates über die besonderen Merkmale
des Sports und Schlussfolgerungen des Rates zur Internationalen Anti - Doping Agentur zur
Kenntnis genommen. Die Deklaration über die besonderen Merkmale des Sports wurde in
ihrer 17 Punkte umfassenden Gesamtlänge in den Anhang der Schlussfolgerungen der
französischen Präsidentschaft aufgenommen.
Die Erklärung von Nizza ist eine Grundlage für die schon im Weißbuch der österreichischen
Bundesregierung anlässlich des EU - Beitritts Österreichs bekundete Absicht, für einen eigenen
Artikel zur Positionierung des Sports in den EU - Verträgen einzutreten. Die Deklaration ist
eine konsequente Weiterentwicklung der Deklaration von Wien (1998) und des Helsinki -
Berichts zum Sport.
In den Schlussfolgerungen des Rates zur Internationalen Anti - Doping Agentur (WADA)
wurde festgehalten, dass die europäische Zusammenarbeit im Bereich Anti - Doping zu
intensivieren sei. Für die österreichische Sportpolitik war die Zuständigkeit der EU für die
Dopingbekämpfung schon immer klar gegeben (siehe Wiener Gipfel). Deshalb wird von
österreichischer Seite ein konzertiertes Vorgehen der EU in dieser Hinsicht als notwendig
erachtet.
Ende 1999 starteten der Europäische Rat und die Europäische Kommission unter dem Titel
"eEurope" eine breit angelegte Initiative zur Förderung der Nutzung von Informations - und
Kommunikationstechnologien in den Mitgliedstaaten, wobei das ehrgeizige Ziel "Europa soll
die wettbewerbsstärkste und dynamischste Wirtschaft der Welt werden" formuliert wurde.
Bei der Tagung in Feira wurde diesbezüglich ein Aktionsplan vorgelegt. Kern dieses
Aktionsplans bilden auf europäischer und nationaler Ebene umzusetzende Ziele zur
Entwicklung der Informationsgesellschaft.
Als Vorbereitung für Nizza forderte der Rat einen Fortschrittsbericht, der Ende November
2000 durch die Kommission vorgelegt wurde.
Frage 2:
Mussten in Nizza bei Angelegenheiten Ihres Ressorts von der Österreichischen Position
Abstriche vorgenommen werden?
Frage 3:
Wenn ja, in welchen konkreten Angelegenheiten?
Zu den Fragen 2 und 3:
Nein. Die Deklarationen wurden im Vorfeld in mehreren Sitzungen der Sportdirektoren und
auch in den Coreper - Sitzungen vorbereitet, ergänzt bzw. erweitert. An allen Veränderungen
war Österreich maßgeblich
beteiligt.
Die Schlussfolgerungen von Nizza für den Verwaltungsbereich sind eine Evaluierung
(Benchmarking, Monitoring, etc.) bestehender e - government - Programme. Der Europäische
Rat von Nizza hat zu den bereits bestehenden Initiativen keine neue strategische Ausrichtung
für "eEurope" lanciert.
Frage 4:
Welche Beschlüsse von Nizza haben Auswirkungen auf ihre Ressortangelegenheiten?
Zu Frage 4:
Die Beschlüsse von Nizza haben keine unmittelbaren Auswirkungen auf Ressort -
angelegenheiten. Im Rahmen der Sportstruktur sollte für die einzelnen Verbände mehr
Rechtssicherheit entstehen, weil die Spezifka des Sports mehr Berücksichtigung finden und
der Sport nicht nur allein nach wirtschaftlichen Kriterien, sondern nach seiner sozialen und
kulturellen Funktion bei der Entscheidung durch die EU mitberücksichtigt wird.
Frage 5:
Sind nun legislative Massnahmen Ihres Ressorts notwendig, um den Schlussfolgerungen des
Vorsitzes des Europäischen Rates zu entsprechen?
Frage 6:
Wenn ja, in welchen konkreten Angelegenheiten?
Frage 7:
Gibt es für die Umsetzung Ihrerseits bereits einen Zeitplan?
Zu den Fragen 5 bis 7:
Die Deklarationen machen keine gesetzlichen Maßnahmen im innerstaatlichen Bereich not -
wendig.
Frage 8:
Welche Anliegen sollen Ihr Ressort betreffend beim nächsten Europäischen Rat vertreten
werden?
Zu Frage 8:
Beim informellen Europäischen Rat in Stockholm steht der Bereich Sport nicht auf der
Tagesordnung. Beim Europäischen Rat in Göteborg wird der sogenannte Post - Nizza Prozess
eingeleitet. Im Rahmen der zu führenden Diskussion über die Kompetenzabgrenzung
zwischen den Mitgliedstaaten und der Union wird man im Lichte der Subsidiarität über den
Bereich des Sportes diskutieren müssen.
Die Initiativen betreffend "eEurope" werden bei der Tagung des Europäischen Rates in
Stockholm auf der Tagesordnung stehen, die e - government - Programme werden daher bis
dahin weiterentwickelt werden.
Frage 9:
Wie schätzen Sie persönlich die Ergebnisse von Nizza ein?
Zu Frage 9:
Nizza war insofern ein wichtiger Schritt in die auch von Österreich gewünschte Richtung, als
damit jene Diskussion in die Wege geleitet wurde, die für die Beteiligung der Bürger an der
Entwicklung der Europäischen Union von größter Bedeutung ist. Die Vereinfachung der
Verträge wird einen großen Beitrag zur Verringerung der gegenwärtigen Intransparenz leisten,
die Kompetenzabgrenzung unter Zugrundelegung des Subsidiaritätsprinzips muss dazu
führen, dass die Entscheidungen wieder bürgernäher getroffen werden und die Einbindung der
nationalen Parlamente in den Gemeinschaftsrechtsetzungsprozess muss ebenso dazu führen,
dass europarechtlich relevante Themen in den Mitgliedstaaten selbst einer breiten Diskussion
unterzogen werden. Im Zusammenhang mit der Charta der Grundrechte erscheint eine für den
einzelnen rechtlich durchsetzbare Bindung der Gemeinschaftsorgane an Grundrechte dringend
notwendig.
Wesentlich erscheint, dass die Forderungen des EU - Hauptausschusses vom 6. Dezember 2000
zur Gänze erfüllt wurden. So wurde der Grundsatz "Ein Kommissar pro Mitgliedstaat"
gewahrt und das Gleichgewicht zwischen großen und kleinen Staaten gesichert. Vor allem
muss betont werden, dass es in Nizza gelungen ist, die Einstimmigkeit in den für Österreich
besonders sensiblen Bereichen, wie der
mengenmäßigen Bewirtschaftung der
Wasserressourcen, Raumordnung, Bodennutzung, Wahl der Energieträger und Grundsätze der
Verkehrsordnung zu wahren. Auch konnte sichergestellt werden, dass die
Grundsatzentscheidungen über die Ausgestaltung eines europäischen Asyl - , Einwanderungs -
und Flüchtlingsrechtes einstimmig getroffen werden müssen.
Damit bleiben alle jene Bereiche, die für Österreich von vitalem Interesse sind, zur Gänze der
Kontrolle Österreichs unterworfen.