2023/AB XXI.GP

Eingelangt am: 27.04.2001

 

BUNDESMINISTERIUM für

VERKEHR, INNOVATION und TECHNOLOGIE

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2030/J - NR/2001, betreffend

nachträgliche Bestrafung bei Verstößen gegen die Ökopunktepflicht, die die

Abgeordneten DDr. Niederwieser und Genossinnen am 1. März 2001 an mich

gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Einleitend verweise ich auf meine Anfragebeantwortungen zu Nr. 2169/J - NR/2001

sowie Nr. 2170/J - NR/2001 in denen zum Teil gleichlautende Fragestellungen an

mich gerichtet wurden.

 

Fragen 1 und 2:

Haben Sie LH Weingartner eine "Weisung" zur Ahndung von Ökopunkte - Sündern

erteilt? Wenn ja, wie ist der genaue Wortlaut der "Weisung“ oder entsprechenden

Mitteilung?

Treten Sie für eine Bestrafung bei Verstößen gegen die Ökopunktepflicht ein?

 

Antwort:

Hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Ahndung von Vergehen gegen die

Bestimmungen im Rahmen des Ökopunktesystems, insbesondere hinsichtlich der

nachträglichen Ahndung von sogenannten „blacklist - Fahrten“, erging die in BEILAGE

2 befindliche Weisung an alle Landeshauptleute.

 

Selbstverständlich trete ich für die Ahndung jeder Art von Verstößen gegen die für

das Ökopunktesystem relevanten Bestimmungen ein.

 

Frage 3:

Wie stehen Sie zu einer eindeutigen Rechtslage, um Verstöße gegen die

Ökopunktepflicht auch nachträglich zu ahnden?

 

Antwort:

Was die Rechtslage betrifft, um Verstöße gegen die Ökopunktepflicht ahnden zu

können, darf ich nochmals auf die Ausführungen in meinem Schreiben an die

Landeshauptleute hinweisen, aus denen hervorgeht, dass sowohl die EU - Rechtslage

als auch die nationale Rechts - bzw. Gesetzeslage im Hinblick auf die strafrechtliche

Sanktionierung von Verstößen gegen die für das Ökopunktesystem relevanten

Bestimmungen grundsätzlich dahingehend eindeutig ist, dass die österreichischen

zuständigen Behörden der Bundesländer sowohl aufgrund des EU - Rechts als auch

aufgrund des nationalen Rechts die Verpflichtung auferlegt ist, derartige Verstöße

unverzüglich und von Amts wegen zu ahnden. Bei der Ahndung sind auch die

Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gefordert, die Österreichischen Behörden

im Wege der Amtshilfe zu unterstützen. Um nunmehr jedoch gänzlich eindeutig und

unmissverständlich Rechtssicherheit zu schaffen und den Landesbehörden in der

gebotenen Verfolgung von Verstößen gegen die Ökopunktepflicht im Sinne einer

Verwaltungsvereinfachung Unterstützung zu bieten, habe ich eine Änderung des

GüterbeförderungsG beauftragt, welche sich bereits in Begutachtung befindet.

 

Fragen 4 und 5:

Halten Sie eine Regelung für sinnvoll, dass die verantwortlichen Unternehmen und

nicht die Fahrer der LKW bei Verstössen gegen die Ökopunktepflicht bestraft

werden?

Was sind die Gründe, die aus Ihrer Sicht gegen eine Neufassung des Gesetzes

sprechen?

 

Antwort:

In der entsprechenden EU - Verordnung (EWG) Nr.3298/92 i.d.F. 2012/2000 wird in

Artikel 5 bestimmt, dass Zuwiderhandlung eines Lastkraftwagenfahrers oder eines

Unternehmers gegen die für das Ökopunktesystem relevanten Vorschriften nach den

jeweiligen einzelstaatlichen Vorschriften zu ahnden sind. Bei wiederholten

Zuwiderhandlungen gelten die Bestimmungen des Artikel 8 Absatz 3 (über den

Entzug der Gemeinschaftslizenz) und Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr.881/92

des Rates (gegenseitige Amtshilfe der Mitgliedstaaten). In relevanten EU -

Vorschriften ist somit eine Verantwortlichkeit des Unternehmers normiert. Gegen

eine Änderung der nationalen Gesetzlage, um auch hier eine Mitverantwortung des

Unternehmers stärker zu verankern, liegen keine Bedenken vor. Der Entwurf einer

dahingehenden Änderung des GüterbeförderungsG befindet sich bereits in

Begutachtung.

 

Frage 6:

Wie viele ökopunktpflichtige Fahrten gab es in Österreich seit 1998?

 

Antwort:

Die Anzahl der ökopunktepflichtigen Fahrten durch Österreich seit 1998 bzw. 1993

entnehmen Sie bitte der in BEILAGE 1 befindlichen Aufstellung.

 

Fragen 7, 8 und 9:

Wie viele Verstöße gegen die Ökopunktepflicht wurden seit 1998 jährlich festgestellt?

Wie viele dieser Verstöße gegen ökopunktepflichtige Fahrten wurden

ordnungsgemäß bestraft, bzw. nicht bestraft?

Wie hoch ist die Summe entgangener Einnahmen pro Monat durch Nichtbestrafung

bzw. Verjährung bei Verstößen gegen die Ökopunktepflicht? Bitte um detaillierte

Aufstellung für jeden Monat seit Jänner 1998.

Antwort:

Was Ihre Frage nach der Anzahl der Verstöße gegen die Ökopunktepflicht betrifft, so

muss ich darauf hinweisen, dass derartige Verstöße im Rahmen eines Verfahrens

festgestellt werden und ich - einerseits aufgrund der Tatsache, dass die

Landesbehörden für die Durchführung dieser Verfahren zuständig sind und

andererseits weil diese Verfahren meinen Informationen nach großteils noch nicht

abgeschlossen sind - Ihnen keine diesbezüglichen Angaben machen kann. Aus

denselben Gründen kann ich Ihnen auch derzeit keine seriöse Hochrechnung über

allfällige entgangene Strafen anbieten.
                                                                                                                                                             Beilage 1



                                                                                                                                                             Beilage 2

 

Offensichtlich wird seitens einiger Bundesländer in der ggstl. Angelegenheit eine vom

BMVIT nicht nur abweichende, sondern zudem verfehlte Rechtsauffassung vertreten

(auf den diesbezüglichen Schriftverkehr wird an dieser Stelle verwiesen). Aus diesem

Grund sieht sich das BMVIT zu nachstehenden insbesondere rechtlichen

Klarstellungen veranlasst:

 

- Das elektronische Kontrollsystem ermöglicht es über die Identifikationsnummer

des jeweiligen Umweltdatenträgers und die darin gespeicherten Daten das

Fahrzeug, den COP - Wert des Motors, den Gütertransportunternehmer sowie über

letzteren auch den Fahrer zu ermitteln. Der Auswertung dieser Daten zur ex post

Verfolgung Illegaler Transitfahrten ist auch mit der Datenschutz - Richtlinie

vereinbar. Dieser zufolge waren auch darüberhinausgehende Einschränkungen

des Schutzes von Daten z.B. für die öffentliche Sicherheit sowie für die Ermittlung,

Feststellung und Verfolgung von Straftaten zulässig.

 

® Die Kommission hat am 17. Oktober 2000 festgestellt, daß den Mitgliedstaaten

     bzw. den zuständigen Behörden (somit auch den Behörden der Österreichischen

     Bundesländer, die zur Vollziehung und Kontrolle des Ökopunktesystems im

     Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zuständig sind) ausreichende

     Informationen zur Ergreifung entsprechender Maßnahmen gegen illegale Frächter

     zur Verfügung stehen und insbesondere auch Österreich aufgefordert

     diesbezügliche Schritte zu ergreifen.

 

® Gemäß Artikel 5 der Ökopunkteverordnung sind Zuwiderhandlungen eines

     Lastkraftfahrers oder eines Unternehmens gegen das Protokoll Nr.9 oder deren

     Durchführungsverordnungen nach den jeweiligen einzelstaatlichen Vorschriften

     zu ahnden.

® Bei wiederholten Zuwiderhandlungen gilt die Verordnung 881/92 (Entzug der

     Gemeinschaftslizenz).

 

® Aus dem primärrechtlichen Gemeinschaftsgrundsatz der Geltung und Wirksamkeit

     des Gemeinschaftsrechts, den sekundärrechtlichen

     Durchführungsverordnungen zum Transitprotokoll Nr. 9 sowie der ständigen

     Judikatur des EuGH folgt u.a., daß Österreich nicht nur berechtigt sondern auch

     verpflichtet ist Zuwiderhandlungen eines Lastkraftwagenfahrers oder eines

     Unternehmens gegen das Transitregime zu ahnden. Dies gilt insbesondere auch

     für die Sanktionierung illegaler LKW - Transitfahrten, die nicht direkt betreten

     wurden, sondern die durch das System in Form sog. Blacklistungen erfaßt

     werden. Diese Rechtsansicht wird zudem durch die Judikatur des VwGH

     (98/03/0036) bestätigt der eine Nicht - Sanktionierung als dem

     Gemeinschaftsrecht zuwiderlaufend erachtet.

 

® Nach ständiger Judikatur des EuGH müssen diese Sanktionen jedenfalls

     wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Zur Durchführung der

     Sanktionsregelungen haben die Mitgliedstaaten einander Amtshilfe zu leisten.

 

® Gemäß § 23 Güterbeförderungsgesetz iddgF folgt, daß mit einer Geldstrafe bis zu

     100.000 ATS zu bestrafen ist, wer gegen das Transitprotokoll Nr. bzw. die

     diesbezüglichen Durchführungsverordnungen verstößt.

 

® Zur Strafbarkeit genügt Fahrlässigkeit. Gemäß ständiger Judikatur der

     Höchstgerichte hat der Beschuldigte aufgrund § 5 Abs. 1 VStG von sich aus alles

     darzulegen, was für seine Entlastung spricht (Mitwirkungspflicht); das heißt, daß

     der Beschuldigte glaubhaft machen muß, daß ihn an der Verletzung der

     Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Es genügt hierbei z.B. nicht sich

     auf die Auskünfte des Arbeitgebers zu verlassen (siehe auch beigeschlossene

     aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hierzu).

 

® Im Hinblick auf den vorstehend genannten Gemeinschaftsgrundsatz der

     Wirksamkeit von Gemeinschaftsrecht (wirksame Durchsetzung des

     Transitregimes) folgt weiters, daß sowohl gegen den Lenker wie auch den

     Unternehmer das Strafverfahren einzuleiten ist. Die zuständige Behörde hat

     hierbei unverzüglich, und von Amts wegen vorzugehen.

 

Aus vorstehenden Ausführungen folgt, daß sowohl die EU - rechtliche als auch die

nationale Rechts - bzw. Gesetzeslage im Hinblick auf die strafrechtliche

Sanktionierung illegaler LKW - Transitfahrten (insbesondere auch jener die nicht

unmittelbar betreten wurden) dahingehend eindeutig ist (es bedarf daher keinerlei

legistischer Maßnahmen), daß den Österreichischen zuständigen Behörden der

Bundesländer sowohl aufgrund des EU - Rechts als auch des

Güterbeförderungsgesetzes die Verpflichtung auferlegt ist, unverzüglich von Amts

wegen vorzugehen und die entsprechenden Strafverfahren gegen die jeweiligen

Lenker und Unternehmer einzuleiten

 

Die diesbezüglichen gutächtlichen Darlegungen und Feststellungen werden zur

weiteren Information beigeschlossen.

Seitens des BMVIT ergeht somit die Aufforderung im Sinne des ggstl. Schreibens

sowie der beigelegten Rechtsgutachten vorzugehen und anher über die von do.

umgehend gesetzten Maßnahmen bis Ende Jänner 2001 zu berichten. Die

konsequente Verfolgung und strikte Vorgangsweise gegen illegale LKW -

Transitfahrten wurde nicht nur von der EU - Kommission jüngst im

Ökopunkteausschuß gefordert worden, sondern auch im Sinne der Glaubwürdigkeit

Österreichs auf europäischer Ebene dringendst geboten.