1955/AB XXI.GP

Eingelangt am: 20.04.2001

BM für auswärtige Angelegenheiten

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ulrike SIMA und Genossen haben am

2. März 2001 unter der Zahl 2044/J - NR/2001 an mich eine schriftliche parlamentarische

Anfrage betreffend das Entwicklungsprogramm für das Amazonasgebiet Avanca Brazil

gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Das Projekt ist weitgehend bekannt. Die Informationen des US - Wissenschaftsmagazins

Science sind in ihren Grundzügen nicht neu, doch sind zwei wichtige Punkte

hinzuzufügen:

1. Der Plan sieht über einen Zeithorizont von 7 Jahren (2000 - 2007) Investitionen von 40

     Mrd US - Dollar vor, wofür der brasilianischen Regierung jedoch finanzielle Mittel fehlen.

2. Der Artikel sieht in der Monetarisierung und Zertifizierung des C02 -

     Emissionsreduktionspotentials (Carbon Credits) von Wäldern einen bedeutenden

     finanziellen Anreiz, den Schutz der Regenwälder zu fördern. Der positive Effekt von

     Carbon Credits darf allerdings nicht überschätzt werden. Brasilien rechnet mit einem

     weit höheren Nutzen durch die Umsetzung des Entwicklungsprogramms als die

     Einnahmen durch Carbon Credits für Wälder betragen würden. Der Wert pro ha Wald

    für die C02 - Fixierung beträgt nach heutigem Preis pro Tonne C02 etwa $ 2.000,- bis

    2.500,-. Erst ein deutlich höherer Preis würde den konsequenten Schutz der

    Regenwälder wegen ihrer Bedeutung für die Stabilisierung des C02 - Gehalts der

    Atmosphäre wirtschaftlich interessant machen. Auch reichlich fliessende Mittel aus den

    Industriestaaten würden nach brasilianischer Sicht als zusätzliche Alternative nicht

    genügen.

 

Zu Fragen 2, 4 und 5:

Österreich beteiligt sich an der Förderung lokaler Organisationen und Initiativen der zivilen

Gesellschaft in Brasilien, die sich für den Erhalt des Regenwaldes und gegen die

Verwirklichung des gegenständlichen Entwicklungsplans einsetzen. Daneben unterstützt

Österreich als Mitglied der EU diverse Bemühungen der internationalen

Gebergemeinschaft und UN - Institutionen, eine nachhaltige Waldnutzung zu fördern

(Umsetzung eines Code of Conduct, Schaffung verbesserter politischer und ökonomischer

Rahmenbedingungen zur Förderung der nachhaltigen Nutzung).

 

Zu Frage 3:

Die Bewusstseinsbildung in Bezug auf Schutz des Regenwaldes auf EU - Ebene wird von

Österreich seit langem in diversen Fachgremien, in der Ratsarbeitsgruppe sowie im High -

Level Segment „Umwelt und Entwicklung“ unterstützt. Österreich wird sich in Abstimmung

mit den anderen Mitgliedstaaten und der EK gegen die Verwirklichung des geplanten

Entwicklungsprogramms einsetzen, falls keine umweltgerechten Anpassungen und keine

substantielle Einbindung des brasilianischen Umweltministeriums, von

Umweltorganisationen und der betroffenen Bevölkerung in die weiteren Planungs -  und

Entscheidungsprozesse erfolgen sollte.

 

Zu Frage 6:

„Finanzspritzen“ zur Verbesserung der Situation marginalisierter Bevölkerungsgruppen

(durch deren Bedarf nach Land und Einkommen der Regenwald unter Druck steht) sind

sinnvoll, werden aber nicht genügen, um die brasilianische Regierung von ihrem

Vorhaben abzubringen. Österreich fördert die nachhaltige Nutzung der Regenwaldgebiete

durch die Unterstützung lokaler Institutionen und der indigenen Bevölkerung aus Mitteln

der EZA. Brasilien ist, da es nicht zu den ärmsten Ländern der Erde zählt, kein

vorrangiges Kooperationsland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

Aufgrund der globalen Bedeutung der tropischen Wälder werden aber Initiativen in den

folgenden Bereichen unterstützt:

• Demarkation von Territorien

• Sozio - kulturelle und politische Stärkung

• Nutzung und Vermarktung von Nicht - Holz - Waldprodukten und anderen alternativen

   Einkommensquellen

• Nachhaltige landwirtschaftliche Nutzungsformen

   Eine direkte oder indirekte Budgethilfe könnte kontraproduktiv sein, da die brasilianische

   Regierung mehr Mittel zur Umsetzung des umstrittenen Plans freistellen könnte. Die

   Unterstützung seitens Österreichs wird deshalb sinnvollerweise projektgebunden bleiben

   müssen.

 

Zu Frage 7:

Bis 2003 sind aus den Budgetmitteln der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit

rund ATS 58 Mio zur finanziellen Unterstützung der genannten, über NROs

abzuwickelnden Massnahmen vorgesehen.

 

Zu Fragen 8 und 9:

Derzeit werden aus Mitteln des EZA - Budgets folgende Projekte unterstützt:

 

• Tansania (Zanzibar); Diversifizirung der Einkommensquellen in der Pufferzone des

   Jozani Forest Reservats, damit die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Holzhandel

   reduziert und die Rahmenbedingungen für den Erhalt des Reservats verbessert

   werden.

• Nicaragua; Förderung nachhaltiger Forst -  und Landwirtschaft, alternativer Einkommen

   in der Pufferzone des Indio Maiz - Regenwaldreservats zur Stabilisierung der

   Siedlungsgrenze.

• Kolumbien; Beitrag ans Klimabündnis Vorarlberg zur Unterstützung der Autonomie der

   indigenen Bevölkerung - der Garant für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung

   tropischer Regenwälder - in der Region des Choco.

• Kolumbien; Förderung der indigenen Selbstverwaltung, Stärkung der indigenen

   Gesellschaft im Amazonastiefland (Gesundheitswesen, bilinguale Schulprojekte).

• Brasilien; Sicherung der Landrechte, Förderung von Bodenschutzmassnahmen und

   der Subsistenzwirtschaft der Guarani.

• Brasilien; Beitrag ans Klimabündnis Österreich zur Unterstützung der indigenen

   Organisationen und der lokalen Bevölkerung in fast allen Lebensbereichen am Oberen

   Rio Negro.

• Brasilien; Stärkung der regionalen Strukturen des nationalen Rats der

   Kautschukzapfer mit dem langfristigen Ziel, die Etablierung von Extraktionsreservaten

   in Amazonien zu fördern.

 

Zu Frage 10:

In Planung ist eine weitere Verlängerung der Zusammenarbeit mit dem Klimabündnis

Österreich und den indigenen Organisationen am Oberen Rio Negro.

 

Zu Fragen 11 uns 12:

Nein. Eine spezifische Budgetlinie für Regenwaldprojekte existiert seit Abschluss der

Regenwaldinitiative 1996 nicht mehr. Die Projekte werden von den Aufgabenbereichen

Land -  und Forstwirtschaft sowie Ko - Finanzierungen getragen. Es wurden finanzielle

Kürzungen aller Landesprogramme vorgenommen, wobei diese Kürzungen aber weder

laufende noch konkret geplante Regenwaldprojekte betrafen.