1841/AB XXI.GP

Eingelangt am: 30.3.2001

BM für Land -  und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Keppelmüller und Genossen haben am

31.1.2001 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 1829/J betreffend „Sanierung

der Fischer Deponie" gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu beantworten:

 

 

ad 1 und 19

 

Die Räumungsbescheide betreffend die Fischer Deponie wurden vom Landeshaupt -

mann von Niederösterreich erlassen und im Instanzenzug vom Bundesminister für

Land -  und Forstwirtschaft bestätigt.

 

Da die aus diesen Bescheiden Verpflichteten ihren Auftrag nicht selbst durchführen,

ist die Räumung im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens nach dem Ver -

waltungsvollstreckungsgesetz (VVG) umzusetzen; gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 VVG ob -

liegt die Vollstreckung den Bezirksverwaltungsbehörden.

 

Zuständiges Organ im Rahmen des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens ist auf

Grund der monokratischen Behördenstruktur der Bezirkshauptmannschaften der Be -

zirkshauptmann.

ad 2

 

Mit der Erstellung der Ausschreibung für das Projektmanagement wurde ein Zivilin -

genieur, Herr DI Karl Rohrhofer, betraut.

 

ad 3

 

DI Rohrhofer wurde mit Werkvertrag der BH Wr. Neustadt vom 28. Februar 1999 mit

den Ingenieurleistungen für die Ausschreibung und Vergabe der Projektmanage -

mentleistungen für die Räumung der Fischer Deponie beauftragt.

 

Dieser Werkvertrag liegt unterhalb der Schwellenwerte des Geltungsbereichs des

Bundesvergabegesetzes, welches daher im gegenständlichen Fall nicht anzuwen - 

den war.

 

Gemäß ÖNORM A2050 idF 1993 handelt es sich bei gegenständlichem Auftrag um

immaterielle Leistungen, bei deren Vergabe das Verhandlungsverfahren (freihändi -

ges Verfahren) anzuwenden ist (es wird mit einem oder mehreren ausgewählten

Unternehmen über den Auftragsinhalt verhandelt).

 

DI Rohrhofer verfügt auf Grund seiner umfangreichen, im Rahmen der Vorerkundun -

gen und der Sperrbrunnenreihe geleisteten Arbeiten über herausragende Kenntnisse

mit der Altlast ,,Fischer - Deponie“; seine Betrauung erfolgte gemäß den Bestimmun -

gen der ÖNORM A2050.

 

ad 4

 

Die Ausschreibung des Projektmanagements zur Räumung der Fischer - Deponie er -

folgte als 2 - stufiges Verhandlungsverfahren nach dem Bundesvergabegesetz.

Es wurden Interessenten mit einer EU - weiten Bekanntmachung eingeladen, Teil -

nahmeanträge zu stellen. Von den 9 Bewerbern, die ein Interesse anmeldeten, wur -

den die 5 Besten gemäß den in der öffentlichen Bekanntmachung angeführten Be -

wertungskriterien durch eine Beurteilungskommission ausgewählt.

 

Diese 5 Bestgereihten wurden sodann zur Angebotsiegung eingeladen und haben

in der Folge auch Angebote eingereicht.

 

ad 5

 

Die eingelangten Angebote wurden vom ausschreibenden Zivilingenieur geprüft.

Weiters war eine kommissionelle Beurteilungskommission eingesetzt, die aus einem

Vertreter der BH Wr. Neustadt und drei Amtssachverständigen bestand. Verhand -

lungsgespräche mit den Bietern wurden kommissionell geführt.

 

Leiter der Beurteilungskommission war der jeweilige Vertreter der Bezirkshaupt -

mannschaft Wr. Neustadt. Die abschließende Bewertung und Bestbieterermittlung

erfolgte vom Zivilingenieur gemeinsam mit der Beurteilungskommission.

 

ad 6

 

Da zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsüberganges mit 1. April 2000 das Vergabever -

fahren noch nicht abgeschlossen war, wurde insbesondere aus Gründen der Konti -

nuität und Rechtssicherheit keine Veränderung der in Beantwortung der Frage 5 ge -

nannten Beurteilungskommission angestrebt. Somit erfolgte auch keine Mitwirkung

bei der Ermittlung des Bestbieters durch Vertreter des Bundesministeriums für Land -

und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Hinsichtlich einer Mitwirkung des

Bundesministeriums für Inneres wäre der zuständige Bundesminister zu befragen.

ad 7

 

Als Bestbieter wurde Zivilingenieur DI Vinzenz Trugina ermittelt. Dieser hatte nach

der Angebotslegung die Erklärung abgegeben, im eventuellen Auftragsfall die Ar -

beiten als Arbeitsgemeinschaft mit seinem angebotenen Sub - Unternehmer, der

ESW - Consulting Wruss GmbH, durchzuführen.

 

ad 8 bis 11 und 16

 

Insgesamt waren im Verlauf des Vergabeverfahrens 13 Verfahren bei den Vergabe -

kontrollinstanzen (Bundesvergabekontrollkommission/BVKK und Bundesvergabe -

amt/BVA) anhängig:

 

a) Juni 1999:

Antrag eines nicht zur Angebotsiegung eingeladenen Interessenten.

Empfehlung der BVKK vom 5.7.1999: Widerruf des bisherigen Verfahrens und Wie -

derholung ohne Ausschluss von Bietergemeinschaften.

Der Empfehlung wurde entsprochen und das bisherige Verfahren wiederholt.

 

b) Oktober 1999:

Neuerlich Antrag eines nicht zur Angebotslegung eingeladenen Interessenten.

Empfehlung der BVKK vom 21. Oktober 1999: Bezüglich der Vorerkundung des

Bewerberkreises soll der Auftraggeber dem nicht eingeladenen Bewerber weitere

Aufklärung darüber geben, warum er nicht für die Angebotslegung ausgewählt

wurde.

Die Empfehlung wurde angenommen.

 

c) Oktober/November 1999:

Weiterer Antrag eines nicht zur Angebotslegung eingeladenen Interessenten auf

Überprüfung.

Empfehlung der BVKK vom 3. November 1999: Die in den Ausschreibungsunterla -

gen dargelegten Auswahlkriterien sind ausreichend konkretisiert und korrekt vom

Auftraggeber angewendet worden. Der Senat schlägt vor, der Beschwerdeführerin

Einsicht in die anonymisierten Unterlagen über die Bewertung und Reihung zu ge -

währen.

Die Empfehlung wurde angenommen.

 

d) Jänner 2000:

Antrag eines zur Angebotslegung eingeladenen Bieters auf Schlichtung von Mei -

nungsverschiedenheiten betr. der Ausgestaltung von Ausschreibungsbestimmungen.

Empfehlung der BVKK vom 3. Februar 2000: Die pauschaliert anzubietenden Positi -

onen des Leistungsverzeichnisses stellen für einen erfahrenen Zivilingenieur keine

unkalkulierbaren Risiken dar.

Die Ausschreibung wurde entsprechend angepasst.

 

e) März 2000:

Die BH Wr. Neustadt hat (den späteren Bestbieter) DI Trugina ausgeschieden, da

sein Subunternehmeranteil nicht den Ausschreibungsbestimmungen entspricht und

seine nachträgliche Erklärung, gemeinsam mit dem namhaft gemachten Subunter -

nehmer eine ARGE zu bilden, aus rechtlichen Gründen in diesem Verfahrensstand

nicht mehr akzeptiert werden konnte.

Gegen sein Ausscheiden hat DI Trugina Einspruch bei der BVKK erhoben.

Empfehlung der BVKK vom 23. März 2000: Die BH Wr. Neustadt als Vertreter des

öffentlichen Auftraggebers soll das Ausscheiden von DI Trugina wieder rückgängig

machen und das Angebot akzeptieren.

Der Empfehlung der BVKK wurde entsprochen.

 

Der spätere Bestbieter DI Trugina wurde erst auf Grund dieser Empfehlung der

BVKK wieder in die Angebotsprüfung und  - bewertung miteinbezogen.

f) März/April 2000:

Das Alternativangebot eines Bieters wurde ausgeschieden, da es nicht den Aus -

schreibungsbestimmungen entspricht. Der Bieter wendete sich gegen sein Ausschei -

den an die BVKK.

 

Empfehlung der BVKK vom 7. April 2000:

Das Alternativangebot sprengt den Rahmen der Leistungsbeschreibung und wurde

daher zurecht ausgeschieden.

 

g) April bis Juni 2000:

Antrag des unter f) genannten Bieters an das Bundesvergabeamt am

19. April 2000 wegen des Ausscheidens seines Alternativangebots:

Der unter f) angeführte Bieter akzeptiert die Empfehlung der BVKK nicht und wendet

sich an das Bundesvergabeamt (BVA).

 

Seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung der Untersagung der

Weiterführung des Verfahrens wird vom BVA Folge geleistet. Das Vergabeverfahren

ist daher bis zum 20. Juni 2000 gesperrt.

 

Mit Bescheid vom 20. Juni 2000 entscheidet das Bundesvergabeamt, dass der An -

trag des Bieters abgewiesen wird und der Auftraggeber zu Recht das Ausscheiden

des Alternativangebots verfügt hat.

 

h) Juli 2000 bis Ende August 2000:

Drei der nicht als Bestbieter qualifizierten Bieter erheben Einsprüche bei der Bun -

desvergabekontrollkommission gegen die Bestbieterermittlung und bringen vor, dass

- der ermittelte Bestbieter Trugina auszuscheiden gewesen wäre,

- die Ausschreibungsunterlagen spekulative Angebote ermöglicht haben,

- die Zuschlagskriterien zu wenig klar präzisiert und gewichtet gewesen seien,

- einzelne Zuschlagskriterien (die allerdings den Bietern bereits in den

   Angebotsunterlagen bekannt gegeben worden waren und bis dato nicht ange -

   fochten worden waren) wurden nun überhaupt bekämpft.

 

Von der BVKK ergehen folgende Sprüche:

1. Das von der vergebenden Stelle angewandte Bewertungssystem wird nicht bean -

     standet.

2. Das von einem Bieter beanstandete Zuschlagskriterium „geschätzte Gesamtkos -

     ten und vorgeschlagener Terminplan samt allfälliger Überlegungen zum Bonus -

     Malus - System“ wird nicht beanstandet.

3. Der Auftraggeber soll den Bietern noch genauere Aufklärung darüber geben, wel -

     che Überlegungen der Punktevergabe zugrundelagen und die Merkmale und

     Vorteile des Bestbieters.

4. Das Angebot des ZI Dr. Trugina ist wegen seiner Mitwirkung an den Vorerkun -

     dungen im Westteil der Deponie in den Jahren 1992/1993 auszuscheiden.

 

Die Empfehlungen wurden nicht mehr angenommen, da bereits nach den

Verhandlungen bei der BVKK das weitere Beschreiten des Rechtsmittelzuges an das

Bundesvergabeamt angekündigt wurde.

 

Die drei Bieter haben sodann in weiterer Folge die Bestbieterermittlung und das Ver -

gabeverfahren beim Bundesvergabeamt angefochten. Es wurde wiederum eine

einstweilige Verfügung auf Untersagung der Fortführung des Verfahrens seitens des

BVA erlassen.

 

Mit Bescheid des BVA vom 18. August 2000 wurde sodann den Einsprüchen der drei

Bieter im Wesentlichen stattgegeben. Die wesentlichen Kernaussagen dieses Be -

scheides waren:

1. Ausscheiden des Bestbieters DI Trugina wegen der Beteiligung an Vorerkundun -

     gen im Westteil der Fischer - Deponie in den Jahren 1992/1993;

2. Nichtbekanntgabe von Zuschlagskriterien.

 

Zu diesem Bescheid wird Folgendes angemerkt:

 

Das Bundesvergabeamt hat in ähnlichen Fällen bereits mehrfach anders entschie -

den. So hat es in anderen Fällen ausgeführt, dass eine objektive Wettbewerbsbe -

einträchtigung durch Beteiligung an Vorarbeiten dann nicht vorliegt, wenn alle erho -

benen Daten unaufgefordert allen Bewerbern zur Verfügung gestellt werden und die

Vollständigkeit dieser Daten objektiv, also durch Dritte (z.B. durch Amtssachverstän -

dige) überprüft wird. Weiters muss den anderen Bewerbern ausreichend Zeit zur

Prüfung der Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

 

Die ausschreibende Stelle und die Bewertungskommission haben sich an diese vom

Bundesvergabeamt in anderen Fällen anerkannte Verfahrensweise gehalten. Im Fall

,,Fischer - Deponie“ wurde jedoch ein strengerer Maßstab angelegt. Trotz der Tatsa -

che, dass der Bestbieter nur in Teilbereichen der Vorerkundungen mitgewirkt hat und

trotz der Zur - Verfügungstellung der Daten an alle Bieter wurde eine Wettbewerbsbe -

einträchtigung gesehen.

 

In der beabsichtigten Novelle des Bundesvergabegesetzes (BVergG) soll unter an -

derem auch diese Frage behandelt werden.

 

Bezüglich der Zuschlagskriterien führte das Bundesvergabeamt in seiner Entschei -

dung vom 18. August 2000, S.22, aus, dass die Ausschreibung zu widerrufen sei,

da die relative Bedeutung der aufgestellten Zuschlagskriterien im Verhältnis zuei -

nander nicht objektiv nachvollziehbar sei.

Dazu wird angemerkt, dass selbst der Wortlaut des § 29 Abs. 4 BVergG lediglich

vorsieht, dass alle Zuschlagskriterien in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Be -

deutung anzugeben sind. Die Reihenfolge wurde aber in den Ausschreibungsunter -

lagen bekannt gegeben. Darüber hinaus hat der Auftraggeber in den Ausschrei -

bungsunterlagen auch bekannt gegeben, dass der „Preis“ mit 40 % und „Qualität

und Umfang“ mit 60 % gewertet werden. Die Reihenfolge der Gewichtung der 7 Kri -

terien, aus welchen sich das Zuschlagskriterium „Qualität und Umfang“ zusammen -

setzt, wurde den Bietern ebenfalls bereits in den Ausschreibungsunterlagen bekannt

gegeben. Da das Verfahren außerdem als Verhandlungsverfahren geführt wurde,

hatten die Bieter überdies die Möglichkeit, im Zuge mehrerer Gesprächsrunden mit

der Auftraggeberseite allfällige Unklarheiten anzusprechen, was jedoch nie gesche -

hen ist.

 

Die Bundesvergabekontrollkommission hat in ihrer Empfehlung vom 13. Juli 2000

ausgeführt, dass das angewandte Bewertungssystem nicht beanstandet wird. Über

die ausreichend präzise angegebenen Bewertungskriterien könne bei der konkreten

Bewertung der Angebote zur Objektivierung der Bewertung ein sachlich begründetes

Subsystem - das noch nicht in der Ausschreibung dargelegt wurde - zur Anwen -

dung gelangen.

 

Diese Aussagen und der Verfahrensverlauf des konkreten Vergabeverfahrens zei -

gen, dass als Grund für den im September 2000 erfolgten Widerruf der Ausschrei -

bung komplexe Rechtsfragen eines sich in seiner Auslegung ständigverändernden

und sich weiterentwickelnden Vergaberechts zum Tragen gekommen sind, zu denen

selbst von Bundesvergabekontrollinstanzen unterschiedliche Rechtsmeinungenver-

treten werden.

 

Abschließend darf festgestellt werden, dass das von der BH Wr. Neustadt mit Hilfe

des beauftragten Zivilingenieurs abgewickelte Ausschreibungsverfahren mit größt -

möglicher Sorgfalt betrieben wurde.

ad 12, 13 und 17

 

Bisher sind Kosten in der Höhe von rd. 2,7 Mio. ATS entstanden. Diese setzen sich

aus dem Honorar für den ausschreibenden Zivilingenieur DI Rohrhofer, aus den

Kosten für die vergaberechtlich zwingend vorgesehenen öffentlichen Bekanntma -

chungen, sowie Schreibkosten für die Tonbandprotokolle aus den Hearingrunden mit

den Bietern zusammen.

 

Gemäß den Ausschreibungsunterlagen gebührt den Bietern für jedes vollständige

und prüfbare Angebot eine Vergütung von je ATS 80.000,-. An einen der Bieter

wurde der Betrag von ATS 80.000,- je Angebot für die Ausarbeitung des Angebots

bereits ausbezahlt. Inklusive der Alternativangebote wären somit noch 9 Angebote

zu je ATS 80.000,- zu vergüten. Darüber hinausgehende Forderungen sind derzeit

nicht bekannt.

 

ad 14 und 15

 

Die bisherigen (Stand 31.12.2000) und zukünftig zu erwartenden Kosten (in Mio.

ATS) der Sperrbrunnenreihe sind der folgenden Tabelle zu entnehmen.

 

Teilbereich

Auszahlungen

Vergangenheit

geplante zuk.

Auszahlung

pro Jahr

Errichtung der Anlage

Planung + div. Nebenkosten

Betrieb der Anlage

Probenahme, Überwachung

Analysen

Gutachten, Experten

Bodenluftabsaugung

16,7

2,9

61,6

22,3

30,4

3,0

4,1

0,0

0,0

8,1

2,5

2,6

0,4

0,6

Gesamtsumme

141,0

14,2


 

ad 18

 

Die Auswahl des Sanierungsexperten erfolgte entsprechend der hohen spezifischen

Anforderungen, wobei mit den in Frage kommenden Personen kommissionelle Hea -

rings durchgeführt wurden. Die nachfolgende Entscheidung wurde im Einvernehmen

von der BH Wr. Neustadt mit dem Land Niederösterreich und dem Bundesministe -

rium für Land -  u. Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft getroffen.

 

ad 20

 

Bislang erfolgte mangels konkreter Notwendigkeit keine Einbindung der

Umweltbundesamt GmbH.