1845/AB XXI.GP

Eingelangt am:30.03.2001

 

BUNDESMINISTER

FÜR LAND - UND FORSTWIRTSCHAFT,

UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulli Sima und Kollegen vom 1. Februar

2001, Nr. 1846/J, betreffend Hormon -  und Antibiotikabelastung des österreichischen

Grundwassers, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass in Österreich die landwirtschaftliche Produktion im Vergleich

zu den anderen Mitgliedstaaten kleinstrukturiert und bäuerlich geprägt ist. Die Erhaltung

einer flächendeckenden, nachhaltigen, multifunktionalen und ökologisch orientierten

Landwirtschaft bäuerlicher Prägung ist auch seit langem Kernpunkt der österreichischen

Agrarpolitik. Diese Entwicklung wird auch durch die vermehrte Berücksichtigung

ökologischer Aspekte im Rahmen der GAP verstärkt.

 

Weiters ist Österreich in den EU - Gremien immer für einen sehr restriktiven Einsatz von

Antibiotika eingetreten. Derzeit sind noch vier antibiotische Leistungsförderer in der EU

zugelassen. Beim EU - Agrarministerrat am 29.01.2001 habe ich ein generelles Verbot

antibiotischer Leistungsförderer in Futtermitteln auf EU - Ebene initiiert. Österreich hat dem

Rat einen konkreten Legislativvorschlag zur Änderung des Gemeinschaftsrechtes

unterbreitet. Die Kommission hat anlässlich dieser Sitzung des Rates zugesagt, noch in

diesem Jahr einen Vorschlag für ein Verbot der vier noch zugelassenen antibiotischen

Leistungsförderer vorzulegen.

Obwohl vereinzelter Missbrauch niemals ganz ausgeschlossen werden kann, ist es

jedenfalls unzutreffend, von einem „Großteil ungesetzlicher Verfütterung“ zu sprechen.

Dieser Vorwurf muss in Anbetracht der korrekten Vorgangsweise der meisten

landwirtschaftlichen Betriebe entschieden zurückgewiesen werden.

 

Zu den Fragen 1 bis 4:

 

In den vergangenen Jahren hat sich in vielen Bereichen des Umweltrechts gezeigt, dass

statt eines Abstellens auf rein hoheitliche Instrumentarien in bestimmten Fällen eine

Kombination solcher mit Elementen des Vertragsumweitschutzes zweckdienlich erscheint,

um die anstehenden Anforderungen zu bewältigen. Dieser Feststellung Rechnung tragend

wurden durch die Novellierung des § 33f WRG 1959 im vergangenen Jahr neue

Instrumentarien zur Verbesserung der Qualität von Grundwasser geschaffen.

 

Demnach sind vom Landeshauptmann unter Heranziehung aller ihm zur Verfügung

stehenden Daten jene Grundwassergebiete, bei denen ein festgelegter Schwellenwert nicht

nur vorübergehend überschritten wird, als Beobachtungs - und voraussichtliche Maßnah -

mengebiete abzugrenzen. Für die letztgenannte Kategorie sind vom Landeshauptmann

Programme zu erlassen, die jene Maßnahmen enthalten, welche voraussichtlich zur

Verbesserung der Qualität des Grundwassers erforderlich sein werden. Dem Grundsatz des

Vertragsgewässerschutzes entsprechend, können auf den betroffenen Grundstücken die

bekannt gegebenen Maßnahmen freiwillig gesetzt werden, oder wären vom

Landeshauptmann durch Verordnung verbindlich vorzuschreiben.

 

Die näheren Kriterien für die Ausweisung von Beobachtungs - und voraussichtlichen

Maßnahmengebieten sowie der allgemeine Rahmen für jene Maßnahmen, aus denen der

Landeshauptmann bei Erlassung der konkreten Programme zu wählen hat, sind im Rahmen

einer Novellierung der Grundwasserschwellenwertverordnung zu normieren. Ein

diesbezüglicher Entwurf wird derzeit finalisiert und einem Begutachtungsverfahren

unterzogen werden.

 

Die potentiellen Sanierungsgebiete (5 bis 8 Beobachtungsdurchgänge, bezogen auf den

Beobachtungszeitraum 1. Juli 1995 bis 30. Juni 1997) des Gewässerschutzberichtes 1999

sind der Beilage A zu entnehmen.

Zu den Fragen 5 bis 7:

 

Nach dem vorliegenden Informationsstand wurde hinsichtlich des wegen mangelhafter

rechtlicher Umsetzung der RL 91/676/EWG des Rates (Nitratrichtlinie) eingeleiteten

Vertragsverletzungsverfahrens (2. Stufe) aus Anlass der österreichischen Stellungnahme

vom 12. April 2000 (und der im Rahmen des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2000 erfolgten

Klarstellung im § 55b WRG 1959) von der Europäischen Kommission am 21. Dezember

2000 die Einstellung beschlossen. Eine formelle Mitteilung erfolgte bis dato nicht.

 

Mit Mahnschreiben (erste Stufe) vom 8. November 2000 teilte die Europäische Kommission

darüber hinaus mit, dass das Aktionsprogramm des Bundesministers für Land -  und

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung

durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen keine ausreichend einhaltliche Umsetzung der

Anforderungen aus der RL 91/676/EWG darstelle. Mit Note vom 9. Jänner 2001 nahm dazu

die Republik Österreich Stellung und übermittelte einen Entwurf für ein überarbeitetes

Aktionsprogramm. Abhängig von der noch ausstehenden Reaktion der Europäischen

Kommission wird der Entwurf einem Begutachtungsverfahren zuzuführen oder abermals zu

überarbeiten sein.

 

Zu den Fragen 8 und 9:

 

Ziel des österreichischen Wasserrechtsgesetzes ist der Schutz der natürlichen Ressource

Wasser und die Bereitstellung von einwandfreiem Rohwasser zu Trinkwasserzwecken und

daher die Festlegung der rechtlichen Rahmenbedingung zur Benutzung der Ressource

Wasser.

 

In jedem Bundesland ist ein wasserwirtschaftliches Planungsorgan eingerichtet, dem die

Aufgabe zukommt, in allen Phasen des wasserrechtlichen Verfahrens den Schutz des

öffentlichen Interesses an der Trinkwasserversorgung sicherzustellen. Gemäß § 55 Abs 1

lit g WRG 1959 ist das Planungsorgan in allen behördlichen Verfahren als Partei beizuziehen

und nimmt dort die Interessen der österreichischen Wasserwirtschaft bezüglich Trinkwasser -

und Nutzwasserversorgung als Legalpartei wahr.

Im übrigen unterliegt Trinkwasser den lebensmittel - und gesundheitsrechtlichen

Bestimmungen, für die nicht der Bundesminister für Land -  und Fortwirtschaft, Umwelt und

Wasserwirtschaft sondern der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

zuständig ist.

 

Zu Frage 10:

 

Zu den hormonell wirksamen (endokrin wirksamen) Substanzen zählt man natürliche

Hormone, synthetische Hormone und Xenohormone (z.B. Pflanzenschutzmittel,

Industriechemikalien). Bis dato liegen Befunde über das Vorkommen von endokrin

wirksamen Substanzen in österreichischen Oberflächenwässern, Kläranlagenzu - und

Kläranlagenabläufen und Klärschlämmen nicht jedoch über Grundwässer vor (UBA - BE - 150,

UBA - BE 151).

 

Auf Initiative des Umweltbundesamtes (UBA), des Österreichischen Wasser - und

Abfallwirtschaftsverbandes (ÖWAV) und des Bundesministeriums für Land - und

Fortwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft läuft zur Zeit ein diesbezügliches

Forschungsprojekt (Finanzierung durch Bund und Länder). Im Rahmen dieses Projektes

werden endokrin wirksame Substanzen im gesamten Bundesgebiet untersucht, um Daten zu

erheben und damit einen Beitrag über endokrin wirksame Substanzen für den gesamt -

europäischen Überblick leisten zu können. In diesem Zusammenhang wurde im Frühjahr

1999 ein Konsortium namens „Austrian Research Cooperation on Endocrine Modulators

(ARCEM)“ ins Leben gerufen. In dieser Gruppe sind österreichische Wissenschaftler aus

verschiedensten Disziplinen sowie das Österreichische Umweltbundesamt und das

Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vertreten.

Die Auswahl der Probenahmestellen (Fließgewässer, Grundwasser) sowie die Probenahmen

selbst erfolgen im Rahmen des Projektes ARCEM in enger Kooperation mit den Arbeiten zur

Wassergüteerhebungsverordnung.

 

Die Probenahmen erfolgen im Jahr 2001 (erstmalig Jänner 2001) und umfassen 29

Fließgewässermessstellen, welche zwischen 6 - und 12 - mal beprobt werden. Weiters werden

59 Grundwassermessstellen je 2 - bis maximal 3 - mal, sowie 6 Quellen je zweimal beprobt. 10

altlastennahe Gewässerkörper werden mindestens zweimal untersucht.

Als Leitsubstanzen wurden folgende natürliche und synthetische Steroidhormone bzw.

Metaboliten ausgewählt:

17 - ß - Östradiol

Östron (Metabolit von 17 - ß - Östradiol)

Östriol (Metabolit von 17 - ß - Östradiol)

17 - alpha - Ethinylöstradiol

 

Zusätzlich werden noch weitere Xenohormone (Industriechemikalien) untersucht.

 

Folgende Antibiotikawirkstoffewerden im Umweltbundesamt derzeit in Ab - und Zuläufen von

kommunalen Kläranlagen untersucht: Trimethoprim, Sulfamethoxazol, Pencillin V und G

sowie Erythromycin. Diese Wirkstoffe sind in Österreich auch für die Veterinärmedizin

zugelassen. Weiters werden im Rahmen dieses UBA - Projektes noch andere

Arzneimittelwirkstoffe (Lipidsenker, Analgetika, Psychopharmaka, Antiepileptika,

Antihypertonika) analysiert. Im Rahmen eines EU - Projektes („Poseidon“; geleitet von

Dr. Ternes, ESWE - Institut Wiesbaden, D) werden Diclofenac, Ibuprofen (Analgetika),

Bezafibrat (Lipidsenker), Diazepam (Psychopharmakum) Carbamazepin (Antiepileptikum,

Sulfamethoxazol und Roxithromycin (Antibiotika), Iopromid (Antikontrastmittel), 17 - alpha -

Ethinylöstradiol und (Antibabypillenwirkstoff) untersucht. Das Umweltbundesamt analysiert

ausgewählte Grundwässer und Abwässer; mit diesen Analysen wird noch im Jahre 2001

begonnen werden.

 

Zu den Fragen 11 und 12:

 

Dem Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sind

keine Untersuchungen auf nicht zugelassene Hormon - und Antibiotikasubstanzen bekannt.

 

Zu den Fragen 13 und 14:

 

Grundsätzlich darf auf die einleitenden Bemerkungen hingewiesen werden.

 

Im Rahmen eines UBA - ÖWAV - Arbeitsausschusses „Arzneimittel in der aquatischen

Umwelt“, welcher im Oktober 2000 gebildet wurde, soll die Strategie für zukünftige

Untersuchungen und die Auswahl der wichtigsten Arzneimittelwirkstoffe - insbesondere im

Veterinärbereich - festgelegt werden.

 

Zu den Fragen 15 und 16:

 

Eine derartige „Garantie“ kann nicht gegeben werden.

 

Zu Frage 17:

 

Die Liste der 32 prioritären Stoffe bildet die künftige Basis für die Festlegung

gemeinschaftsweiter Maßnahmen gegen die Verschmutzung von Oberflächengewässern mit

gefährlichen Stoffen. Österreich hat sich im EU - Umweltrat stets für eine rasche

Inkraftsetzung dieser Liste eingesetzt. Ein Mitarbeiter meines Ressorts war zudem bei der

Auswahl der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen prioritären Stoffe auf

Expertenebene beteiligt und hat mit den zur Verfügung gestellten Messdaten wesentlich zur

Identifizierung dieser Stoffe beigetragen. Die Liste der Stoffe wird unterstützt. Auf eine

rasche Inkraftsetzung der Stoffliste wird gedrängt, damit die in der Wasserrahmenrichtlinie

vorgesehenen Folgemaßnahmen (Festlegung von Qualitätszielen und Emissionsregelungen)

raschest von der Kommission ausgearbeitet werden können.

 

Zu Frage 18:

 

Der Vorschlag der Europäischen Kommission unterscheidet zwischen 32 prioritären und 11

„prioritären gefährlichen Stoffen“, die eine Teilmenge der prioritären Stoffe bilden. Es sei

jedoch darauf hingewiesen, dass die in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen

Maßnahmen für prioritäre Stoffe auf den Schutz von Oberflächengewässern ausgerichtet

sind (daher wurden bei der Auswahl der prioritären Stoffe, somit auch der prioritären

gefährlichen Stoffe durch die Europäische Kommission Daten aus Oberflächengewässern

herangezogen). Spezielle Monitoringprogramme für Grundwasser sind daher nicht im

Laufen, wenngleich einzelne Stoffe bereits im Rahmen bisheriger Programme im Rahmen

der Wassergüteerhebungsverordnung untersucht worden sind.

Zu Frage 19:

 

Teil des Vorschlages der Europäischen Kommission ist, dass weitere 11 Stoffe aus der Liste

der prioritären Stoffe als „potentielle“ prioritäre gefährliche Stoffe deklariert werden. Für diese

Stoffe hätte die Europäische Kommission Daten und Informationen zu sammeln, um

spätestens 2003 die Entscheidung zu treffen, ob auch für diese Stoffe eine Beendigung der

Emissionen erforderlich ist.

 

Nach Artikel 16 der Wasserrahmenrichtlinie ist vorgesehen, dass für die 11 prioritären

gefährlichen Stoffe innerhalb von höchstens 20 Jahren ab Erlassung gemeinschaftsweiter

Regelungen gemeinschaftliche Maßnahmen durchgeführt werden, die zu einer Beendigung

der Emissionen führen. Dies wird entweder durch ein Verbot des Inverkehrsetzens oder

durch technische Maßnahmen wie etwa die Verwendung dieser Stoffe ausschließlich in

geschlossenen Systemen erzielt werden müssen. Die Vorgangsweise der Europäischen

Kommission für die prioritären gefährlichen Stoffe wurde stets unterstützt.