1824/AB XXI.GP
Eingelangt am: 29.3.2001
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
Die Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner und Genossen haben an
mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Unterhaltszahlungen und subsidiäre
Verpflichtungen“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Einleitend weise ich darauf hin, dass es sich bei der Festsetzung eines Unterhalts -
anspruchs im Einzelfall um eine Angelegenheit der Rechtsprechung der unabhängi -
gen Gerichte handelt, die dabei die verschiedenen für die Entscheidung über Grund
und Höhe des Anspruchs konkrete maßgeblichen Umstände auf Seite des Unter -
haltsberechtigten und des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen haben. Im
Hinblick auf die wiederholten Anfragen, die ein bestimmtes bei Gericht anhängiges
Verfahren zum Gegenstand haben, scheint es mir auch wichtig zu betonen, dass
schon jeder Anschein einer solchen Einflussnahme vermieden werden sollte.
Im Übrigen meine ich, dass sowohl mein Amtsvorgänger als auch ich sehr ausführ -
lich auf die beiden vorangegangenen Anfragen eingegangen sind und die Rechts -
lage dargelegt haben. In Ergänzung hiezu beantworte ich die nun gestellten Fragen
wie folgt:
Zu 1 und 2:
Ein Ehegatte hat gegen den anderen Ehegatten grundsätzlich keinen gesetzlichen
Anspruch auf Arbeitslohn für die Betreuung von dessen Angehörigen, weil eine
solche Betreuung im Allgemeinen in den Rahmen des ehelichen Beistandes (§ 90
ABGB) fällt. Sollten die Ehegatten jedoch vereinbart haben, dass ein Ehegatte
Angehörige des anderen Ehegatten gegen Arbeitslohn betreut, so wird aus einer
solchen Vereinbarung konkret jener Lohn
geschuldet, welcher vereinbart ist oder
sich aus den auf die Vereinbarung anzuwendenden Regelungen vor allem des
(nicht zu meinem Wirkungsbereich gehörenden) Arbeitsrechtes - ergibt.
Zur Höhe des Unterhaltsanspruches eines Ehegatten, der wegen der Betreuung
gemeinsamer Kinder oder von Kindern der anderen Ehegatten keiner Erwerbstätig -
keit nachgeht, haben die unabhängigen Gerichten als Orientierungshilfe Prozent -
sätze herausgearbeitet, die Anhaltspunkte für die Höhe des Unterhalts bieten sollen,
das Gericht aber nicht von der Verpflichtung zur Überprüfung des Einzelfalls entbin -
den. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs eines Ehegatten, der selbst über kein
Einkommen verfügt, wird meist mit 33 % des Einkommens des erwerbstätigen
Ehegatten bemessen. Von diesem Prozentsatz werden in der Regel 4 Prozent -
punkte für jede weitere volle Unterhaltspflicht abgezogen. Hat der unterhaltsberech -
tigte Ehegatte - aus welcher Quelle immer - selbst eigenes Einkommen, so bemisst
die Rechtsprechung seinen Unterhaltsanspruch mit 40 % des gemeinsamen
Einkommens abzüglich des Eigeneinkommens, wobei wieder die vorhin dargestell -
ten Abzüge vorgenommen werden.
Leben unterhaltsberechtigter und unterhaltspflichtiger Ehegatte im gleichen
Haushalt, so kann der unterhaltsberechtigte Ehegatte (nach dem durch das
EheRÄG 1999 geänderten § 94 Abs. 3 ABGB) den Unterhalt trotz aufrechter
Haushaltsgemeinschaft zwar ganz oder zum Teil in Geld verlangen, doch darf ein
solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse
zur Verfügung stehenden Mittel, nicht unbillig sein. Das bedeutet etwa, dass er nicht
Unterhalt zur Befriedigung seines Wohnbedarfes verlangen kann, während der
andere Ehegatte im einvernehmlichen Vorgehen durch die Anschaffung und Zurver -
fügungstellung eines Hauses bereits für die Befriedigung des Wohnbedarfes vorge -
sorgt hat.
Die Rechtsprechung bemisst in der Regel den Unterhaltsanspruch eines Kindes im
Alter von 0 - 6 Jahren mit 16%, von 6 - 10 Jahren mit 18%, von 10 - 15 Jahren mit 20%
und über 15 Jahren mit 22% des Einkommens des Unterhaltsschuldners. Bei der
Berechnung dieser Unterhaltsansprüche werden ebenfalls Prozentabzüge vorge -
nommen. Für jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind bis 10 Jahre wird dem Unter -
haltspflichtigen 1 Prozentpunkt, für jedes Kind über 10 Jahren 2 Prozentpunkte und
für eine (jede) unterhaltsberechtigte Ehegattin 0 - 3 Prozentpunkte abgezogen.
Diese Berechnung stellt nur eine Richtlinie dar und stößt beim Zusammentreffen
zahlreicher Unterhaltsberechtigter an Grenzen.
Auf Grund des von der österreichi -
schen Rechtsprechung angenommenen Gleichbehandlungsgrundsatzes bei konkur -
rierenden Unterhaltsansprüchen soll für alle beteiligten Unterhaltsberechtigten ein
gleiches Maß an Bedürfnisbefriedigung sichergestellt werden. Reicht das Einkom -
men des Unterhaltsverpflichteten nicht aus, um sämtliche Unterhaltsansprüche zu
befriedigen, so müssen sich alle Berechtigten einen Abzug zu gleichen Teilen gefal -
len lassen. Eine Untergrenze ist nicht vorgesehen, da insbesondere bei einer
Mehrzahl von Unterhaltsberechtigten es sonst dazu kommen könnte, dass der
Unterhaltsschuldner zu höheren Leistungen verpflichtet werden könnte, als er
tatsächlich über Einkommen verfügt.
Zu 3:
Da einem Ehegatten im Allgemeinen das Einkommen seines Partners und der
Umfang dessen Unterhaltspflichten bekannt sind, kann er nach den oben
skizzierten, von der Rechtsprechung entwickelten Regeln abschätzen, wieviel von
dem Einkommen ihm und dem Partner zur Deckung ihrer Lebensbedürfnisse
verbleiben. Bei Zweifelsfragen kann er sich aber auch an das Gericht oder an einen
Rechtsanwalt um Auskunft wenden.