1823/AB XXI.GP

Eingelangt am: 29.3.2001

DER BUNDESMINISTER

FÜR JUSTIZ

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Maria Fekter und Kollegen haben an

mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Verfahren im Zusammenhang mit dem

Konkurs Dkfm. Walter Pelzl bzw. Europabank“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zunächst stelle ich fest, dass für mich nicht erkennbar ist, in welchen Bereichen die

Anfragebeantwortung zu 6315/AB, XX. GP, irreführend und unverständlich gewesen

sein soll, wie dies einleitend in der Anfrage behauptet wird.

 

Zu 1:

Zum Vorwurf der offenkundigen Rechtsverweigerung (bzw. der dem Bezirksgericht

Josefstadt in der Einleitung der Anfrage unterstellten mutwilligen Verfahrensverzö -

gerung) weise ich auf einen Bericht des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs hin:

Danach hat sich der seinerzeitige Berichterstatter im Einvernehmen mit dem Vorsit -

zenden des Senats, der über den in dieser Erlagssache erhobenen Revisionsrekurs

zu entscheiden hatte, dahingehend geäußert, dass sich diese Vorwürfe aus der

Aktenlage nicht belegen lassen.

 

Der Präsident des Obersten Gerichtshofs hat in seinem Bericht dazu wie folgt

ausgeführt:

 

           „Bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 29. Septem -

           ber 1998, 4 Ob 218/98g, durfte das Erlagsgericht davon ausgehen,

           dass die Einbeziehung von Erlagsgegnern in das Erlagsverfahren

           bzw. die Erweiterung dieses Personenkreises gar nicht angefochten

           werden kann. Es ist ihm und dem Rekursgericht, wie sich aus der

           Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 14. März 2000, 5 Ob

           32/00t, ergibt, auch nicht als grobe Verkennung der Rechtslage

           anzulasten, die Klärung der für das Erlagsverfahren relevanten

           Rechtsfragen (Überprüfung der auf den Erlagsgegenstand erhobe -

           nen Ansprüche auf ihre bloße Schlüssigkeit) im Instanzenzug nicht

           schon früher, nämlich vor Zustellung des Erlagsbeschlusses an alle

           Beteiligten, versucht zu haben. Zahlreiche Antragsgegner (50 die im

           Strafverfahren auf den Zivilrechtsweg verwiesenen Privatbeteiligten)

           verfügten noch nicht einmal über einen Titel zur Darlegung ihrer

           Ansprüche auf das Erlagsgut; außerdem musste die noch ausste -

           hende rechtliche Auseinandersetzung zwischen jenen Erlagsgegnern

           abgewartet werden, die einander den Ausfolgeanspruch streitig

           machen. Der in der beiliegenden Entscheidung 5 Ob 32/00t mangels

           ausreichender Anhaltspunkte über die konkrete Realisierbarkeit nur

           angedeutete Weg, den Gerichtserlag dem Masseverwalter im

           Konkurs über das Vermögen des Dkfm. Walter Pelzl auszufolgen

           und ihn unter den besseren Rahmenbedingungen des Konkursver -

           fahrens an die Geschädigten zu verteilen (was vielleicht nur einen

           Prozess zwischen der Europabank Ltd. und dem Masseverwalter

           bedingen würde), eröffnete sich erst im Mai 1996. Ihn zu beschreiten

           war dem Erlagsgericht nicht direkt möglich; es hätte bestenfalls

           entsprechende Anregungen geben können."

 

Das Bezirksgericht Josefstadt hat nach Rücklangen des Aktes vom Obersten

Gerichtshof (am 18. Mai 2000) mit Beschluss vom 2. Juni 2000 das Landesgericht

für Strafsachen Wien um Ergänzung des Erlagsantrags ersucht. Nach einer (am

6. September 2000) erfolgten Urgenz dieses Ersuchens langte am 20. Oktober 2000

der ergänzte Erlagsantrag des Landesgerichtes für Strafsachen Wien beim Bezirks -

gericht Josefstadt ein; der ergänzte Erlagsbeschluss des Bezirksgerichtes Josef -

stadt wurde am 27. November 2000 abgefertigt. Zwischenzeitlich sind laut Bericht

der Vorsteherin des Bezirksgerichtes Josefstadt - der dieses Erlagsverfahren nach

dem für die zuständige Richterin im November 2000 eingetretenen Beschäftigungs -

verbot nach dem Mutterschutzgesetz vom zuständigen Personalsenat zur weiteren

Verfahrensführung zugewiesen wurde - nahezu alle Zustellnachweise eingelangt; für

acht Erlagsgegner wurde die neuerliche Zustellung des ergänzten Erlagsbeschlus -

ses am 12. Februar 2001 verfügt.

 

Damit hat das Bezirksgericht Josefstadt die erforderlichen Beschlüsse in diesem

Verfahren gefasst. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass das Bezirksge -

richt Josefstadt nach rechtskräftiger Annahme des (ergänzten) Erlagsbeschlusses

erst wieder tätig werden muss, wenn ein einvernehmlicher Ausfolgungsantrag aller

Antragsgegner oder ein entsprechendes Gerichtsurteil vorliegt.

 

Zu 2:

Die Klage des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen des Dkfm. Walter

Pelzl wider 189 Beklagte auf Zustimmung zur Ausfolgung der beim Bezirksgericht

Josefstadt als Erlagsgericht verwahrten Hinterlegungsmassen langte am 23. Dezem -

ber 1999 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ein. Die Durchsicht des

Aktes durch das zuständige Dienstaufsichtsorgan hat ergeben, dass der zuständige

Richter äußerst bemüht ist, das Verfahren - welches durch einen außergewöhnlich

hohen manipulativen Arbeitsaufwand gekennzeichnet ist (bisher zirka 150

Ordnungsnummern) - effizient zu führen. Dass trotzdem noch nicht der wünschens -

werte Verfahrensfortschritt erzielt werden konnte, liegt laut dem erstatteten Bericht in

dem Umstand begründet, dass die Klage und der Auftrag zur Klagebeantwortung

trotz aller Bemühungen bisher noch nicht allen Beklagten zugestellt werden konnte.

Ein Großteil der Beklagten hat ihren Wohnsitz im Ausland, weshalb die Zustellung

zum Teil im Rechtshilfeweg zu erfolgen hatte. Von 40 Beklagten ist bisher keine

Abgabestelle bekannt, weshalb das Gericht in diesen Fällen noch keine Möglichkeit

hatte, die Zustellung zu veranlassen.

 

Eine über die Rahmen der Dienstaufsicht und der Inneren Revision vorgesehenen

Nachschauen bzw. Revisionen hinausgehende außerordentliche Untersuchung

nach § 75 Abs. 1 dritter Satz GOG, die sich als Maßnahme der Justizverwaltung

jeden Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit (Zustellproblematik) zu enthalten

hätte, halte ich auf Grund dieses Berichts nicht für zielführend.

 

Zu 3:

Der Einsatz richterlicher Personalkapazität ist in der Justiz auf Basis hochentwickel -

ter Controlling - Instrumente präzise bemessen. So betrug der Auslastungsgrad der

Richter nach der Personalanforderungsrechnung für das Jahr 1999 (die Daten für

das Jahr 2000 liegen mir noch nicht vor) sowohl bei den Richtern der Landesge -

richte als auch bei den Richtern der Bezirksgerichte (bei Letzteren unter Einrech -

nung der von ihnen wahrzunehmenden Rechtspflegeragenden) österreichweit bei

rund 100 %. Es liegt auf der Hand, dass komplexe Verfahren, die im Regelfall trotz

voller richterlicher Auslastung bewältigt werden müssen, bei einem streng kalkulier -

ten Personaleinsatz eine erhebliche Mehrbelastung darstellen. Trotz des mit den in

der Anfrage genannten Verfahren verbundenen hohen manipulativen und organisa -

torischen Aufwands sind - in Übereinstimmung mit den zuständigen nachgeordneten

Justizverwaltungsorganen - die Kapazitäten des Bezirksgerichtes Josefstadt und des

Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als ausreichend zu bezeichnen.

 

Zu 4:

Zur Frage der Verantwortlichkeit einzelner Organe der Rechtsprechung in den

genannten Gerichtsverfahren weise ich auf meine Antwort zu 1) hin.

Um künftig taugliche gesetzliche Rahmenbedingungen für derartig komplexe Erlags -

verfahren sicherzustellen, wird in meinem Ressort ein Entwurf für ein „Verwahrungs -

und Einziehungsgesetz“ vorbereitet. Die Erfahrungen in dem dieser Anfrage zu

Grunde liegenden Erlagsverfahren sollen im genannten Vorhaben berücksichtigt

werden. Klare und eindeutige Bestimmungen sollen zur Rechtssicherheit und damit

auch zur Beschleunigung von Verfahren beitragen. Zum anderen muss auch auf das

im vorliegenden Verfahren im Vordergrund stehende Problem der Zustellung an

Erlagsgegner, die sich im Ausland befinden oder unbekannten Aufenthalts sind,

gesondert Bedacht genommen werden. Das könnte beispielsweise durch eine

Verpflichtung zur Bestellung eines Zustellkurators oder auch durch eine verstärkte

Nutzung der Möglichkeiten der Ediktsdatei gelöst werden. Darüber hinaus gilt es, für

Massenverfahren geeignete Mechanismen zu finden. Die Parallelität zwischen

einem Erlagsverfahren und einem gleichzeitig laufenden Insolvenzverfahren bereitet

- wie der vorliegende Fall zeigt und der Oberste Gerichtshof auch andeutet -

ebenfalls gravierende Probleme. Letztlich wird auch den Schwierigkeiten, die diese

Schnittstelle zwischen Zivil - und Strafgerichtsbarkeit aufwirft, Rechnung zu tragen

sein. Allein diese Ausführungen zeigen, dass bei der Entwicklung geeigneter gesetz -

licher Rahmenbedingungen sehr komplexe Fragen zu lösen sind. Trotzdem

beabsichtige ich, bereits im Frühjahr einen entsprechenden Entwurf zur Begutach -

tung zu versenden.