1866/AB XXI.GP

Eingelangt am: 04.04.2001

 

Bundesministerium für

Bildung, Wissenschaft

und Kultur

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1908/J - NR/2001 betreffend Tierversuche zu

Lehrzwecken im Rahmen der universitären Ausbildung, die die Abgeordneten Dr. Madeleine

Petrovic, Freundinnen und Freunde am 15. Februar 2001 an mich richteten, wird wie folgt be -

antwortet:

 

Ad 1.:

 

Ja. Bei der Genehmigung von Anträgen für Tierversuche zu Ausbildungszwecken wird die Ver -

fügbarkeit von Ersatzmethoden durch die Kommission für Tierversuchsangelegenheiten über -

prüft. Sie bedient sich dabei sowohl der Literatur aus dem entsprechenden Fachbereich, insbe -

sondere ALTEX, Atla, und MEGAT - Kongresse, als auch einschlägiger Datenbanken (ZEBET -

Datenbank, etc.) und hält weiters direkte Rücksprache mit Mitarbeitern des ZET (Zentrum für

Ersatz - und Ergänzungsmethoden), dem Bundesamt für Veterinärwesen (Bern) oder der Akade -

mie für Tierschutz (Neubiberg).

 

Ad 2.:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass die Frage nach dem "aktuellen Stand" auf Grund der Daten für

das Jahr 1999 beantwortet wird, dem letzten Jahr für das die statistischen Daten vollständig vor -

liegen:

An den Medizinischen Fakultäten der Universitäten Wien, Graz und Innsbruck werden im Rah -

men von Pflichtlehrveranstaltungen keine Tierversuche durchgeführt, sondern ausschließlich

Ersatzmethoden verwendet. Die in der Tierversuchsstatistik angeführten Versuchstiere für

Zwecke der allgemeinen und beruflichen Bildung wurden im Rahmen der postgraduellen Ausbil -

dung verwendet (insbesondere laparoskopische Chirurgie und Therapie schwerer innerer Organ -

verletzungen). Die Universitätsklinik für Chirurgie an der Karl - Franzens - Universität Graz ver -

fügt überdies mit einer „Virtual Reality Anlage“ über ein Operationssimulationsgerät, mit dem

Tierversuche auf ein Minimum reduziert werden. Die Virtual Reality Anlage stellt ein For -

schungsprojekt der Universitätsklinik für Chirurgie dar, wobei an der Weiterentwicklung dieses

Operationsmodells in Kooperation mit dem Forschungszentrum Karlsruhe gearbeitet wird. Die

ersten Forschungsergebnisse konnten klar beweisen, dass Virtual Reality als Lernmedium eine

sehr wichtige Rolle spielt, jedoch nicht in der Lage ist, die Lernschritte, die am vitalen Gewebe

vorzunehmen sind, völlig zu ersetzen.

 

An der Veterinärmedizinischen Universität Wien werden im Rahmen der Pflichtlehrveranstal -

tungen „Übungen aus Allgemeiner Klinischer Propädeutik“ und „Übungen aus Spezieller Klini -

scher Propädeutik" in Kleingruppen und unter Anleitung eines erfahrenen Veterinärmediziners

die diagnostischen und therapeutischen Standardmanipulationen an gesunden Tieren der veten -

närmedizinisch relevanten Arten unterrichtet. (Tier)Patienten werden dazu nicht herangezogen,

um das kranke und damit bereits leidende Tier nicht zusätzlich zu belasten. Wenngleich diese

Manipulationen keine veterinärmedizinische Betreuung darstellen und teilweise mit Belastungen

verbunden sind, sind sie nur bedingt als Tierversuch gemäß §§ 2 und 3 TVG zu bewerten, da sie

keine experimentellen Eingriffe darstellen. In den „Übungen aus Spezieller Klinischer Propädeu -

tik“ wird zum Teil an „Phantomen“ gearbeitet und bei lebenden Tieren auf Zwangsmassnahmen

oder invasive Verfahren verzichtet. Im Rahmen der „Übungen aus Physiologie“ werden ebenfalls

Manipulationen am lebenden Tier unterrichtet, wobei vorbereitende Tätigkeiten für die Klinische

Propädeutik (z.B. Perkussion und Auskultation, Blutuntersuchung Reflexprüfung etc.) sowie

Übungen zur fachgerechten und schonenden Handhabung von Laboratoriumstieren im Ausbil -

dungsprogramm stehen. Experimentelle Eingriffe werden auch in diesen Übungen nicht durchge -

führt.
Die veterinärmedizinische Ausbildung umfasst, neben theoretischen Fächern ein beträchtliches Maß an praktischer Ausbildung, insbesondere am gesunden und kranke Tier. Dadurch wird si – chergestellt, dass der medizinische (diagnostische und therapeutische) Umgang mit Tieren dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaften entspricht und so schonend wie möglich und unter Berücksichtigung des Verhaltens der Tiere erfolgt. Dabei wird in mehreren Fällen auf „Phantome“, d.h. auf lebensnahe Modelle zurückgegriffen, wie etwa in den Narkoseübungen und Verbandsübungen an der Klinik für Chirurgie und Augenheilkunde oder im Falle des Rattenmo – dells oder des Hundepfotenpräparats zur Übung der Blutabnahme im Institut für Physiologie. Videos oder Computersimulationen können den Erwerb von diagnostischen und Therapeutischen Fertigkeiten unterstützen, die praktischen Übungen am Tier jedoch nicht generell ersetzen. Eine Weiter Reduktion dieser Form der Ausbildung würde die Qualität der veterinärmedizinischen Betreuung der Tiere durch die künftigen Tierärzte drastisch vermindern, ein völliger Verzicht darauf würde darüber hinaus auch zum Verlust der europaweiten Anerkennung der österreichi – schen Diplome (gemäß Richtlinie 78/1027/EWG) führen.

 

Ad 3.:

 

Es gibt auch für mich keinen Grund, von der schon in der Beantwortung 3345/AB vom 10. Sep – tember 1992 zu der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3427/J – NR/1992 vom seiner – zeitigen Bundesminister Dr. Busek zum Ausdruck gebrachten Meinung abzuweichen.

 

Ad 4.:

 

Das vom früheren Bundesminister Dr. Busek verfügte „Verbot von Tierversuchen an Hunden“ wurde in dem von ihm erklärten Umfang von allen seinen Amtsnachfolgern und somit auch von mir in Vollziehung des Tierversuchsgesetzes angewendet. Davon sind allerdings schon von Bund – desminister Dr. Busek selbst die zur Aufrechterhaltung und Erreichung der Ausbildungs – und Lehrziele erforderlichen und unerlässlichen Versuche, welche z.B. Bestandteil der Plichtübung – gen und Pflichtpraktika bilden, nicht erfasst gewesen (siehe dazu auch die Klarstellungen in den


 

Sitzungen der Kommission gemäß § 13 TVG vom 17. Juni 1996 und 9. Jänner 1997). Ein „gene -

relles Tierversuchsverbot“ an Hunden wäre - wie jede andere generelle Einschränkung - mit dem

Tierversuchsgesetz BGBl. Nr. 501/1988, i.d.F. d. BGBl. I/169/1999, und dem grundrechtlich

gewährleisteten Schutz der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre (Art. 17 StGG) nicht ver -

einbar, wenn die Versuche für die dafür genannten Zwecke unerlässlich sind und die weiters er -

forderlichen gesetzlichen Voraussetzungen des TVG, die von Fall zu Fall zu prüfen sind, vorlie -

gen.