2117/AB XXI.GP
Eingelangt am: 15. 05. 2001
BUNDESMINISTER
FÜR LAND UND FORSTWIRTSCHAFT,
UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde vom
15. März 2001, Nr. 2126/J, betreffend illegale Pflanzenschutzmittel auf Österreich‘s Feldern,
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Bevor ich auf die Beantwortung Ihrer Fragen näher eingehe, darf ich Folgendes ausführen:
Das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 findet seine verfassungsrechtliche Grundlage in den
Bestimmungen des Art. 10 Abs. 1 Z 2 des Bundes -Verfassungsgesetzes (Waren und Vieh -
verkehr mit dem Ausland, Zollwesen), des Art. 10 Abs. 1 Z 4 (Bundesfinanzen, insbesondere
öffentliche Abgaben, die ausschließlich oder teilweise für den Bund einzuheben sind), des
Art. 10 Abs. 1 Z 12 (Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Pflanzenschutzmitteln ein -
schließlich der Zulassung) sowie in den Bestimmungen des Art 11 Abs. 2 B - VG (Erlassung
von Regelungen, die von den einheitlichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrens, den
allgemeine Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes und der Verwaltungsvollstreckung
abweichen, wenn dies zur Regelung des Gegenstandes erforderlich ist).
Gemäß Art 12 Abs.1 Z 4 B - VG ist Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze,
Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung in Angelegen -
heiten des Schutzes
der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge.
Gemäß § 3 Z 5 Pflanzenschutzgrundsatzgesetz, BGBl I Nr. 140/1999, hat die Landesge -
setzgebung die Überwachung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vorzusehen.
Die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von
Pflanzenschutzmitteln (im Folgenden als Richtlinie 91/414/EWG bezeichnet) trägt den Mit -
gliedstaaten auf, das Inverkehrbringen und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu
regeln, wobei sie unter Inverkehrbringen jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe, aus -
genommen die Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Ge -
meinschaft, versteht (Art. 2 Z 10 der Richtlinie 91/414/EWG).
Durch das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 i.d.F. BGBl I Nr. 39/2000
(PMG), wurde die Richtlinie 91/414/EWG hinsichtlich Regelung der Zulassung, des Inver -
kehrbringens sowie der Kontrolle des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln bundes -
gesetzlich umgesetzt. Die Regelungen über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und
damit die Umsetzung der diesbezüglichen Bestimmungen der Richtlinie 91/414/EWG sind
vom Landesgesetzgeber zu treffen.
Die Bestimmungen des § 2 Abs. 10 PMG definieren unter “Inverkehrbringen" das Vorrätig -
halten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen an andere
- insbesondere auch die Abgabe in Genossenschaften, Vereinen oder sonstigen Vereini -
gungen an deren Mitglieder - sowie die Einfuhr aus Drittländern.
Nicht vom Inverkehrbringen erfasst ist das Verbringen von Pflanzenschutzmitteln von einem
Mitgliedstaat in einen anderen, solange noch keine Abgabe an Dritte erfolgt. Ausgenommen
ist weiters die nachweisliche Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Ge -
biet der Gemeinschaft (siehe Erläuterungen zum Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, 563 der
Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX. GP).
Zur Beantwortung Ihrer Fragen im Einzelnen:
Zu den Fragen 1 und 3:
Es ist allgemein bekannt, dass auch Firmen mit Sitz in Luxemburg österreichischen Land -
wirten
Pflanzenschutzmittel anbieten und ab Luxemburg vermarkten. Die
Inverkehrbringung
findet in Luxemburg statt. Soweit die Landwirte, die in Luxemburg gekauften Pflanzen -
schutzmittel nach Österreich verbringen und am eigenen Hof anwenden, findet kein Inver -
verkehrbringen in Österreich statt, sondern eine Anwendung des Pflanzenschutzmittels. Die
Regelung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bzw. die Kontrolle der Anwendung
liegt, wie bereits eingangs ausgeführt, im Kompetenzbereich der Länder. Der Amtlichen
Pflanzenschutzmittelkontrolle des Bundesamtes und Forschungszentrums für Landwirtschaft
obliegt nur die Überwachung der Einhaltungen der Bestimmungen des Pflanzenschutzmittel -
gesetzes 1997.
Eine dem Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
übermittelte Aussendung einer Produktliste von Pflanzenschutzmitteln für eine Bestellaktion
einer luxemburgischen Firma wurde durch das Bundesamt und Forschungszentrum für
Landwirtschaft - soweit dies aufgrund der Angaben überhaupt möglich war - geprüft. Bei der
Überprüfung der laut Preisliste angebotenen Pflanzenschutzmittel hinsichtlich der Art der
enthaltenen Wirkstoffe ergaben sich jedoch keine Hinweise auf Wirkstoffe, die in Österreich
in zugelassenen Pflanzenschutzmitteln nicht enthalten sind.
Darüber hinaus wurden die für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und deren Kon -
trolle zuständigen Ämter der Landesregierungen umgehend in Kenntnis gesetzt und drin -
gend ersucht, ihren Verpflichtungen hinsichtlich der Kontrolle der Anwendung von Pflanzen -
schutzmitteln verstärktes Augenmerk zu schenken. Auch die landwirtschaftlichen Interessen -
vertretungen und die AMA wurden hievon in Kenntnis gesetzt.
Zu Frage 2:
Die Ausgaben der Landwirte für Pflanzenschutzmittel unterlagen in den letzten Jahren nur
geringfügigen Schwankungen. Nach Berechnungen des WIFO beliefen sie sich im Jahr 1999
auf ca. 1,1 Mrd. S. Die in Österreich abgesetzte Pflanzenschutzmittelmenge betrug 1999
nach Angaben der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) rund 6.540 t (= Wirkstoffmenge x
2,21). Für das Jahr 2000 liegen dem Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Um -
welt und Wasserwirtschaft noch keine Zahlen vor.
Die Mengenstatistik 1999 für chemische Pflanzenschutzmittelwirkstoffe weist eine in Verkehr
gebrachte Menge von
3.418 t aus, das sind gegenüber 1998 um 75,5 t weniger. Dazu ist
anzumerken, dass in den letzten zwei bis drei Jahren vor allem wegen unterschiedlicher
Mehrwertsteuersätze für Pflanzenschutzmittel in den einzelnen EU - Mitgliedstaaten - von den
österreichischen Landwirten eine nicht erfassbare Menge an Pflanzenschutzmitteln direkt in
anderen EU - Mitgliedstaaten eingekauft wurde. Da diese Vorgangsweise, wie bereits er -
wähnt, kein Inverkehrbringen im Sinne des PMG darstellt, sind diese Mengen in der gegen -
ständlichen Wirkstoffstatistik nicht enthalten.
Nach Auskunft der WKÖ (Fachverband der chemischen Industrie), wird der derzeitige Markt
an Pflanzenschutzmitteln, die in Eigenverantwortung durch den österreichischen Landwirt
aus anderen Mitgliedstaaten nach Österreich verbracht werden, mit einem Wert von ca. 138
bis 140 Mio. S geschätzt.
Zu den Fragen 4 und 5:
Die amtliche Kontrolle der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln liegt, wie bereits ausge -
führt, im Kompetenzbereich der Länder. Im Zuge der Meldepflicht gemäß Art. 17 der Richtli -
nie 91/414/EWG werden die Berichte der Länder seitens des Bundesministeriums für Land -
und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zusammengefasst und der EU -
Kommission sowie den anderen Mitgliedstaaten weitergeleitet. Der diesbezügliche Bericht
für das Jahr 1999 ist dieser Anfragebeantwortung angeschlossen (Beilage 1). Für das Jahr
2000 liegen dem Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt -
schaft noch keine Länderberichte vor.
Zu Frage 6:
Die Kontrolle auf Rückstände bei Lebensmitteln pflanzlichen Ursprunges obliegt dem Bun -
desminister für soziale Sicherheit und Generationen aufgrund der Bestimmungen des Le -
bensmittelgesetzes 1975 bzw. der Schädlingsbekämpfungsmittel - Höchstwerteverordnung.
Ich darf daher auf die Beantwortung der an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen gerichtete diesbezügliche schriftliche parlamentarische Anfrage hinwei -
sen.
Ein Kontrollbesuch der EU - Kommission (Lebensmittel - und Veterinäramt) im Hinblick auf die
amtliche Kontrolle
des Inverkehrbringens, der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie
im Hinblick auf die Kontrolle von Schädlingsbekämpfungsmittelrückständen in Lebensmitteln
pflanzlichen Ursprungs wurde vom 24. bis 26. August 1998 in Österreich durchgeführt. Der
Bericht ist auf der Homepage der EU - Kommission abrufbar (Internet - Adresse:
http://europa.eu.int/comm/food/fs/inspection/fnaoi/reports/pesticides/austria/fnaoi_re_oste_
1446 - 1998_en.pdf). Eine Kopie dieses Berichtes ist dieser Anfragebeantwortung als Anlage
angeschlossen (Beilage 2).
Zu Frage 7:
Chemikalien, wie z.B. Pflanzenschutzmittel können von Landwirten und von gewerblichen
Betrieben unter den gleichen rechtlichen Bedingungen erworben werden.
Für den Erwerb von bestimmten Chemikalien und Pflanzenschutzmitteln gibt es besondere
Regelungen in den §§ 41 und 42 des Chemikaliengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 53/1997, und in
der Giftverordnung 2000, BGBl. II Nr. 24/2001. Grundsätzlich ist für den Erwerb von sehr
giftigen oder giftigen Chemikalien eine Giftbezugsbewilligung erforderlich, wobei § 41 jedoch
bestimmte Verwendergruppen von diesem Erfordernis ausnimmt. Ausgenommene gewerbli -
che Betriebe sind die zum Handel mit Giften befugten Gewerbetreibenden, die bewilligungs -
pflichtigen chemischen Laboratorien und die zur Ausübung des Handwerks der Schädlings -
bekämpfer befugten Gewerbetreibenden. Diese Ausnahmen sind dadurch gerechtfertigt,
dass in den Ausbildungsregelungen für diese Gewerbe die Vermittlung der für den sicheren
und sachgerechten Umgang mit Giften erforderlichen Kenntnisse vorgesehen ist. Für Land -
wirte besteht eine solche Ausnahme nicht. Landwirte benötigen beim Erwerb von sehr gifti -
gen oder giftigen Chemikalien eine Giftbezugsbewilligung.
Für den Nachweis der Sachkunde als Voraussetzung für die Giftbezugsbewilligung sehen
die Bestimmungen des § 42 Abs. 5 des Chemikaliengesetzes 1996 und der Giftverordnung
2000 für “Gifte in der Landwirtschaft” - darunter sind sehr giftige und giftige Pflanzenschutz -
mittel zu verstehen - speziellere Regelungen vor. Diese spezielleren Regelungen sind da -
durch gerechtfertigt, dass erstens Pflanzenschutzmittel einem Zulassungsverfahren unterlie -
gen und zweitens Pflanzenschutzmittel bestimmungsgemäß in die Umwelt ausgebracht wer -
den und somit neben den Aspekten des Gesundheitsschutzes auch solche des Umwelt -
schutzes zu
berücksichtigen sind.
Zu den Fragen 8 und 9:
Die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen basieren auf der bundesstaatlichen
Kompetenzverteilung unter Miteinbeziehung der einschlägigen Rechtsvorschriften der EU.
Mit dem Gesetzesentwurf für ein "Bundesgesetz, mit dem die Agentur für Ernährungssicher -
heit - Österreich eingerichtet wird”, der sich zur Zeit in Begutachtung befindet, soll eine wirk -
samere und effizientere Kontrolle der Ernährungssicherheit unter Wahrung des Schutzes der
Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen errichtet werden. Damit werden alle bezug -
habenden Aufgaben, welche im Kompetenzbereich des Bundes liegen, gebündelt. So kann
auch den Konsumentenwünschen in bezug auf steigende Sicherheits - und Kontrollstandards
optimal Rechnung getragen werden.
Zu Frage 9:
Das PMG sieht gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 lit. a bis c Strafbestimmungen bezüglich der Inver -
kehrbringung vor. Die Festsetzung des Strafausmaßes hinsichtlich einer unzulässigen An -
wendung von Pflanzenschutzmitteln fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder.
Beilage konnte nicht gescannt werden!!!