1986/AB XXI.GP

Eingelangt am: 25.04.2001

BM für Land -  und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde vom

27. Februar 2001, Nr. 1990/J, betreffend Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), be -

ehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Festzuhalten ist, dass die Erhaltung einer flächendeckenden, nachhaltigen und ökologisch

orientierten Landwirtschaft bäuerlicher Prägung seit langem Kernpunkt der österreichischen

Agrarpolitik ist. Dem entsprechend kommt in Österreich im Vergleich zu den anderen EU -

Mitgliedstaaten dem Programm „Ländliche Entwicklung“ (insbesondere ÖPUL) eine zentrale

Rolle in der Agrarpolitik und damit auch in der Mittelverteilung zu.

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Generell ist festzuhalten, dass mit einem Umlenken von Marktpreisstützungen hin zu Direkt -

zahlungen naturgemäß höhere Budgetzahlungen einhergehen, da sich diese auf die ge -

samte Produktion beziehen, während die Marktpreisstützung sich lediglich auf jene Produkte

bezieht, die die Drittlandsgrenzen überschreiten (Außenschutz, Exporterstattung) oder von

bestimmten Preisstützungsmaßnahmen betroffen sind (Intervention, Verarbeitungsbeihilfen).

Mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Jahre 1992 erfolgte ein Umlenken

der Stützungsmaßnahmen zu direkten Einkommenstransfers zunächst bei den landwirt -

schaftlichen Kulturpflanzen und bei Rindfleisch. Dabei kam es zu einer Senkung der Preise

dieser Agrargüter, die durch Direktzahlungen ausgeglichen wurden.

 

Durch die Agenda 2000 wurden die institutionellen Preise weiter schrittweise reduziert und

die Direktzahlungen entsprechend erhöht und im Bereich der Rinderprämien ausgebaut.

Nunmehr ist auch für den Milchsektor eine Reform beschlossen (Senkung der institutionellen

Preise und Einführung einer Direktzahlung), welche ab 2005 wirksam wird, wobei es auch

hier zu direkten Einkommenstransfers kommen wird. Diese grundlegende Systemänderung

für Milch wird sich bezüglich der Mittel auf das Verhältnis der Sektoren zueinander auswir -

ken.

 

Beim Umstand, dass 45 % der Mittel in die Ackerfruchtbetriebe gehen, ist auch zu berück -

sichtigen, dass diese Direktzahlungen Auswirkungen auf andere Bereiche haben. Damit

können nämlich für die Schweine - , Geflügel -  und Eierproduktion billigere Futtermittel bereit

gestellt werden, sodass sich ein spezielles Förder - (Direktzahlungs - )Programm in diesen

Sektoren erübrigt. Dass diese enge Verknüpfung gegeben ist, zeigte sich bei den Auswir -

kungen der GAP - Reform 1992, womit die speziellen Interventions -  und Absatzmechanismen

für diese Sektoren gestrichen werden konnten. Im Obst -  und Gemüsebereich gibt es darüber

hinaus keine Direktzahlungen, sodass hier weniger Ausgaben anfallen.

 

Die mit der Agenda 2000 verankerte Reform der GAP stellt den Rahmen für die Jahre 2000 -

2006 dar. Diese Systemänderung ist gleichzeitig die Grundlage für die Weiterentwicklung der

Gemeinsamen Agrarpolitik. Der mit der Agenda 2000 eingeschlagene Weg zur Verwirkli -

chung des Europäischen Landwirtschaftsmodells soll fortgesetzt werden. Das heißt: Förde -

rung eines wettbewerbsfähigen Agrarsektors, der ohne übermäßige Interventionen in der

Lage ist, die sich auf den Weltmärkten bietenden Möglichkeiten zu nutzen, und gleichzeitig

einen angemessenen Lebensstandard für die landwirtschaftliche Bevölkerung gewährleistet;

die Förderung von Produktionsweisen, welche die hohen Erwartungen der Verbraucher hin -

sichtlich Qualität und Sicherheit der Erzeugnisse erfüllen; die Förderung eines Agrarsektors,

der unter Umweltgesichtspunkten nachhaltig ist und zur Erhaltung der natürlichen Ressour -

cen und des Naturerbes beiträgt und das Landwirtschaftsbild bewahrt sowie die Förderung

der Erhaltung lebendiger ländlicher Gemeinden, die in der Lage sind, neue Beschäftigungs -

möglichkeiten für ihre Bevölkerung zu schaffen.

 

Die im Rahmen der aktuellen Diskussion betreffend BSE geplanten Änderungen der GAP

werden im Zuge der geplanten Revision (Midtermreview) umgesetzt werden. Österreich hat

diesbezüglich eine klare Position im Rat deponiert.

 

Zu den Fragen 3 und 4:

 

Es ist unbestritten, dass Großbetriebe in Folge der Kostendegression gegenüber kleinen

Betrieben gewisse Vorteile haben. Wir haben in Österreich bereits Maßnahmen gesetzt, um

die soziale und ökologische Lage der österreichischen Landwirtschaft zu verbessern. So ist

die Größendegression im ÖPUL bereits mit dem ÖPUL 98 eingeführt worden. Maßgebend ist

im ÖPUL 2000 das Ausmaß der förderfähigen Fläche. Ausgehend von einer Referenzgröße

(bis 100 ha), für die die Prämien zu 100% geleistet werden, erhalten landwirtschaftliche Be -

triebe, die mehr Flächen in eine Maßnahme einbringen, geringere Prämien, weil sie eine

Fixkostendegression lukrieren können. Der Prämienbetrag wird aufgrund 3 weiterer, defi -

nierter Größenüberschreitungen degressiert.

 

Auch bei der Ausgleichszulage gibt es degressive Ansätze. Maßgebend ist das Ausmaß der

förderfähigen Fläche sowie die betrieblichen Erschwernisse. Die Festlegung von 4 Grundty -

pen von Betrieben erfolgt einerseits über das Ausmaß der Fläche (2 Flächenkategorien) und

andererseits über den Umstand, ob Viehhaltung betrieben wird oder nicht. Ausgehend von

einer Referenzgröße (bis 60 ha), für die die Prämien zu 100% geleistet werden, wird für ein

die Referenzgröße übersteigendes definiertes Ausmaß ein prozentuell verminderter Prä -

mienbetrag degressiv gewährt (Degression im Rahmen 4 weiterer, definierter Größenüber -

schreitungen). Innerhalb der Flächenkategorien erfolgt eine Prämienstufung nach einem

Faktor zur Berücksichtigung der betrieblichen Erschwernisse (BHK - Punkte). Weiters wurde

ein Sockelbetrag eingeführt, der vor allem kleineren Betrieben zugute kommt.

Bei der Investitionsförderung ist die Wirtschaftskraft des Betriebes maßgeblich. Ausgehend

von einem Referenzeinkommen (aus dem außerlandwirtschaftlichen Bereich) wird das Er -

werbseinkommen auch unter Berücksichtigung des außerlandwirtschaftlichen Erwerbs mit

einem Faktor (1,4) begrenzt.

 

Wir haben also dort, wo der Gestaltungsspielraum innerhalb der Rahmenbedingungen weit -

gehend dem Mitgliedstaat überlassen ist (u.a. ÖPUL; Ausgleichszulage) die Degression

nach der Betriebsgröße realisiert. Für die Bereiche, wo EU - weit einheitliche Direktzahlungs -

regelungen festgelegt sind, stellt sich die Lage jedoch differenzierter dar.

 

Österreich hat sich in der Schlussphase der Verhandlungen zur Agenda 2000 für eine De -

gression der Direktzahlungen nach der Betriebsgrößc (Modulation) eingesetzt. Im Zuge der

Agenda 2000 konnte dieses Modell nicht umgesetzt werden. Österreich wird sich jedoch

weiterhin dafür einsetzen.

 

Grundsätzlich ist bei der Beurteilung, ob bei der Vergabe der Beihilfen die Kostendegression

bei Großbetrieben zu berücksichtigen ist, jedenfalls darauf Bedacht zu nehmen, dass eine

Gleichbehandlung der Betriebsinhaber gewährleistet ist und Markt -  und Wettbewerbs -

verzerrungen vermieden werden.

 

Zu Frage 5:

 

Die BSE - Krise, die alle Rinderhalter schwer getroffen hat, erfordert vorerst ein effizientes

Krisenmanagement. Dauerhaft tragbare Lösungen sollten jedoch nicht nur als Reaktion auf

Ausnahmesituationen erarbeitet werden.

 

Weiters darf daran erinnert werden, dass nationale Maßnahmen, die dem gemeinsamen

Markt zuwiderlaufen, nicht zulässig sind. Eine bloße Mittelumschichtung zugunsten derarti -

ger Maßnahmen würde unter diese Kriterien fallen. Neben der angepeilten Marktstabilisie -

rung und  - verbesserung ist es von besonderer Priorität, dass die Verbraucher wieder Ver -

trauen in die heimischen Rindfleischprodukte gewinnen und dass die bäuerlichen Betriebe

auf diese Weise ein angemessenes Einkommen auf dem Markt erzielen können.

Zu Frage 6:

 

Basis der Reformvorschläge ist die Sicherung einer nachhaltigen und naturnahen Produkti -

on. Österreich hat sich schon anlässlich der Agenda 2000 vehement für das Fortbestehen

der Flächenstilllegung eingesetzt. Dies sowohl aus Gründen der Überschussproblematik im

Getreidebereich als auch aus Umweltschutzgründen sowie aus Gründen zur Absicherung

des Bereiches Nachwachsender Rohstoffe. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang

auch das nationale Umweltprogramm, das bei einigen Maßnahmen durchaus den Effekt ei -

ner Produktionsreduktion beinhaltet.

 

Ein besonders Anliegen ist aber auch die Forcierung des Eiweißpflanzenanbaus, um eine

ausreichende Versorgung mit heimischen Eiweißfuttermitteln sicherstellen zu können.

 

Die Weidehaltung und Gründlandnutzung ist bereits derzeit wesentliche Basis der Tierhal -

tung. Österreich hat auch von der Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Extensivierungsprämie

Gebrauch gemacht und die strengeren Kriterien umgesetzt, um die extensive Bewirtschaf -

tung besonders zu würdigen.

 

Österreich unterstützt grundsätzlich die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen

außerordentlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Rindfleischkrise. Wir haben darüber

hinaus Ergänzungsvorschläge eingebracht, wie eine bessere Kleinerzeugerregelung, die

Frühvermarktungsprämie für Stiere und Kälber (für eine vorgezogene Schlachtung von

männlichen Rindern und Kälbern und der damit verbundenen Verminderung der Produkti -

onsmengen sollte eine Zusatzprämie zur Schlachtprämie gewährt werden) sowie den Aus -

bau der Extensivierungsprämie. Zudem tritt Österreich für die Kompensation der Einkom -

mensverluste der betroffenen Rinderbauern und die Nutzung aller Maßnahmen im Bereich

des Außenschutzes sowie von Promotions -  und Informationsmaßnahmen ein.

Zu Frage 7:

 

Österreich hat bereits Anfang der 90er Jahre mit einem Fruchtfolgestabilisierungsprogramm

wesentliche Schritte in Richtung Fruchtfolgeförderung unternommen. Diese sind weitestge -

hend in die Agrarumweltprogramme der Gemeinschaft eingeflossen. Die Auflagen bezüglich

Stilllegungsflächen tragen bereits jetzt wesentlich zur Auflockerung der Fruchtfolge bei. Die

Bundesregierung steht Maßnahmen zur Erweiterung der Fruchtfolge grundsätzlich positiv

gegenüber.

 

Zu den Fragen 8 und 9:

 

Österreich ist bereits vor dem EU - Beitritt für derartige Alternativen eingetreten und hat den

Anbau von Alternativkulturen gefördert. Auch auf EU - Ebene ist Österreich immer für eine

Stärkung dieses Bereichs eingetreten, was sich nicht zuletzt in einer Weiterführung einer

erhöhten Flächenzahlung für Eiweißpflanzen niederschlägt.

 

Aufgrund der derzeitigen Diskussion über sinnvolle Alternativen zum Einsatz von Tiermehl

werden auf EU - Ebene Möglichkeiten zur Absicherung des Eiweißfutteranbaus diskutiert. Be -

reits im Agrarministerrat im Dezember des Vorjahres wurde seitens der Mitgliedstaaten die

Vorlage eines Eiweißplanes gefordert. In der Sitzung im März dieses Jahres wurden dem

Rat die bezughabenden Daten vorgelegt. Diese werden nun in den verschiedenen Gremien

diskutiert. Aus österreichischer Sicht sind die Vorschläge nicht weitreichend genug.

 

Im Umweltprogramm ÖPUL wird dem Wunsch einer Ergänzung des Getreidebaus durch

Leguminosen und Futterpflanzen durch eine Beschränkung des Getreideanteils Rechnung

getragen, was zu einem Anstieg der Futterpflanzen/Ölpflanzen führt.

 

Zu Frage 10:

 

Bei den Verhandlungen zur Agenda 2000 gehörte Österreich zu jenen Mitgliedstaaten, die

sich weiterhin für die Förderfähigkeit von Körner -  und Silomais aussprachen. So wird die

spezialisierte Stiermast in Österreich auf der Grundlage von Silomais durchgeführt und kon -

zentriert sich daher in der regionalen Verteilung vor allem auf diese Anbaugebiete. Aus die -

sem Grund ist die Anerkennung der Silomaisflächen als Futterfläche im Rahmen der Be -

rechnung der betrieblichen Fördergrenze notwendig.

 

Nichtsdestotrotz hat Österreich stets allen Formen der Grünlandwirtschaft besonderes Au -

genmerk geschenkt. Zahlreiche Forschungsvorhaben, eine eigene Bundesanstalt für alpen -

ländische Landwirtschaft in Gumpenstein und nicht zuletzt die zunehmende Förderung des

Grünlandes im Rahmen des Umweltprogramms ÖPUL sind nur einige Beispiele für die be -

sondere Bedeutung dieses Bereichs.

 

Zu den Fragen 11 bis 13, 15 und 16:

 

Der Reform - Vorschlag der Europäischen Kommission wird von Österreich grundsätzlich un -

terstützt:

 

Hinsichtlich der Kürzung der Prämienansprüche für männliche Rinder sollte diese linear und

nicht auf Basis der Ausnutzung der Vorjahre vorgenommen werden. Ergänzend darf auf die

Beantwortung der Frage 6 verwiesen werden.

 

Die vorgesehene einzelbetriebliche Zuteilung der Prämienrechte wird zwar als wirksames

Instrument zur Steuerung der Produktion angesehen. Da jedoch damit ein höherer Verwal -

tungsaufwand verbunden ist, kann diesem Vorschlag nur bedingt zugestimmt werden. Er

wird von mir jedoch im Sinne der Stärkung der mengenrestriktiven Maßnahmen im Rahmen

der GAP mitgetragen.

 

Die Begrenzung der maximal förderfähigen männlichen Rinder auf 90 Stück wird begrüßt,

gegebenenfalls sollte eine Überschreitung dieser Grenze in Form von gestaffelten Prämien

möglich sein.

Die Herabsetzung der Besatzdichte von 2,0 auf 1,8 GVE/ha wird begrüßt. Gleichzeitig ist im

Sinne einer Gesamtlösung darauf zu achten, dass eine vermehrte Förderung der extensiven

Rinderwirtschaft vorgenommen wird.

Der Vorschlag der Kommission, den Anteil der zu beantragenden Kalbinnen zu erhöhen,

stellt angesichts der bereits bestehenden Ausnahmeregelung für Österreich, wonach die

Kalbinnen im Rahmen der Mutterkuhprämie durch eine regionale (und nicht einzelbetriebli -

che) Quote von max. 20% abgewickelt werden können, kein Problem dar. Wünschenswert

ist es, dass die restlichen 20% den Mutterkuhhaltern zugeteilt werden und eine Ausnahme -

regelung für Kleinbetriebe vorgesehen wird.

 

Zu Frage 14:

 

Ja. Jedoch vertrete ich die Auffassung, dass diese Maßnahme nicht ausreichend ist und

nicht nur auf Biobetriebe beschränkt bleiben soll. Österreich unterstützt natürlich den Vor -

schlag und bemüht sich um die Ausdehnung des Anwendungsbereiches. Derzeit finden Dis -

kussionen zu dem von Österreich eingebrachten Vorschlag statt, auch Betriebe, die Agrar -

umweltmaßnahmen unterliegen, in den Anwendungsbereich aufzunehmen.

 

Zu Frage 17:

 

Ich teile die Auffassung der Kommission, dass es derzeit vorrangig um die Bewältigung einer

Krise geht. Die Kommission vertritt zudem die Auffassung, dass in einer Krisensituation, die

dadurch gekennzeichnet ist, dass die Marktkräfte nicht wirken und die Märkte derogiert sind,

falsche Schlussfolgerungen für die Reform gezogen würden. Es gehe jetzt darum, die Krise

zu bewältigen und erst auf der Grundlage normaler Marktsituationen und profunder fachli -

cher Analysen vernünftige Schlussfolgerungen zu ziehen und eine Orientierung für die Wei -

terentwicklung der GAP zu finden. Ich teile diese Einschätzung der Kommission.

 

Vorstellbare Maßnahmen zur Bewältigung der Krise könnten sein:

 

- Extensivierungsprämie: Da mit diesen Vorschlägen der Kommission die Extensivierung

   der Rinderhaltung weiter vorangetrieben werden soll, wäre es nur sinnvoll, als Ausgleich

   auch die Extensivierungsprämie zu erhöhen.

- Kurzfristige Reduktion der Produktion: Neben den klassischen Entlastungsmaßnahmen

   wie Interventionsankäufen bzw. dem Ankauf von Rindern über 30 Monaten zur Vernich -

   tung sollten auch andere Möglichkeiten angedacht werden, wie beispielsweise eine Zu -

   satzprämie zur Schlachtprämie für eine frühzeitige Vermarktung von männlichen Rindern

   und Kälbern, wenn ein bestimmtes Alter oder Gewicht nicht überschritten wird.