187/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 178/J - NR/1999 betreffend sexuelle Übergriffe
im AKH, die die Abgeordneten Dr. LEINER und Kollegen am 15. Dezember 1999 an meinen
Amtsvorgänger gerichtet haben, beehre ich mich aufgrund der mir vorgelegten Unterlagen
wie folgt zu beantworten:
Zu der in der Präambel angeführten sozialwissenschaftliche Studie „Ärztinnen im Wissen -
schaftsbetrieb. Aufstiegsmöglichkeiten und Karrierechancen“, die vom Bundesministerium
für Wissenschaft und Verkehr in Auftrag gegeben wurde, ist festzuhalten, dass diese mit dem
Ziel erstellt wurde, mehr über die Gründe der gravierenden Unterrepräsentanz von Medizine -
rinnen in Führungspositionen im Wissenschaftsbetrieb zu erfahren. Gerade das Studium der
Medizin zeichnet sich seit langer Zeit durch hohe Studentinnen - und Absolventinnenzahlen
aus, während die Zahl von Ärztinnen in Führungspositionen konstant sehr gering bleibt. Auf
der Suche nach einer Erklärung für diese Diskrepanz kristallisierte sich als eine zentrale Frage
jene heraus, inwiefern Ärztinnen mit anderen Arbeits - und Aufstiegsbedingungen konfrontiert
sind als Ärzte. Im Zuge der Auswertung von 314 Fragebögen (108 Frauen und 206 Männer
antworteten) zum Thema ,,Arbeitsklima“ ergab sich, dass sexuelle Belästigung von 36 % der
Ärztinnen und 26 % der Ärzte als ein Belastungsfaktor neben vielen anderen in ihrem Ar -
beitsalltag empfunden wird.
Die Studie, bei der es sich ursprünglich um eine Dissertation gehandelt hat, wurde bereits im
Wintersemester 1996/97 öffentlich präsentiert. Der überarbeitete Endbericht wird im Februar
2000 in der vom Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr herausgegebenen Reihe
"Materialien zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft“ erscheinen.
Die in der Anfrage beschriebene „Zusammenfassung“ der Untersuchungsergebnisse ent -
spricht inhaltlich nicht dem Studienergebnis. Tatsächlich wurde bei einer Rücklaufquote von
33,7 % bei Ärztinnen (das waren 108 eingegangene Antworten von Ärztinnen zu einem sehr
ausführlichen Fragebogen) Folgendes beschrieben: "Ein Viertel der Ärztinnen (25 %) gaben
an, von sexueller Belästigung an ihrem Arbeitsplatz selbst betroffen gewesen zu sein. In 73 %
der Fälle gingen die Belästigungen von einer übergeordneten Person aus.“
Zu Frage 1:
Eine „Beurteilung" von Pressemeldungen obliegt dem Bundesminister für Wissenschaft und
Verkehr nicht. Der den Medienberichten offenkundig zu Grunde liegende Fall eines Ober -
arztes an der Universitätsklinik für Unfallchirurgie bezog sich darauf, dass dieser zur Demon -
stration einer Untersuchungstechnik am Oberkörper nicht wie sonst üblich einen Patienten
oder Studenten, sondern eine Studentin herangezogen hat. Nach einer Beschwerde seitens der
Studentenschaft erfolgte eine entsprechende Zurechtweisung durch den Vorstand der Uni -
versitätsklinik für Unfallchirurgie in Absprache mit dem Rektor der Universität Wien. Über
das Vorliegen von Strafanzeigen in diesem oder in anderen Fällen ist auch der zuständigen
Staatsanwaltschaft nichts bekannt. Die von der Direktion des Allgemeinen Krankenhauses in
Koordination mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr gestellte Anfrage an
die Staatsanwaltschaft Wien ergab, dass keine konkreten Anzeigen gegen bestimmte Ärzte
eingelangt sind. Entsprechende Behauptungen in Medienberichten stellten sich somit als
unzutreffend heraus.
Zu Frage 2:
Wie einschlägige Berichte und wissenschaftliche Arbeiten belegen, gibt es sexuelle Belästi -
gungen und geschlechtsbedingte
Diskriminierungen von Mitarbeiterinnen keineswegs nur in
Spitälern, sondern in nahezu allen Betrieben und Ämtern sowie in fast allen Berufsbereichen.
Derartige Missstände sind daher nicht nur in Spitälern, sondern in allen Bereichen der
menschlichen Gesellschaft zu bekämpfen. Im Bereich der Wiener Universitätskliniken ist seit
Jahrezehnten gerüchteweise von Belästigungen und von Diskriminierungen aufgrund des
Geschlechts die Rede gewesen. Beschwerden von Betroffenen in konkreten Einzelfällen hat
es im Bundesbereich dieser Kliniken zum Unterschied von Universitätsinstituten in anderen
Fächern in den letzten Jahren aber nicht gegeben. Ob es außerhalb des Bundesbereiches im
AKH Wien derartige Fälle gegeben hat bzw. gibt, ist dem Bundesministerium für Wissen -
schaft und Verkehr nicht bekannt.
Zu Frage 3:
Die in der Anfrage erwähnte Studie befasst sich in eingehender Form mit den Bedingungen
für das Zustandekommen der Unterrepräsentanz von Ärztinnen in der akademischen Medizin
und keineswegs vorrangig mit dem Auftreten oder gar der Häufigkeit von „sexuellen Über -
griffen“. Das Bundesministerium ist bemüht, eine Verbesserung der Repräsentanz von Frauen
im akademischen Bereich insgesamt und in den Klinischen Bereichen der Medizinischen
Fakultäten im Besonderen zu erreichen. Die Einhaltung der verbindlichen Bestimmungen der
Verordnung „Frauenförderungsplan im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wis -
senschaft und Verkehr“ durch alle Entscheidungsträger und Kollegialorgane im universitären
Bereich wird daher strikt eingefordert.
Der in der genannten Studie enthaltene Hinweis auf von den befragten und diese Frage beant -
wortenden Ärztinnen erfahrene sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz führte darüber hinaus
dazu, dass im Rahmen des AKH (auch via Internet) umfangreiche Informationen über die
Gleichbehandlungsgesetze und die möglichen Ansprechstellen bei sexueller Belästigung
veröffentlicht wurden. Trotz der öffentlichen Ersuchen um Meldung von erfolgten Belästi -
gungen und trotz dieser verbesserten Information sind dem Bundesministerium für Wissen -
schaft und Verkehr bislang keine Meldungen über sexuelle Belästigungen am AKH zugeleitet
worden.
Weiters wurde mit 1. Jänner 2000 auf Initiative des Bundesministeriums für Wissenschaft
und Verkehr das Bundes - Gleichbehandlungsgesetz erweitert und das UOG 1993 bezüglich
der Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen novelliert. Die Befugnisse der Arbeitskreise
für Gleichbehandlungsfragen wurden verdeutlicht und gestärkt, außerdem wurde die Zu -
ständigkeit des Arbeitskreises auch auf die nicht in einem Bundesdienstverhältnis stehenden
UniversitätslehrerInnen (insbesondere Lehrbeauftragte) und auf die Studierenden erweitert.
Schrittweise erhalten die Arbeitskreise eine personelle Unterstützung für ihre fachlich - ad -
ministrative Tätigkeit. An der Universität Wien ist die Errichtung eines Zentrums für Frauen -
förderung im Gange, das den an der Universität Wien tätigen Frauen und damit den Ärztin -
nen auch Information und Beratung in Fragen der Diskriminierung und der sexuellen Belästi -
gung bieten soll. Mit dieser direkt der Universitätsleitung zugeordneten neuen Einrichtung
sollte es den betroffenen Frauen leichter fallen, sich in derartigen Fällen Rat und Schutz zu
suchen.
Zu Fragen 4 und 5:
Dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr liegen mit einer Ausnahme keine
konkreten Anschuldigungen gegen einzelne Ärzte vor. Hinsichtlich des oben genannten ein -
zigen dem Ressort konkret bekannt gewordenen Falles wurden der Staatsanwaltschaft Wien
sämtliche Informationen einschließlich der diesbezüglichen Pressemeldungen und der oben
genannten Studie zugeleitet. Dieser Arzt hat in der Folge im Wege der Selbstanzeige um
Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich ersucht. Wie bereits erwähnt, hat die
Staatsanwaltschaft in einer schriftlichen Mitteilung festgehalten, dass - seitdem das Sicher -
heitsbüro auf Grund einer anonymen Anzeige ersucht wurde, Sachverhaltserhebungen durch -
zuführen, - keine konkreten Anzeigen gegen bestimmte Ärzte eingelangt sind.