193/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 142/J - NR/1999, betreffend
Flughafenkooperation Wien/Bratislava; Eindämmung der Umweltbelastung der Region
um Schwechat bzw. Abstandnahme vom Bau einer dritten Landebahn, die die
Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde am 9. Dezember 1999 an meinen
Amtsvorgänger gerichtet haben, beehre ich mich, auf Grund der mir vorgelegten
Unterlagen, wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1:
Die Ausbaupläne des Flughafens Wien basieren auf einem Masterplan, der bis zum
Jahr 2015 die bedarfsgerechte und den Verkehrsprognosen entsprechende Entwick-
lung der landseitigen und luftseitigen Kapazitäten des Flughafens ermöglichen soll.
Die von einer Expertengruppe mit internationaler Beteiligung erarbeitete
Verkehrsprognose sieht wie folgt aus:
Jahresaufkommen der Passagiere: Flugbewegungen:
2000:12,1 Millionen 2000:196.200
2005:16,1 Millionen 2005: 222.200
2010: 20,9 Millionen 2010: 262.300
2015: 26,5 Millionen 2015:
298.000
Die Prognosen dienen in erster Linie dazu, die rechtzeitige Planung sicherzustellen.
Die tatsächliche Durchführung der Bauprojekte erfolgt nur bei entsprechendem
Bedarf. Damit ist sichergestellt, daß der Masterplan 2015 kein starres Papier,
sondern ein sich den realen Bedürfnissen ständig anpassendes Entwicklungskonzept
ist. Nach heutigem Wissensstand erscheinen diese Ausbaupläne durchaus dem
tatsächlichen Verkehrsaufkommen bzw. den Prognosen angepaßt und beinhalten im
Wesentlichen folgende Projekte:
- Ökologische Verbesserung der Entwässerung der Piste 16/34
- Entwicklung des „Terminals 2005“ gemeinsam mit der Austrian Airlines
Aviation - Group, das im Jahr 2005 im ersten Bauabschnitt fertiggestellt werden
soll.
- Tower für die Austro Control GmbH,
- diverse Vorfelderweiterungen,
- Bau eines Officeparks,
- Bau einer Parallelpiste mit Fertigstellungstermin 2010, falls es die
Spitzenstundenentwicklung erforderlich macht.
Die Umsetzung dieser Ausbaupläne stellt sicher, dass der Flughafen Wien nicht nur
der Wirtschaftsmotor der Region bleibt, sondern diese wichtige Rolle weiter
ausbauen kann. Internationale Studien belegen, dass pro 1 Million Passagiere mehr
als 1000 neue Arbeitplätze geschaffen werden. Auch aus dieser
wirtschaftspolitischen Sicht sind die Ausbaupläne daher positiv zu beurteilen. Die
Flughafen Wien AG ist ein börsennotiertes Wirtschaftsunternehmen dessen
Verpflichtung es auch aktienrechtlich ist, Investitionen nur zu tätigen, wenn sie
sinnvoll sind. Damit ist auszuschließen, dass die Flughafen Wien AG Ausbauten
tätigt, die nicht notwendig sind.
Zu Frage 2:
Die unter 1. geschilderten Ausbaupläne werden unter Beachtung aller
umweltschonenden Aspekte abgewickelt werden. Der Bau einer Piste muß einer
Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Damit ist sichergestellt, daß die
Interessen aller relevanten Verfahrensbeteiligten optimal gewahrt bleiben und nicht
nur ausschließlich die
Unternehmenspolitik des Betreibers entscheidet.
Zu den Fragen 3 und 4:
Die Entscheidung der Austrian Airlines, der Star Alliance beizutreten, hat aus Sicht
der AUA keine negativen Auswirkungen auf die Verkehrsentwicklung des Flughafens
Wien. Im Gegenteil, durch die zu erwartenden Synergien erwartet Austrian Airlines
ab Wien neue Märkte zu erschließen.
Zu Frage 5:
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Transferpassagiere keine eigenen
Flugbewegungen verursachen, sondern gemeinsam mit jenen Passagieren in einem
Flugzeug sitzen, die in Wien nicht um -, sondern aussteigen. Der derzeitige Anteil in
Wien beträgt 27,5%, es wird mit einem Anstieg auf 30% innerhalb der nächsten fünf
Jahre gerechnet.
Zu Frage 6:
Ja. Die slowakische Seite hat zwar ein grundsätzliches Interesse an einer
Kooperation der Flughäfen Wien und Bratislava, knüpft jedoch diese Kooperation
u.a. an die Voraussetzungen einer Aufgabenverteilung der beiden Flughäfen, einer
raschen Direktanbindung der beiden Flughäfen an die Schiene und weiters der
Schaffung je einer hochrangigen Straßenverbindung südlich und nördlich der Donau.
Diese Vorstellungen der slowakischen Seite werden zur Zeit geprüft.
Zu Frage 7:
Nach den mir vorliegenden Informationen kann davon ausgegangen werden.
Zu Frage 8:
Die Flughafen Wien AG bemüht sich seit 1990 um eine verstärkte Kooperation mit
dem Flughafen Bratislava. Die ständig wechselnden personellen Zuständigkeiten in
der Slowakei haben neben Sachproblemen bisher den erfolgreichen Abschluß dieses
Projektes verhindert. Eine Kooperation des Flughafens Wien mit dem Flughafen
Bratislava ist aus heutiger Sicht zwar sehr zu begrüßen, wird jedoch nicht als echte
Alternative zum Bau einer Parallelpiste gesehen, und zwar vor allem aus folgenden
Gründen:
- Die Entfernung Bratislava-Wien ist für Geschäftreisende zu weit.
- Die Verkehrsverbindung ist derzeit denkbar schlecht.
- Der Straßenverkehr würde durch den Transport der Fracht nach Wien
erheblich belastet werden.
- Arbeitsplätze gingen in Wien - Schwechat verloren.
Zu Frage 9:
Das Thema „Kooperation der Flughäfen Wien und Bratislava“ war Gegenstand
mehrerer Treffen und Besprechungen auf Ministerebene. Als Ergebnis eines dieser
Verkehrsministertreffen wurde eine „Gemischte Kommission" zur Entwicklung der
Zusammenarbeit der beiden Flughäfen eingesetzt. Dieser Kommission gehören drei
österreichische und drei slowakische Vertreter an. Weiters hat unmittelbar nach
Amtsantritt des neuen Vorstandes der Flughafen Wien AG im Oktober 1999 ein
Gespräch mit den Verantwortlichen des Flughafen Bratislava stattgefunden, welches
nach Auskunft der Flughafen Wien AG in sehr freundlicher und konstruktiver
Atmosphäre verlaufen ist.
Zu Frage 10:
Für den Flughafen Wien sollten alle Formen der Kooperation vorstellbar sein, wobei
allerdings jede Kooperation eine gewisse Einschränkung der Eigenständigkeit beider
Partner beinhaltet.
Zu Frage 11:
Sobald konkrete Verhandlungsergebnisse vorliegen, werde ich dafür Sorge tragen,
dass die Öffentlichkeit über die Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Flughäfen
Wien und Bratislava umfassend informiert wird.
Zu den Fragen 12, 13 und 14:
Bereits unmittelbar nach der Erlangung der Eigenständigkeit der Slowakei im Jahr
1993 wurde die Frage nach einer optimalen Verbindung zwischen Wien und
Bratislava sowie den beiden Flughäfen untersucht. Nach wie vor stellt eine kurze,
neu zu errichtende Verbindung zwischen Flughafen Wien und der Ostbahn im
Zusammenhang mit der inzwischen fertiggestellten Hochleistungsstrecke Parndorf -
Kittsee - Bratislava - Petrzalka die optimale
Lösung auf österreichischer Seite dar. Es
ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die weitere Entwicklung des Verkehrsangebotes
von der zukünftigen Gestaltung der Verkehrsnetze auf slowakischer Seite - wie
Ausbau der Eisenbahninfrastruktur mit Anbindung des Flughafens Ivanka und
Ausbau des innerstädtischen Verkehrs - abhängig ist.
Die Eisenbahninfrastruktur im Raum südöstlich von Wien wird derzeit in einem vom
Bund und den beteiligten Bundesländern getragenen Planungsverfahren eingehend
untersucht. Dabei werden die gegenseitigen Einflüsse von Güterverkehr,
Personenfern - und Nahverkehr unter Einbeziehung einer optimalen Einbindung des
Flughafens Wien sowie der Güterverkehrsanlagen im Raum Wien besonders
berücksichtigt und alle Verkehre von bzw. nach Süden und Osten (Ungarn, Slowakei)
einbezogen.
Das Trassenauswahlverfahren einer Neubaustrecke Wien - Flughafen Wien -
Wampersdorf kann erst finalisiert werden, wenn der Abschlussbericht dieses
Planungsverfahrens vorliegt. Erst danach kann, nach Vorliegen der
Vorschlagstrasse, eine entsprechende Kostenbewertung durchgeführt werden.
Eine Verkehrsverbindung zwischen den Güterverkehrsanlagen im Raum Wien und
dem Raum Bratislava ist - entsprechend den prognostizierten Verkehrszuwächsen -
nach Abschluss der Ausbaumaßnahmen in ausreichender Kapazität gegeben.
Zu Frage 15:
Wie eine Studie von Prof. Fricke aus Berlin (1998) für die Stadt Wien ergeben hat,
würde ein Nachtflugverbot zu keinen Erleichterungen führen, da der Verkehr in den
Randzeiten (Einschlaf - und Aufwachzeiten) überproportional zunehmen würde.
Zwischen 22.30 Uhr und 06.00 Uhr besteht bereits ein Nachtflugverbot für
sogenannte „Kapitel II - Flugzeuge“. In der Nacht bestehen außerdem bestimmte
flugbetriebliche Einschränkungen, gewisse lärmsensible Gebiete nicht zu
überfliegen.
Im Jahr 1998 wurden am Flughafen Wien im Durchschnitt 30 Flugbewegungen
(=6,7%) in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr durchgeführt. Am Flughafen
München sind derzeit 38 Flugbewegungen in dieser Zeit zulässig. Am Flughafen
Köln finden ca. 80 Flugbewegungen pro Nacht statt.
Festzuhalten ist, dass mit sogenannten generellen Nachflugverboten stets
Ausnahmebewilligungen in größerer
oder kleinerer Zahl einhergehen.
Zu Frage 16:
Die Lärmemmissionswerte des Flugverkehrs nehmen ständig ab und liegen bei Ver -
gleichswerten (z.B. im Stadtgebiet) unter jenen des Straßenverkehrs. Ein Fluglärm -
gesetz macht nur dann Sinn, wenn auch überregionale Raumordnungsmaßnahmen
damit verbunden sind. Gemäß der österreichischen Verfassung liegt jedoch die
Raumordnungskompetenz bei den Ländern.
Zu den Fragen 17, 18, 19 und 20:
Die Überprüfung und Überwachung aller, den Flughafen Wien im
Instrumententlugbetrieb an- und abfliegenden Luftfahrzeuge wird mittels des Flight
Track and Noise Monitoring Systems (FANOMOS) durchgeführt. Jede einzelne
Flugspur wird auf Abweichungen hinsichtlich Flugweg und Flughöhe mittels
Radaraufzeichnung überwacht. Die Lärmbelastung wird unter Verwendung von 12
Fluglärmmeßstellen kontrolliert. Alle anfliegenden Luftfahrzeuge befinden sich in der
Anflugphase unter ständiger Radarüberwachung der österreichischen Flugsicherung
(Austro Control GmH). In den letzten Jahren wurden bei diesen Überprüfungen bei
Starts ca. 0,5% Abweichungen registriert, welche zum größten Teil aus Gründen der
Flugsicherheit erfolgten. Bei Landungen wurden keine Abweichungen festgestellt, da
diese mit Hilfe von Flugsicherungseinrichtungen (praktisch vollautomatisch")
durchgeführt werden. Was die Lärmmessungen anlagt, wurde in den letzten Jahren
eine Abnahme der einzelnen Maximalpegel festgestellt, was vor allem auf
Lärmtechnische Verbesserungen bei den Luftfahrzeugen zurückzuführen ist.
Zu Frage 21:
Eine weitere Verbesserung der ,,Flugschneisen“ bei Instrumentenanflügen ist nach
dem gegenwärtigen Stand der Technik der Präzisionsanflughilfen nicht möglich.
Anflüge werden schon weit vor dem Aufsetzpunkt (ca. 20km) von der
Flugverkehrskontrolle auf das Instrumentenlandesystem (ILS) "afgefädelt". Bis zum
Aufsetzen erfolgt dann keine Richtungsänderung mehr. Bezüglich Abflugstrecken ist
Wien seit Juli 1998 einer der Vorreiter in Europa bei der FMS/RNAV Technologie,
welche es dem Flugverfahrensplaner ermöglicht, eine Optimierung der
Streckenführung, vor allem was die Lärmproblematik betrifft, zu erreichen. Für Wien
kann daher festgehalten werden, dass seitens
der Flugverfahrensplanung der Austro
Control GmbH alles unternommen worden ist, um eine Lärmbelastung der
Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.
Zu einer weiteren Reduzierung der Lärmbelastung wird es dann kommen, wenn die
Triebwerkstechnologieentwicklung die Lärmemmissionen weiter verringert, so wie
das in den vergangenen beiden Jahrzehnten eindruckvoll geschehen ist: 1980 betrug
die Fluglärmzone mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 66 dB(A) 34 km²,
1998 war sie auf 14, 8 km² verkleinert. Im gleichen Zeitraum haben die
Flugbewegungen um 180 Prozent zugenommen. Die derzeit in Umsetzung
befindliche Umrüstung der AUA - Flotte von MD 80 auf Airbus wird für das Umland
des Flughafen Wien eine weitere spürbare Erleichterung bringen. Zusätzlich fördert
die Flughafen Wien AG in den Anrainergemeinden den Einbau von
Lärmschutzfenstern in bestehende Gebäude.
Zu Frage 22:
Auf Grund der Technologieentwicklung bei Triebwerken und auf Grund neuer Anflug -
verfahren, die in einigen Jahren möglich sein werden, wird sich die Fluglärmsituation
für die Bevölkerung praktisch nicht verschlechtern.
Zu Frage 23:
Diese Frage ist mit nein zu beantworten. Eine dritte Piste würde - egal welche der
Varianten gebaut wird - eine Entlastung der westlichen Bezirke sowie der Bezirke 4,
10 und 11 bringen.
Zu Frage 24:
Zu a) Seit 1997 ist es im - nach Einstimmigkeitsprinzip entscheidenden -
zuständigen Gremium (ECOFIN) zu keinerlei Fortschritt betreffend die Abschaffung
der obligatorischen Mineralölsteuerbefreiung der Zivilluftfahrt durch Novellierung der
EU - Mineralölsteuer - Richtlinie gekommen, da sich die vom Flugtourismus
profitierenden EU - Südstaaten und die aus Kohäsionsgründen am Flugverkehr
interessierten EU - Randstaaten dagegen ausgesprochen haben. Aus einer 1999
veröffentlichten diesbezüglichen Studie der Kommission der EU geht ferner hervor,
dass eine einseitige bzw. auf den EU - Inlandsverkehr beschränkte
Kerosinbesteuerung nur geringe Umwelteffekte
aber umso größere
Wettbewerbsverzerrungen zulasten der EU - Luftverkehrsunternehmen nach sich
ziehen würde.
Zu b) Die 33. Generalversammlung der Internationalen
Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) hat 1998 in Entsprechung des Art. 2(2) des KYOTO -
Protokolls das ICAO - Umweltkomitee CAEP beauftragt, bis zur nächsten ICAO -
Generalversammlung 2001 u. a geeignete ,,economic instruments" zu erarbeiten. Die
diesbezügliche CAEP - Expertengruppe WG5 („Market Based Options Group“)
formuliert derzeit u.a. auch einen Vorschlag für eine weltweite Kerosinbesteuerung,
der Ende 2000 den CAEP - Entscheidungsgremien vorgelegt werden soll.
Zu Frage 25:
Das CAEP - Arbeitsprogramm wurde seitens der EU - Staaten unter der
österreichischen EU - Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 1998 gegen großen
Widerstand der am Ferntourismus bzw. der Erdölproduktion interessierten ICAO -
Staaten durchgesetzt. Die Mitarbeit Österreichs im CAEP wird weiterhin als wichtiger
Schwerpunkt gesehen.