1861/AB XXI.GP
Eingelangt am: 02.04.2001
BM für soziale Sicherheit und Generationen
Ich beantworte die an mich gerichtete Anfrage der Abgeordneten Petrovic betreffend „Einsatz
von Psychopharmaka (Neuroleptika) in der Tiermast", Nr. 191=/J, wie folgt:
Frage 1:
Gemäß § 24 Abs. 3 des Tierärztegesetzes darf der Tierarzt den Tierhalter zwar in die Anwendung
von Arzneimitteln bei landwirtschaftlichen Nutztieren einbinden, soferne dies unter genauer Anlei -
tung, Aufsicht und schriftlicher Dokumentation von Art, Menge und Anwendungsweise erfolgt.
Voraussetzung dafür ist das Bestehen eines ständigen Betreuungsverhältnisses (beispielsweise im
Rahmen eines Tiergesundheitsdienstes), das von der zuständigen Landeskammer der Tierärzte defi
niert und anerkannt sein muss. Welche Tierarzneimittel dem Tierbesitzer zur Nachbehandlung oder
für Notfälle überlassen werden, entscheidet nach der geltenden Rechtslage allein der Tierarzt.
Gemäß § 12 Abs. 1 des Tierärztegesetzes dürfen aber Impfungen, Injektionen, Transfusionen, Instil
lationen und
Blutabnahmen bei Tieren nur von Tierärzten durchgeführt werden.
Frage 2:
Der zulassungskonforme Einsatz von Neuroleptika stellt keinen Sonderfall in der tierärztlichen Be -
handlung dar. Das erwähnte Präparat ,,Stresnil“ hat eine Wartezeit von fünf Tagen für essbare Ge -
webe, das bedeutet, es dürfen behandelte Tiere erst nach Ablauf dieser Frist zur Schlachtung ge -
bracht werden. Der Tierhalter hat beim Inverkehrbringen seiner Tiere schriftlich zu bestätigen, dass
die Wartezeiten eingehalten wurden, die Tiere keine Rückstände in Mengen aufweisen, welche die
zulässigen Höchstmengen überschreiten sowie, dass die Tiere nicht vorschriftswidrig behandelt
wurden (§ II Abs. 2 Rückstandskontrollverordnung).
Frage 3:
Angelegenheiten des Tierschutzes einschließlich der Tierhaltungsbedingungen fallen in den Zustän
digkeitsbereich der Länder. Dennoch setze ich mich selbstverständlich dafür ein, dass die Tierhal -
tung den Erkenntnissen der Ethologie Rechnung trägt.
Arbeiten zu Änderungen der bestehenden Tierschutzrichtlinien der Europäischen Union sind derzeit
im Gange; die Mitwirkung an diesen Arbeiten sowie die Umsetzung der Richtlinien erfolgt verfas -
sungsgemäß durch die Bundesländer.
Frage 4:
Studien bzw. Untersuchungen an landwirtschaftlichen Nutztieren über die Langzeitwirkung von
Neuroleptika werden im Rahmen der EU - Zulassungsverfahren für Tierarzneimittel nicht gefordert
und liegen daher meinem Ressort auch nicht vor.
Frage 5:
Die Voraussetzung für die Zulassung eines Tierarzneimittels, das an Tiere, die der Gewinnung von
Lebensmitteln dienen, verabreicht wird, ist das Vorliegen eines Rückstandshöchstwertes gemäß
Verordnung (EWG) Nr. 2377/90. Alle Tierarzneimittel müssen entweder gemäß dem Arzneimittel -
gesetz zugelassen sein bzw. muss deren Einfuhr im Einzelfall durch eine Bewilligung gemäß dem
Arzneiwareneinfuhrgesetz zulässig sein. Bis auf wenige Ausnahmen unterliegen alle Tierarzneimit -
tel der Rezeptpflicht. Die Verabreichung hat gemäß der im Zulassungsverfahren festgelegten Fach -
information bzw.
Gebrauchsinformation zu erfolgen. Der behandelnde Tierarzt hat den Tierhalter
erforderlichenfalls über die Einhaltung der Wartezeit nachweislich zu informieren (§ 15 Abs. 6 Le -
bensmittelgesetz). Es sind vom Tierarzt bzw. vom Tierbesitzer über jegliche Anwendung von Tier -
arzneimitteln an landwirtschaftlichen Nutztieren Aufzeichnungen gemäß § 13 Abs. 1 und 2 des
Tierärztegesetzes und gemäß § 11 Abs. 1 der Rückstandskontrollverordnung zu führen.
Die Einhaltung dieser Vorschriften wird im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung von den
Ländern kontrolliert.
Die Amtstierärzte der Bezirksverwaltungsbehörden führen auf Grund des Rückstandskontrollplans
oder bei begründetem Verdacht Untersuchungen (Harn - oder Blutproben) von Nutztieren vor Ort
durch. Im Zuge der Schlachtung werden die Tiere untersucht und stichprobenweise auf das Vorhan -
densein von Rückständen getestet.
Frage 6:
Es wird auf insgesamt 12 verschiedene Substanzen untersucht. Für den gesamtösterreichischen
Tierbestand werden pro Jahr in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Planes der Europäischen
Kommission 160 Proben bei Rindern und 360 Proben bei Schweinen vorgeschrieben. Die Proben -
aufteilung erfolgt im Verhältnis zu den jeweils letztjährigen Schlachtzahlen.
Einschlägige Untersuchungen finden seit 1999 statt. Im Jahre 1999 wurden 174 Proben bei Rindern
und 407 Proben bei Schweinen genommen. Es kam zu keinen Beanstandungen. Die Erfolgszahlen
für das Kalenderjahr 2000 liegen mir noch nicht vor.
Frage 7:
In Zusammenhang mit der Festsetzung eines Rückstandshöchstwertes für Azaperon wurden von der
betreffenden pharmazeutischen Firma Unterlagen über die Wirkung der Substanz am Menschen
vorgelegt. Der „No Effect Level“ beim Menschen wurde anhand einer Studie mit 2 mg Azaperon
pro Tag bestimmt. Der in Anhang 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 festgesetzte Rückstands -
höchstwert für Azaperon beträgt 100 µg/kg für alle essbaren Gewebe (Muskel, Haut und Fett, Le -
ber, Niere). Die theoretisch erreichbare Tagesaufnahme von Azaperon beträgt bei sachgerechter
Anwendung 50 µg.
Frage 8:
Im Rahmen des Rückstandskontrollplanes ist für das Kalenderjahr 2001 nachstehende Anzahl von
Probenziehungen für die Untersuchung auf Psychopharmaka (Sedativa) vorgesehen:
|
Tierart |
Probenzahl im Jahr 2001 |
|
Rinder |
160 |
|
Schweine |
360 |
|
Schafe und Ziegen |
5 |
Frage 9:
In Arzneispezialitäten zur Anwendung bei Nutztieren dürfen gemäß Verordnung EU 2377/90 nur
Stoffe enthalten sein, die in den Anhängen I, II oder III der Verordnung angeführt sind. Das trifft
derzeit nur für den Wirkstoff Azaperon zu. Die einzige in Österreich für Nutztiere zugelassene Arz -
neispezialität ist Stresnil (Durchstichflasche für Schweine). Bei jeder Zulassung werden Qualität,
Sicherheit und Wirksamkeit geprüft. Bei Arzneispezialitäten zur Anwendung an Tieren, die der Le -
bensmittelgewinnung dienen, werden darüber hinaus die Auswirkungen von Rückständen auf die
Gesundheit des Verbrauchers geprüft. Die Rückstandshöchstwerte werden von der Kommission auf
Vorschlag des wissenschaftlichen Ausschusses für Tierarzneimittel (Commitee for Veterinary Me -
dicinal Products - CVMP) festgelegt.
Fragen 10 und 11:
Informationen über die Mengen von an Nutztiere verabreichten Tierarzneimitteln bzw. von allen -
falls illegal verabreichten Medikamenten liegen meinem Ressort nicht vor.
Frage 12:
Mein Ressort wurde von der Exekutive vereinzelt mit der fachlichen Beurteilung von sichergestell -
ten Medikamenten befasst.
Da die Koordination der Tätigkeit der Exekutive nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fällt, liegen
mir keine
Informationen über sichergestellte Tierarzneimittel vor.
Frage 13:
In diesem Zusammenhang ist zwischen bekannten Wechselwirkungen, die bereits im Zulassungs -
dossier dokumentiert sind, und unbekannten Wechselwirkungen, die im Laufe der Anwendung be -
kanntgegeben werden, zu unterscheiden. Zu den bekannten Wechselwirkungen von Azaperon ge -
hört beispielsweise die Verstärkung der Wirkung von hypnotisch wirksamen Substanzen sowie die
Dämpfung der vasopressorischen Wirkung a - mimetischer Kreislaufmittel.
Die bekannten Wechselwirkungen werden im Zulassungsverfahren von den Amtssachverständigen
bewertet. Gemäß § 75 des Arzneimittelgesetzes müssen Tierärzte und Gewerbetreibende unter ande -
rem bisher unbekannte Unverträglichkeiten oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln,
Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder kosmetischen Mitteln, die ihnen auf Grund ihrer beruflichen
Tätigkeit bekannt geworden sind, unverzüglich dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen melden. Darüber hinaus werden in der Europäischen Union im Rahmen der Arznei -
mittelüberwachung regelmäßig Informationen ausgetauscht und nötigenfalls die erforderlichen Ver -
anlassungen getroffen.
Frage 14:
Die Wechselwirkung von Azaperon mit Herz - Kreislaufmitteln ist bekannt (Dämpfung der vasopres -
sorischen Wirkung von a - Mimetika). Auswirkungen solcher Arzneimittel auf KonsumentInnen sind
nicht zu erwarten. Für jeden arzneilich wirksamen Stoff wird im Rahmen der wissenschaftlichen
Bewertung eine validierte analytische Methode für die Rückstandskontrolle und ein Rückstands -
höchstwert festgelegt (100 µg pro kg für Fleisch, Fett, Leber und Niere für Azaperon).
Daraus ergibt sich für jede Arzneispezialität die einzuhaltende Wartezeit. Bei Stresnil
(Durchstichflasche für Schweine) beträgt die Wartezeit beispielsweise fünf Tage.