1791/AB XXI.GP
Eingelangt am: 22.03.2001
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1856/J betreffend
Abfertigung, welche die Abgeordneten Dietachmayr und Genossen am 19. Februar
2001 an mich richteten, stelle ich fest:
Zu Frage 1:
Im Regierungsübereinkommen werden Grundzüge für eine Reform des bestehenden
Abfertigungsrechts dargelegt.
Folgende Eckpunkte sind dabei hervorzuheben:
• Auslagerung der Abfertigung aus den Betrieben auf Abfertigungskassen;
• Finanzierung der Abfertigung durch Zahlung eines monatlichen Beitrags durch
den Arbeitgeber;
• Beitragszahlung nach einer Wartefrist von einem Jahr ab Beginn des Arbeitsver -
hältnisses;
• Zielsetzung, dass nach einem Beitragszeitraum von max. 25 Jahren eine Abferti -
gung in Höhe von 12 Monatsentgelten erreicht wird;
• die Abfertigung steht grundsätzlich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu,
insbesondere bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer
soll die Auszahlung der Abfertigung erst bei dessen Pensionierung verlangt wer -
den können;
• Wegfall der Staffelung der Höhe des Abfertigungsanspruches, die Höhe der Ab -
fertigung ergibt sich aus der Höhe des angesammelten Kapitals entsprechend der
Beitragsleistung des Arbeitgebers und der Verzinsung in der Abfertigungskasse;
• Vorgaben für das Übergangsrecht, grundsätzlich nur Einbeziehung neuer Ar -
beitsverhältnisse.
In den kommenden Verhandlungen zu diesem Reformprojekt sind diese Eckpunkte
weiter zu präzisieren. Dabei soll auch der von meiner Vorgängerin, Frau Bundes -
ministerin a.D. Lore Hostasch in Auftrag gegebene Expertenbericht zu den finan -
ziellen Auswirkungen der in den Entschließungsanträgen von ÖVP und SPÖ enthal -
tenen Vorschläge zur Neugestaltung der Abfertigung herangezogen werden, der dem
Parlamentsklub der SPÖ im Sommer vergangenen Jahres zur Verfügung gestellt
wurde.
Hinzuweisen ist noch, dass diese Entschließungsanträge im April 2000 einem Unter -
ausschuss des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Nationalrates zur weiteren
Behandlung zugewiesen wurden.
Zu den Fragen 2, 3, 5, 6 und 7:
Diese Fragen zielen im Wesentlichen auf die Gestaltung des Leistungsrechts im
neuen Abfertigungssystem, d.h. auf jene Regelungen, die die Ansprüche der Arbeit -
nehmer auf Abfertigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses festlegen.
Ohne den Verhandlungen vorgreifen zu wollen, ist für mich wesentlich, das Lei -
stungsrecht im neuen Abfertigungssystem auf Basis des bestehenden Rechts, in
Entsprechung des Regierungsprogramms und für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
gleichermaßen verträglich weiter zu entwickeln.
Wie bereits in der Beantwortung der Frage 1 angesprochen, soll die Abfertigung bei
den bisher anspruchsbegründenden Beendigungsarten von Arbeitsverhältnissen je -
denfalls zustehen. Bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer
soll die Abfertigung nicht ausbezahlt werden, sondern in der Abfertigungskasse
verbleiben.
Ein Festhalten an den bisher anspruchsvernichtenden Beendigungsarten als "aus-
zahlungshemmende“ Beendigungsarten findet seine Begründung in Aussagen im
bereits erwähnten Bericht der
Expertenarbeitsgruppe.
Die durch die Umgestaltung der Abfertigung künftig erhöhte Mobilität von Arbeit -
nehmern, die ganz grundsätzlich als positiv anzusehen ist, kann nach dem Bericht
Auswirkungen auf Ausbildungsinvestitionen der Unternehmen zeitigen. In diesem
Zusammenhang scheint mir die eben geschilderte Lösung als Kompromiss zwischen
Arbeitnehmer - und Arbeitgeberinteressen akzeptabel zu sein.
Die Gestaltung der Verfügungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers über das in der
Abfertigungskasse angesammelte Kapital bei Pensionierung wird noch zu diskutieren
sein. Bei der Entscheidung dieser Frage darf jedoch nicht vergessen werden, dass
nach dem Regierungsprogramm mit der "Abfertigung neu“ auch ein Beitrag zum
Ausbau der betrieblich finanzierten, privaten Altersvorsorge geleistet werden soll.
Zu Frage 4:
Das Regierungsprogramm geht von der Annahme aus, dass Beitragszahlungen in
eine Abfertigungskasse nach Ablauf eines Dienstjahres zu erfolgen haben.
Darüber hinaus wird zu diskutieren sein, für Saisonbeschäftigte allenfalls An - bzw.
Zusammenrechnungsregelungen hinsichtlich dieser Wartefrist zu schaffen, um Sai -
sonbeschäftigte gegenüber Arbeitnehmern anderer Branchen nicht schlechter zu
stellen.
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass eine einjährige Wartefrist im Vergleich
zum bestehenden Recht, das einen Abfertigungsanspruch erst nach einer dreijäh -
rigen Dienstzeit vorsieht, schon für sich genommen in Anbetracht der durchschnitt -
lichen Dauer der Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Verbesserung für die Arbeit -
nehmer darstellt.
Zu Frage 8:
Das Prinzip der Auslagerung von Abfertigungsansprüchen von den Betrieben auf
Abfertigungskassen ist wohl unbestritten. Auch das im Entschließungsantrag der
SPÖ dargestellte Modell sieht eine Auslagerung der Abfertigung vor.
Der Umstand der Auslagerung der Abfertigung ist für die Höhe des Abfertigungsan -
spruches alleine nicht ausschlaggebend.
Wesentlich für die Höhe des Abfertigungsanspruches sind andere Parameter des
Modells, wie insbesondere die Höhe des vom Arbeitgeber zu leistenden Beitrags, der
Veranlagungsertrag oder die Dauer der
Einzahlung des Beitrags.
Zu Frage 9:
Diese Frage ist weder in den Entschließungsanträgen von ÖVP und SPÖ noch im
Regierungsprogramm ausdrücklich angesprochen worden. In dem bereits erwähnten
Expertenbericht bzw. in den Gesprächen der Expertenarbeitsgruppe wurde diese
Frage releviert.
Vorstellbar wäre, ähnliche Regelungen zur Mitbestimmung von Arbeitnehmern wie im
Pensionskassengesetz vorzusehen, dies wird allerdings noch zu beraten sein.
Zu Frage 10:
Mit dieser Frage wird das Übergangsrecht angesprochen. Dazu ist im Regierungs -
programm ausdrücklich festgehalten, dass bisher erworbene Ansprüche und allfällige
künftige Ansprüche aus aufrechten Arbeitsverhältnissen nach dem bestehenden
Abfertigungsrecht zu beurteilen sind.
Das neue Abfertigungsrecht soll grundsätzlich nur für ab dem Inkrafttreten des Ge-
setzes neu abgeschlossene Arbeitsverhältnisse gelten. Nach dem Regierungspro -
gramm soll allerdings ein Umstieg vom alten in das neue Abfertigungssystem einver -
nehmlich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern möglich sein.
Zu Frage 11:
Im Rahmen der Expertenarbeitsgruppe wurde diese Fragestellung in zweierlei Hin -
sicht - bezogen auf die Abfertigungsmodelle in den Entschließungsanträgen - unter -
sucht.
Zum einen wurden Modellberechnungen zur Abschätzung der Auswirkungen der
Reformvorschläge auf den Abfertigungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers an -
hand unterschiedlicher Berufskarrieren vorgenommen. Die Ergebnisse können hier
nicht im Einzelnen dargestellt werden, ich möchte daher auf den diesbezüglichen
Abschnitt im Expertenbericht verweisen.
Zum anderen wurde der Versuch unternommen, ausgehend von den derzeitigen
jährlichen Abfertigungszahlungen bzw. Abfertigungsrückstellungen im Rahmen eines
Simulationsrechenmodells unter Zugrundelegung der Parameter der Abfertigungs -
vorschläge in den Entschließungsanträgen eine Schätzung des für das Gesamtab -
fertigungsvolumen aller Arbeitnehmer erforderlichen Gesamtdeckungskapitalstocks
an Wertpapieren im ,,Vollausbaustadium“ des neuen Abfertigungssystems in Abferti -
gungskassen vorzunehmen. Die Berechnungen ergaben
auf Preisbasis 1997 für das
ÖVP - Modell einen Gesamtdeckungskapitalstock von 335 Mrd. S und für das SPÖ -
Modell von 428 Mrd. S. Für Abfertigungsansprüche nach dem neuen Abferti -
gungssystem wird der Aufbau von Rückstellungen oder Wertpapierdeckungen in den
Unternehmen selbst nicht mehr erforderlich sein, da der Arbeitgeber hinsichtlich die -
ser Ansprüche nur noch zu einer Beitragsleistung an die Abfertigungskasse ver -
pflichtet ist.
Zu Frage 12:
Im Regierungsprogramm wird vorerst davon ausgegangen, dass die Beitragshöhe so
gestaltet wird, dass nach 25 Beitragsjahren eine Abfertigung von 12 Monatsentgelten
erreicht wird. Insoweit Arbeitnehmer Unterbrechungen in der Erwerbskarriere auf -
weisen, tritt das Ende der Beitragszahlung entsprechend später in der Erwerbs -
karriere ein. Auf diese Problematik wurde bereits in den Beratungen der Experten -
arbeitsgruppe hingewiesen.
Ich werde daher in den künftigen Beratungen zur Abfertigungsreform besonders dar -
auf dringen, dass auch für diese Problematik eine adäquate Lösung gefunden wird
und insbesondere den Frauen am Arbeitsmarkt keine Nachteile daraus entstehen
können.
Zu Frage 13:
Für Fragen der steuerlichen Behandlung von Abfertigungszahlungen ist der Bundes -
minister für Finanzen zuständig.