1907/AB XXI.GP

Eingelangt am:12.04.2001

 

BUNDESMINISTER

FÜR LAND - UND FORSTWIRTSCHAFT

UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Glawischnig, Freundinnen und Freunde haben

am 13.2.2001 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 1888/J betreffend

,,gesundheitsgefährdende Tiermehlverbrennung“ gerichtet. Ich beehre mich, diese

wie folgt zu beantworten:

 

ad 1

 

Für die Einstufung von Tiermehl als Abfall ist die allgemeine Definition von Abfall

gemäß § 2 Abs. 1 AWG heranzuziehen: Abfälle im Sinne des AWG sind bewegliche

Sachen, deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat,

oder deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten

ist.

 

Zur Einstufung der Abfälle als gefährlich oder nicht gefährlich hat die EU - Kommis -

sion auf Anfrage meines Ressorts eine Zuordnung von Tiermehl, das nach der

,,Batch - Pressure - Methode“ (Temperatur 133 Grad Celsius, Absolutdruck 3 bar, maxi -

male Teilchengröße 50 mm, Behandlungszeit 20 Minuten) behandelt wurde, zu einer

nicht gefährlichen Abfallart des EWC vorgenommen. Abgeleitet von dieser Einstu -

fung wurde Tiermehl auch in Österreich als nicht gefährlich eingestuft.

Darüber hinaus liegen meinem Ressort eine Stellungnahme von Univ. - Prof. Dr.

Norbert Nowotny vom Institut für Virologie an der Veterinärmedizinischen Universität

Wien, sowie eine Auskunft des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und

Generationen vor, wonach bei der in allen österreichischen Tierkörperverwertungs -

betrieben zur Verarbeitung tierischer Abfälle angewandten ,,Batch - Pressure -

Methode“ von der Vernichtung aller Krankheitserreger bzw. Inaktivierung allenfalls

vorhandener BSE - Erreger auszugehen ist.

 

Anzumerken ist, dass in Österreich für Tiermehl aus Risikomaterial die Schlüssel -

nummer SN 97102 (des infizierte Abfälle) und für sonstiges Tiermehl die SN 11701

(Futtermittel) zugeordnet wurde und somit diese Abfallströme getrennt nachzuvoll -

ziehen sind.

 

ad 2

 

Das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen liegt im Vollzugsbereich des Bundesmi -

nisters für Wirtschaft und Arbeit.

 

ad 3

 

In nachfolgend angeführten genehmigten Anlagen wird bereits tatsächlich Tiermehl

eingesetzt (die Erhebung erfolgte am 23. Februar 2001):

 

Kärnten

 

Österreichische Draukraftwerk AG

Dampfkraftwerk St. Andrä

9433 St. Andrä

 

Oberösterreich:

 

Energie AG Oberösterreich                                              Energie AG Oberösterreich

Welser Abfallverwertung                                               Kraftwerk Riedersbach II

Mitterhoferstraße 100                                                      Riedersbach 109

4600 Wels                                                                            5120 St. Pantaleon

Energie AG Oberösterreich                                              Kirchdorfer Zementwerk Hofmann GmbH

Werk Timelkam                                                                 Hofmannstraße 4

Mühlfeld 2                                                                         4560 Kirchdorf an der Krems

4850 Timelkam

 

Steiermark:

 

Steirische Wasserkraft - und Elektrizitäts - AG

Fernheizkraftwerk Mellach

8410 Mellach

 

Österreichische Draukraftwerke AG                               Lafarge Perlmooser AG

Dampfkraftwerk Zeltweg                                                 Werk Retznei

Forstweg 8461                                                                    Retznei Nr. 34

8740 Zeltweg

 

Wien:

 

Femwärme Wien (EbS)

Werk Simmeringer Haide

Haidequerstraße 6

1110 Wien

 

ad 4 bis 8

 

Die Antworten erfolgen auf Basis der Angaben der Anlagenbetreiber.

 

ad 4a)

 

In der MVA Wels wird Tiermehl seit November 2000 verbrannt.

 

ad 4b)

 

Beispielsweise wurden im Jänner dieses Jahres 1.100 t Tiermehl (Futtermittel) ver -

brannt. Die zugelassene Jahreskapazität wird nicht überschritten.

 

ad 4c)

 

Die Anlage verfügte im Oktober 2000 bereits über eine Genehmigung für die SN

97102 und SN 11701, die in einem Verfahren gemäß § 29 Abs. 1 AWG erteilt wurde.

Die Behörde hat in Bezug auf den Einsatz von Tiermehl unter Beiziehung von

Sachverständigen einen Lokalaugenschein vorgenommen.

ad 4d)

 

Das Verfahren wurde nach den damals gültigen Vorschriften gemäß § 29 AWG

kundgemacht.

 

ad 4e)

 

Gemäß Anlage 1 Teil 1 Z 5 zum AWG unterliegen nur Anlagen zur thermischen Be -

handlung von Hausmüll oder hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen der IPPC - Pflicht

Die Verbrennung von Tiermehl ist keine IPPC - pflichtige Tätigkeit. Vgl. auch Anhang 1

Z 5.2. der IPPC - Richtlinie (Beseitigung nicht gefährlicher Abfälle), dieser umfasst

nicht die thermische Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, sondern nur D 8 -

biologische Behandlung - und D 9 - Chemisch - physikalische Behandlung - der Richt -

linie über Abfälle, 75/442/EWG, in der Fassung 91/156/EWG; auf diese Fassung

bezieht sich die IPPC  - Richtlinie.

 

ad 4f)

 

Es ist davon auszugehen, dass die Behörde erster Instanz in Erfüllung der gesetzli -

chen Verpflichtung hinsichtlich der Wahrnehmung der öffentlichen Interessen sowie

der Interessen der Nachbarn unter Beiziehung von erforderlichen Sachverständigen

die entsprechenden Auflagen erteilt hat.

 

ad 5a)

 

Im Kraftwerk Timelkam wird Tiermehl seit Jänner 2001 verbrannt.

 

ad 5b)

 

Beispielsweise wurden im Jänner dieses Jahres 239 Tonnen Tiermehl (SN 11701,

Futtermittel) verbrannt. Die zugelassene Jahreskapazität wird nicht überschritten.

 

ad 5c)

 

Die Anlage wurde gemäß § 29 Abs. 8 AWG (Versuchsbetrieb) genehmigt; in diesem

Verfahren hat die Behörde - so wie in jedem Verfahren - neben den öffentlichen

Interessen auch die Interessen der Nachbarn wahrzunehmen.

ad 5d)

 

Ich gehe davon aus, dass die gesetzlich vorgesehene Kundmachung erfolgt ist.

 

ad 5e)

 

Hiezu darf ich auf die Antwort zu Frage 4 e) verweisen.

 

ad 5f)

 

Es ist davon auszugehen, dass die Behörde erster Instanz in Erfüllung der gesetzli -

chen Verpflichtung hinsichtlich der Wahrnehmung der öffentlichen Interessen sowie

der Interessen der Nachbarn unter Beiziehung von erforderlichen Sachverständigen

zur Genehmigung des Versuchsbetriebes die entsprechenden Auflagen erteilt hat.

 

ad 6a)

 

Im Kraftwerk Riedersbach wird Tiermehl seit Jänner 2001 verbrannt.

 

ad 6b)

 

Beispielsweise wurden im Jänner dieses Jahres 337 Tonnen Tiermehl (Futtermittel)

verbrannt. Die zugelassene Jahreskapazität wird nicht überschritten.

 

ad 6c)

 

Die Anlage wurde gemäß § 29 Abs. S AWG (Versuchsbetrieb) genehmigt; weiters

darf ich auch auf die Antwort zu Frage 5 c) verweisen.

 

ad 6d)

 

Ich gehe davon aus, dass die gesetzlich vorgesehene Kundmachung erfolgt ist.

 

ad 6e)

 

Hiezu darf ich auf die Antwort zu Frage 4 e) verweisen.

 

ad 6f)

 

Hiezu darf ich auf die Antwort zu Frage 5 f) verweisen.

ad 7a)

 

Im Kraftwerk St. Andrä im Lavanttal wird Tiermehl seit dem 15. Dezember 2000 ver -

brannt.

 

ad 7b)

 

Es werden ca. 1.100 Tonnen Tiermehl (Futtermittel) pro Monat verbrannt. Die zuge -

lassene Jahreskapazität wird nicht überschritten.

 

ad 7c)

 

Die Anlage wurde gemäß § 29 Abs. 8 AWG (Versuchsbetrieb) genehmigt; weiters

darf ich auch auf die Antwort zu Frage 5 c) verweisen.

 

ad 7d)

 

Ich gehe davon aus, dass die gesetzlich vorgesehene Kundmachung erfolgt ist.

 

ad 7e)

 

Hiezu darf ich auf die Antwort zu Frage 4 e) verweisen.

 

ad 7f)

 

Hiezu darf ich auf die Antwort zu Frage 5 f) verweisen.

 

ad 8a)

 

Zementwerk Kirchdorf, OÖ                               seit Jänner 2001

Fernwärme Wien (EBS)                                    seit 1. Oktober 2000

Fernheizwerk Mellach, Ktn.                              seit 31. Jänner 2001

Zementwerk Retznei, Stmk.                               Kurzversuch vor Abstellung des Drehrohrofens

                                                                             wegen alljährlichem Reparaturstillstand

 

ad 8b)

 

Zementwerk Kirchdorf, OÖ                               800 bis 1.000 Tonnen pro Monat (SN 11701)

Fernwärme Wien (EBS)                                    durchschnittl. 870 Tonnen pro Monat (SN 97102)

Fernheizwerk Mellach, Ktn.                              Rd. 50 Tonnen pro Tag (SN 11701)

Dampfkraftwerk Zeltweg, Stmk.                       Rd. 1.000 Tonnen pro Monat (SN 11701)

Zementwerk Retznei, Stmk.                               Kurzversuch vor Abstellung des Drehrohrofens

                                                                             wegen alljährlichem Reparaturstillstand

 

ad 8c)

 

Die Anlagen Zementwerk Kirchdorf, Fernheizwerk Mellach und Zementwerk Retznei

wurden gemäß § 29 Abs. 8 AWG (Versuchsbetrieb) genehmigt; weiters siehe auch

die Antwort zu Frage 5 c).

 

Die Fernwärme Wien EBS hatte bereits im Oktober 2000 eine entsprechende Ge -

nehmigung. Die Behörde hat in Bezug auf den Einsatz von Tiermehl unter Beizie -

hung der erforderlichen Sachverständigen einen Lokalaugenschein durchgeführt.

 

Das Dampfkraftwerk Zeltweg ist gemäß Luftreinhaltegesetz genehmigt und liegt im

Vollzugsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

 

ad 8d)

 

Ich gehe davon aus, dass die gesetzlich vorgesehene Kundmachung im Rahmen der

Genehmigung gemäß § 29 AWG bei den Anlagen Zementwerk kirchdorf, Fernheiz -

werk Mellach und Zementwerk Retznei erfolgt ist.

 

ad 8e)

 

Hiezu darf ich auf die Antwort zu Frage 4 e) verweisen.

 

ad 8f)

 

Hiezu darf ich auf die Antwort zu Frage 5 f) verweisen.

 

ad 9

 

Meinem Ressort liegt kein derart spezifisches Sachverständigengutachten vor,

jedoch darf ich in Hinblick auf die diesbezüglich relevanten Eigenschaften von

Tiermehl auf die Beantwortung der Frage 1 verweisen.

Anzumerken ist, dass unter Abwägung der möglichen Behandlungswege die

Verbrennung von Tiermehl in dem Stand der Technik entsprechenden Anlagen (An -

lagen mit einer Mindesttemperatur von 8500 C und einer Mindestaufenthaltsdauer der

Rauchgase von 2 Sekunden oder in Wirbelschichtanlagen) als derzeit sicherste Ent -

sorgungsvariante angesehen wird.

 

Andere Behandlungsverfahren, insbesondere Verwertungsverfahren wie biologische

Verfahren, gelten derzeit als noch unzureichend erforscht. Die Ablagerung von

Tiermehl auf einer Deponie oder auch die Zwischenlagerung stellt keine geeignete

Alternative dar. Nicht zuletzt aus diesen Gründen wurde auch vom Gesetzgeber

entsprechend dem Vorsorgegrundsatz das Verbrennungsgebot in das Tiermehl -

gesetz aufgenommen.

 

ad 10

 

Bisher wurde keine Verbringung von Tiermehl nach Österreich oder aus Österreich

genehmigt; es ist auch kein Verfahren anhängig.