1944/AB XXI.GP
Eingelangt am: 19.04.2001
BUNDESMINISTERIUM
VERKEHR, INNOVATION
UND TECHNOLOGIE
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1937/J - NR/2001, betreffend
Strafgebühren für VorteilscardbesitzerInnen, die die Abgeordneten Haidlmayr und
Freundinnen am 20. Februar 2001 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt
zu beantworten:
Vorweg möchte ich feststellen, dass mit dem Bundesbahngesetz 1992 das
Unternehmen ÖBB ab 1.1.1993 hinsichtlich seines Absatzbereiches, also des
Personen - und Güterverkehres, in die wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen
worden ist. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 1 BBG 92
obliegt daher die Tarifgestaltung im Personen - und Güterverkehr sowie die Führung
oder Nicht - Führung von Zügen der ausschließlichen Entscheidung des
Managements der OBB (kaufmännischer Bereich). Dies ergibt sich sinngemäß auch
aus dem Eisenbahngesetz, da durch die Änderung von § 22 mit 1.1.1993 die
Mitwirkung des Hauptausschusses des Nationalrates in Tarifangelegenheiten der
Eisenbahnen aufgehoben wurde.
Einflussnahmen durch den Verkehrsminister sind daher nicht möglich. Das ehemals
weit gefasste Weisungsrecht des Bundesministers ist gemäß § 12 BBG 92 auf
allgemeine verkehrspolitische Grundsatzweisungen und auf Anweisungen im
Katastrophenfall eingeschränkt worden.
Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien
Entscheidung des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die
Grenzen der Geschäftsordnung des Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte
Tätigkeiten und Maßnahmen von der Zustimmung des Aufsichtsrates abhängig
machen kann. Ausnahmen sind - wie oben erwähnt - nur in den sehr
eingeschränkten Fällen des § 12 BBG (Verkehrspolitische Weisung und Weisung im
Falle von Naturkatastrophen) möglich. Solche Weisungen sind jedoch auch durch
den Weisungsgeber (= Bund) in jedem Einzelfall anzuordnen und auch gesondert an
die ÖBB zu bezahlen.
Die von mir befassten Österreichischen Bundesbahnen nahmen zu den Fragen
1, 2, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13 und 15 wie folgt Stellung:
Frage 1:
Sehen Sie auch die Ungleichbehandlung der VorteilscardbenutzerInnen durch die
ÖBB?
Wenn nein: Warum nicht?
Wenn ja: Sind Sie auch der Meinung, dass diese Ungleichbehandlung gesetzwidrig
ist?
Antwort:
Die ÖBB sahen sich aus wirtschaftlichen Gründen veranlasst, mit 01.01.2001 eine
Reihe von Tarifänderungen durchzuführen. Eine der Änderungen war die Reduktion
des Ermäßigungssatzes der VORTEILScard von 50 % auf 45 % für alle ab 01. 01.
2001 neu ausgestellten bzw. verlängerten Cards.
Einen Ermäßigungssatz von 50 % gibt es für Vorteilstickets, die im automatisierten
Verkauf erworben werden. Dazu zählen:
- bei Fahrkartenautomaten gelöste Vorteilstickets,
- mittels Handyticketing gelöste Vorteilstickets,
- via Internet gekaufte Vorteilstickets.
Da der automatisierte Verkauf weniger Vertriebskosten verursacht, können diese
Kostenvorteile an den Kunden weitergegeben werden.
Es erfolgt somit keine Ungleichbehandlung der VORTEILScard - Benutzer. Vielmehr
erfolgt eine Differenzierung der Vertriebswege. Diese Vorgangsweise ist auch in
anderen Unternehmen und Branchen üblich.
Hinsichtlich der Nutzung des Selbstbedienungsverkaufs für blinde Menschen werden
aktuell noch Gespräche mit den Blindenverbänden geführt.
Frage 2:
Warum kann die ÖBB eine Bestrafung einführen, obwohl die notwendige
Infrastruktur, um der Bestrafung zu entgehen, nicht vorhanden ist?
Antwort:
Es wurde keine Bestrafungsaktion für Fahrgäste ohne Internet - Anschluss oder bei
Zustieg in einem Bahnhof ohne Fahrausweisautomaten getroffen, sondern es
werden Kostenvorteile im Selbstbedienungsfall weitergegeben.
Fragen 3 und 4:
Sind Sie regelmäßige Bahnbenutzerin?
Wenn ja: Wo sind aufgrund Ihrer persönlichen Erfahrungen noch gravierende
Qualitätssteigerungen im Personenverkehr notwendig?
Wenn nein: Was ist Ihr Grund dafür?
In welcher Höhe sind die finanziellen Mitteln für welche Qualitätssteigerung geplant?
Antwort:
Ich bin Bahnbenützerin und erachte Qualitätssteigerungen für unbedingt notwendig.
Noch vielmehr als früher muss die Kundendienstleistung im Mittelpunkt der
Betrachtung stehen. Im Budget des Jahres 2001 sind 6,1 Mrd ATS für
gemeinwirtschaftliche Leistungen im Personenverkehr vorgesehen, ein Teil davon
dient auch für Qualitäts - verbesserungen im Personenverkehr, insbesondere für
Türraumüberwachungen, Zugfunk, Außenbeschallungsanlagen, Mehrzweckabteile
für Kinderwagen und Fahrräder, breitere Türen, ebene Einstiege, Klimaanlagen,
getönte Scheiben. Es hat gegenüber
2000 keine Kürzungen gegeben.
Frage 5:
Wieviel Bahnhöfe und Haltestellen gab es in den Jahren 1980 - 2000 in Österreich?
(Auflistung nach Jahr und Bundesland).
Antwort:
Im Bereich der ÖBB gab es mit Jahresende 1980 rund 1600 Bahnhöfe und
Haltestellen.
Frage 6:
Wieviel Bahnhöfe und Haltestellen gibt es in Österreich mit Stand 1.1.2001?
(Auflistung nach Bundesland und Name des Bahnhofes bzw. der Haltestelle).
Wieviel dieser Bahnhöfe sind noch mit einem Bahnhofsvorstand besetzt? (Auflistung
nach Bundesland und Name des Bahnhofes)
Wieviel dieser Bahnhöfe verfügen noch über einen besetzten Kassenschalter und an
welchen Tagen und zu welcher Zeit sind diese Kassenschalter geöffnet? (Auflistung
nach Bundesland und Name des Bahnhofes, Öffnungszeiten)
Antwort:
Im Bereich der ÖBB gibt es mit Stand 01.01.2001 rund 1350 Bahnhöfe und
Haltestellen.
Von den genannten Verkehrsstellen sind rund 700 personell besetzt.
Die Bahnhöfe ohne Fahrkartenverkauf sind im Inlandsfahrplan ("Kursbuch") der ÖBB
(Stationsspalte) gesondert dargestellt.
Frage 7:
Wieviel Bahnhöfe und Haltestellen verfügen über einen Fahrscheinautomat, an dem
Karten für ÖBB Fahrten innerhalb des gesamten österreichischen Bahn -
streckennetzes sowohl mit Bargeld wie auch bargeldlos (Bankkarten) gekauft werden
können ? (Auflistung nach Bundesland und Name des Bahnhofes bzw. der
Haltestelle)
Wieviel dieser Fahrscheinautomaten sind zur Gänze barrierefrei (ÖNORM 1600)?
(Auflistung nach Bundesland und Name des Bahnhofes bzw. der Haltestelle)
Antwort:
Es gibt derzeit rund 200 Bahnhöfe mit Fahrausweisautomaten, an denen man nur mit
Bargeld bezahlen kann. Beginnend ab April 2001 werden insgesamt 710
Fahrausweisautomaten (auch mit bargeldloser Funktion) neu aufgestellt, davon 108
mobile Fahrausweisautomaten, die in Triebwagen eingesetzt einen wesentlich
größeren Bereich abdecken.
Die neue Fahrausweisautomatengeneration ist sowohl behindertengerecht, als auch
kindergerecht ausgeführt (entspricht generell den Anforderungen gemäß ÖNORM
1600).
Frage 8:
Glauben Sie ernsthaft daran, dass alle österreichischen Bahnhöfe und Haltestellen
mit Fahrscheinautomaten ausgestaltet werden, die sicherstellen, dass alle
BahnbenutzerInnen sich ein Ticket für Fahrten innerhalb ganz Österreich kaufen
können und diese sowohl bar wie auch
bargeldlos bezahlen können?
Wenn ja: Was bestärkt Sie, dies zu glauben?
Wenn nein: Wie stellen Sie dieses Angebot sicher?
Antwort:
Die neue Fahrausweisautomatengeneration wird den wichtigsten Teil des gesamten
ÖBB - Streckennetzes abdecken.
Frage 9:
Sind Sie auch der Meinung, dass BahnbenutzerInnen das Recht nicht verwehrt
werden darf, sowohl mit Bargeld wie auch bargeldlos eine Fahrkarte zu kaufen ?
Wenn ja: Wie wird sichergestellt, dass diese beiden Zahlungsmöglichkeiten für alle
BahnbenutzerInnen zur Verfügung gestellt werden muss?
Antwort:
Bei sämtlichen Fahrausweisautomaten der neuen Generation sowie bei den
größeren Bahnhöfen (rund 350) ist ab April 2001 die bargeldlose Bezahlung möglich.
In den sonstigen, wenigen Verkehrsstellen ist die bargeldlose Zahlungsform mittels
Automaten aus wirtschaftlichen Überlegungen (hohe Errichtungskosten) nicht
vorgesehen.
Frage 10:
Sind Sie auch der Meinung, dass speziell an Haltestellen und personallosen
Bahnhöfen es vermehrt dazu kommen wird, dass die Fahrkartenautomaten zerstört
werden könnten, wenn nicht täglich das Bargeld von ÖBB MitarbeiterInnen bzw. von
beauftragten Personen aus den Automaten genommen wird?
Wenn ja: Wie hoch sind die geschätzten Personalkosten für die Tätigkeit der
täglichen Bargeldentleerung auf allen Bahnhöfen Österreichs?
Wenn nein: Was macht Sie so sicher?
Antwort:
Das Bargeld wird nicht täglich bzw. nur in mit Bahnhofspersonal besetzten
Bahnhöfen täglich ausgehoben. Dies deshalb, da insbesondere durch die starke
Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs der Anreiz zum Vandalismus sich
stark reduzieren wird. Die Fahrausweisautomaten werden außerdem zentral
überwacht.
Frage 11:
Sind Sie auch der Meinung, dass das Aufstellen, Entleeren und die Wartung der
Fahrkartenautomaten weit teurer kommen wird, als die Personalkosten der
Fahrkartenverkäufer an den Bahnhöfen?
Wenn ja: Warum dann die Umstellung?
Wenn nein: Wie lautet die konkrete Berechnung für meine Vermutung?
Antwort:
Für den Einsatz von Fahrausweisautomaten sind insbesondere betriebswirt -
schaftliche Überlegungen maßgeblich.
Frage 12:
Welche Vorkehrungen sind getroffen, damit BahnbenutzerInnen nicht um 5 % mehr
zuzahlen müssen, nur weil der
Fahrkartenautomat nicht funktioniert?
Antwort:
Fahrausweisautomaten werden zentral überwacht (auch hinsichtlich anfallender
Störungen). Ein Störungsfall kann daher zentral an die einzelnen Zugbegleiter
(Kontrollorgane) weitergemeldet werden, die dann entsprechende Maßnahmen
setzen.
Frage 13:
Was müssen ÖBB KundInnen an Bahnhöfen mit Kassenschalter
an Bahnhöfen ohne Kassenschalter
an Haltestellen ohne Bahnhof
tun, wenn sie irrtümlich eine falsche Fahrkarte gelöst haben, weil sie unabsichtlich
den Automat unrichtig bedient haben?
Antwort:
Bei der neuen Automatengeneration ist eine Fehlbedienung aufgrund der
Menüführung (Touchscreen - Bildschirm) praktisch nicht möglich.
Fragen 14 und 16:
Sind Sie auch der Meinung, die ÖBB hat, speziell im Rahmen der
Personenbeförderung, auch einen sozialen Auftrag zu erfüllen und müsste eigentlich
bestrebt sein, den Menschen ein qualitativ hochwertiges Angebot zur Verfügung zu
stellen?
Wenn ja: Warum wird dann das Angebot immer unattraktiver?
Wenn nein: Warum nicht?
Was werden Sie konkret bis wann tun, damit der Personenverkehr eine echte
Alternative zum Autoverkehr wird?
Antwort:
Der Bund bestellt im Ausmaß von 6,1 Mrd ATS gemeinwirtschaftliche Leistungen im
Personenverkehr. Aufgrund vieler Reklamationen, die ich sehr ernst nehme, werde
ich mich verstärkt dafür einsetzen, dass der Kunde noch stärker als bisher im
Mittelpunkt der Betrachtung steht.
Frage 15:
Bis wann werden welche Bahnhöfe und Haltestellen barrierefrei ausgestaltet sein ?
(Bundesland, Name des Bahnhofes, Jahr der Fertigstellung der barrierefreien
Umgestaltung)
Antwort:
Die ÖBB haben in ihrem Programm des Bahnhofsumbaus vorbehaltlich der
Verfügbarkeit der finanziellen Mittel - primär den behindertengerechten Umbau von
Knotenbahnhöfen vorgesehen.
Darüberhinaus umfasst das Programm "Bahnhofsoffensive" auch eine schrittweise
behindertengerechte Modernisierung der
Verkehrsstellen im Gesamtnetz.
Anmerkung der ÖBB:
Zu den Fragepunkten 5, 6, und 7 ist den ÖBB eine detaillierte Aufschlüsselung im
Hinblick auf den großen (kostenintensiven) Verwaltungsaufwand nicht möglich.